Ob Karstadt, Kaufhof oder Hertie - viele Städte mussten in den vergangenen Jahren die Schließung eines Kaufhauses verkraften. Die einstigen Kundenmagneten hinterlassen Lücken, die nur schwer zu füllen sind.
Am Pfingstsamstag hatte das Warenhausunternehmen Galeria Kaufhof per Pressemitteilung das Aus für seine Niederlassungen in Köln-Kalk, Gießen, Oberhausen Marktstraße und Nürnberg Aufseßplatz verkündet: "Den vier Filialen fehlt langfristig das Potenzial, profitabel zu sein", ließ sich der langjährige Kaufhof-Chef Lovro Mandac in der kurzen Mitteilung zitieren.
Bereits 2009 hatte Kaufhof die Aufgabe der Standorte in Krefeld am Ostwall, Mülheim an der Ruhr, Ludwigshafen und Leipzig-Pausdorf bekanntgegeben. Damals lautete die Begründung nahezu wortgleich.
Anziehungskraft verloren
Bei aller Unterschiedlichkeit der betroffenen Standorte gleichen sich die Probleme. Einkaufszentren im Einzugsgebiet saugen die Kaufkraft ab oder das Stadtviertel, in dem sich das Warenhaus befand, verlor als Einkaufslage an Bedeutung - ein Warenhaus strahlt aus eigener Kraft offenbar nicht mehr genügend Anziehungskraft aus.Die Schließungen in Oberhausen und Gießen kommen dennoch überraschend. Das hessische Städtchen hat in den vergangenen Jahren einige Anstrengungen unternommen, um sich als attraktive Einkaufsstadt zu positionieren.
Die Business Improvement Districts (BID) der Gießener Einzelhändler und Immobilienbesitzer erhielten bundesweit Beachtung. "Das ist ein GAU für die Innenstadt", kommentierte Thomas Rausch die Nachricht.
Unter der Ägide des Stadtbaurats wurden zahlreiche Investitionen in der nördlichen Innenstadt angeschoben, um eine Verbindung mit dem südlichen Ende der City zu schaffen. Der drohende Leerstand könnte diese Bemühungen nun zerschlagen.
Sechs Schließungen in drei Jahren
Der Geschäftsführer des Kaufhofs in der Fußgängerzone von Oberhausen verbreitete noch im Frühjahr 2011 Optimismus: "Wir sind auf einem guten Weg. Ich kann mit dem CentrO leben, das ist kein Nahversorger wie wir", wurde Michael Stauber in der Lokalpresse zitiert.Damals machten erste Schließungsgerüchte die Runde. In den vergangenen Jahren war mehrfach in den Standort investiert worden. Azubi-Modellprojekte und eine Auszeichnung für "generationenfreundliches Einkaufen" sorgten für positive Nachrichten. Doch der politische Willen, den Standort zu erhalten, um das Einkaufszentrum CentrO nicht als Todesstoß für die Oberhausener City erscheinen zu lassen, reichte offenbar nicht aus.
"Das CentrO war nicht die Ursache für die Schwierigkeiten des Hauses in der Marktstraße. Die Menschen kaufen heute einfach anders ein", sagt Guido Zakrzewski, Handelsexperte von der IHK für Essen, Mülheim und Oberhausen. "Ein Kaufhaus spielt als Kundenmagnet heute nicht mehr so die Rolle, wie das früher der Fall war."
In der gesamten Region schlossen in den vergangenen drei Jahren sechs Kaufhäuser: Der Kaufhof in Mülheim an der Ruhr und die Hertie-Häuser in Gladbeck, Herne und drei Essener Stadtteilen.
In Mülheim steht der Kaufhof seit gut einem Jahr leer und bereitet Kommune und Händlern vor Ort zunehmend Sorgen: "Seit der Schließung fehlt der Schloßstraße der Kundenmagnet im Westen. Der Kundenstrom bricht ab", klagt etwa Ulrich Hammann vom Fotogeschäft Beck im Gespräch mit Der Handel.
"Wer Nähgarn sucht, wird es in der Innenstadt schwierig haben, obwohl es immerhin noch gut 300 Fachgeschäfte in der City gibt. Die Schließung droht vielen Händlern das Genick zu brechen", warnt Hammann. Bis das Städtebauprojekt "Ruhrbania" realisiert sei, das der Mühlheimer Innenstadt neue Attraktivität verleihen soll, geht nach Ansicht des Händlers zu viel Zeit ins Land.
Halb so viele Kaufhäuser wie noch 1994

"Betroffen von den Warenhausschließungen sind Kommunen aller Größenordnungen", schildert Nina Hangebruch die Ergebnisse ihrer Studien. "Bis Ende 2008 wurden viele Doppelstandorte in größeren Städten aufgegeben, seit 2009 trifft es überwiegend Mittelstädte und Stadtteilviertel in Großstädten", so die Beobachtung der Forscherin von der HafenCity Universität Hamburg.
"Im gleichen Zeitraum von 1994 bis heute wurden rund 250 Shoppingcenter eröffnet", referierte Hangebruch auf dem Fachforum "Warenhäuser in Deutschland", zu dem das Deutsche Seminar für Städtebau und Wirtschaft (DSSW) Bürgermeister, Stadtplaner und Projektentwickler geladen hatte.
Die Ohnmacht der Städte
Bei dem Forum Anfang Juni 2011 in Limburg wurde vor allem die Ohnmacht der Kommunen deutlich, die von Schließungen betroffen sind. "Warenhäuser sind systemrelevante Unternehmen für die Innenstadt", betonte Norbert Portz, Beigeordneter im Städte- und Gemeindebund (DStGB). Doch Patentrezepte gibt es angesichts der Individualität der Problemlagen nicht.Ein Lichtblick immerhin: Für fast alle der bis 2008 geschlossenen Häuser hat sich eine Nachnutzung gefunden, wusste Nina Hangebruch zu berichten. Bei den 2009 geschlossenen Häusern sind es immerhin noch 40 Prozent, für die es ein Leben nach dem Warenhaustod gibt.
Hanno Bender
Dieser Artikel ist in der Juli-Ausgabe von Der Handel erschienen. Zum kostenfreien Probeexemplar geht es hier.