Die neue Doppelspitze von Concardis, einem der führenden Kartenzahlungsdienstleister in Deutschland, erstmals im Interview über Interchange-Gebühren, mPayment und die Pläne im ePayment.

Die Kartenakzeptanz wird für Händler künftig günstiger.
Die Kartenakzeptanz wird für Händler künftig günstiger.
Herr Mosen, Sie sind im November 2013 in die Geschäftsführung von Concardis eingetreten. Zuvor waren Sie bei Easycash und Ogone in verantwortlichen Positionen - beide Unternehmen wurden an den Terminalhersteller Ingenico verkauft. Plant die deutsche Kreditwirtschaft Concardis zu verkaufen?


Mosen:
Nein, um allen Gerüchten klar zu widersprechen: Es gibt keine Intention, Concardis zu verkaufen. Im Gegenteil: Wir wollen weiter wachsen zum Beispiel in den strategischen Bereichen Debitkarten-Akzeptanz und ePayment. Dabei befassen wir uns eher mit dem Gedanken unser Wachstum auch durch Zukäufe voranzutreiben als mit Verkaufsabsichten.

Kann man mit Dienstleistungen rund um Kartenzahlungen angesichts der von der EU-Kommission geplanten Regulierung der Interchange-Gebühren denn künftig überhaupt noch Geld verdienen?

Sureth:
Wir hatten bisher ein erfolgreiches Geschäftsmodell und werden dies in Richtung Debitkarten-Akzeptanzverträge und technischer Netzbetrieb weiter ausbauen. Immer mehr Handelsunternehmen wenden sich den internationalen Debitverfahren von Mastercard (Maestro) und Visa (V-Pay) zu. Hier sehen wir noch viel Potenzial. Die Positionierung als reiner Kreditkarten-Acquirer ist für Concardis obsolet.

Es ist von "rund 700 Händlern" die Rede, die dem Beispiel von Primark, Abercrombie & Fitch und anderen folgen, indem sie Kartenzahlungen mit der Girocard (früher: EC-Karte) nicht über die Systeme der deutschen Kreditwirtschaft, sondern über die internationalen Debitverfahren Maestro und V-Pay abwickeln. Stimmt die Zahl?

Sureth:
Ich halte die Zahl für realistisch. Unterm Strich sind diese Verfahren für international tätige Händler wegen des geringeren Aufwands bei Administration und Infrastruktur oftmals günstiger. Wenn die Regulierung der Kartengebühren wie von der EU-Kommission vorgeschlagen kommt, werden auch die Transaktionsgebühren von Maestro und V-Pay noch attraktiver.

Foto: Klaus Ohlenschläger
Foto: Klaus Ohlenschläger
Was spart ein Handelsunternehmen, wenn der Vorschlag der EU-Kommission zu den Interchange-Gebühren wirksam wird?


Sureth:
Kartenzahlungen werden für Händler dann deutlich günstiger - rund ein Prozentpunkt von den bisherigen Kreditkartengebühren. Für einen Händler mit 20.000 Euro Kartenumsatz im Jahr geht es um rund 200 Euro Ersparnis, bei 2 Millionen Euro Kartenumsatz sind es 20.000 Euro. Das durchschnittliche Disagio in Deutschland würde von 1,2 Prozent vom Umsatz auf 0,3 Prozent sinken.

Und wann rechnen Sie mit dem Inkrafttreten der Interchange-Verordnung?

Mosen:
Das EU-Parlament muss der Verordnung zustimmen. Zwei Termine stehen dazu derzeit in Rede, der 1. Juli 2014 oder der 1. Januar 2015. Wir stellen uns auf den Termin in 2015 ein und rechnen nach dem bisherigen Stand der Diskussionen im Parlament damit, dass die neuen Gebührensätze - im Gegensatz zu den ursprünglichen Plänen - unmittelbar für nationale und internationale Kartentransaktion in Europa gelten werden - mit Ausnahme von Corporate Cards und Karten aus Nicht-EU-Staaten.

Wird sich damit auch die Kreditkartenakzeptanz im Handel erhöhen?

Sureth:
Wir gehen davon aus, weiße Flecken in der Akzeptanzlandschaft - etwa bei den Discountern, im Möbel- und im UE-Handel - schließen zu können. Im Lebensmittelhandel werden die Kunden aber nach wie vor eher zur Debit- als zur Kreditkarte greifen, einfach weil sie die Übersicht über ihre täglichen Ausgaben behalten wollen.

Ist die kontaktlose Kartenzahlung per Near-Field-Communication-Technologie (NFC) noch ein Zukunftsthema oder wird sie durch neue Lösungen wie iBeacon oder mobile Payment überholt?

Mosen:
Das Ärgerlichste am Einkaufen ist das Schlange stehen an der Kasse. Alles, was den Zahlprozess vereinfacht und beschleunigt ist daher im Handel und bei den Kunden willkommen, ob es NFC-Technik oder iBeacon per "Bluetooth Low Energie"-Übertragung ist. Die Ausstattung mit NFC-Karten und -Terminals wird sich in den nächsten Monaten deutlich verbessern. Da das kontaktlose Zahlen aber vor allem bei Kleinbeträgen Sinn ergibt, ist es eigentlich eher ein Thema für Debit- als für Kreditkarten. Hier sind die Kartenherausgeber aufgerufen, attraktive Lösungen in den Markt zu bringen.

Foto: Klaus Ohlenschläger
Foto: Klaus Ohlenschläger
Und im Bereich mobile Payment...


Mosen:
...reden wir mit allen relevanten Player. Wir sind Lösungsanbieter und stehen für Partnerschaften zur Verfügung. Es wird von Concardis keine weitere Wallet geben. Wir arbeiten allerdings an einer mPOS-Lösung für die Kartenakzeptanz mit mobilen Geräten wie Tablets und Smartphones. Unser Vorteil dabei ist, dass wir kein Start-up-Unternehmen sind, sondern über eine breite Kundenbasis im Handel verfügen.

Neben den Kartenzahlungen ist Concardis auch als Dienstleister für die Zahlungsabwicklung im Internet tätig. Wie hoch ist Marktanteil im ePayment in Deutschland?  

Sureth:
Das lässt sich schwer sagen, da es darauf ankommt, wie man diesen Markt abgrenzt. Aussagekräftiger als eine Prozentzahl ist die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der deutschen Top20-Onlinehändler ihren Zahlungsverkehr über uns abwickeln.

Auch in diesem Bereich wollen Sie wachsen. Was ist konkret geplant?

Mosen:
Wir bieten im ePayment bereits alle gängigen Zahlungsverfahren und wollen unsere Kompetenzen nun im Hinblick auf neue Paymentmethoden, Betrugsbekämpfung und Risikomanagement ausbauen und hier künftig auch neue Funktionalitäten anbieten. Der ePayment-Markt macht aber nicht an nationalen Grenzen halt, deshalb schauen wir verstärkt auf ausländische Opportunitäten im E-Commerce.

Interview: Hanno Bender


Zum Unternehmen
Concardis ist einer der führenden Dienstleister für bargeldlosen Zahlungsverkehr und ein Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Banken und Sparkassen. Rund 230.000 Unternehmen in Handel, Gastronomie, Hotellerie und Dienstleistung wickeln Kreditkartenzahlungen in einem Volumen von rund 26,6 Milliarden Euro über das Unternehmen mit Sitz in Eschborn ab. Darüber hinaus managt Concardis das ePayment für gut 8.000 Onlinehändler.

Zu den Personen
Rainer Sureth ist seit 2003 Mitglied der Geschäftsführung der Concardis GmbH und für die Bereiche Marketing und Vertrieb verantwortlich, seit dem 1. Januar 2014 ist er Vorsitzender der Geschäftsführung. Marcus W. Mosen ist seit November 2013 Chief Operating Officer bei Concardis und blickt auf berufliche Stationen bei der GZS, First Data, easycash und dem Payment Service Provider Ogone zurück.