Blicken Sie bei Amazon und seinen Werbemöglichkeiten noch durch? Bei den Kennzahlen? Kein Panik! Wie man sich durchschlagen kann, sagt uns Christian Otto Kelm, einer der versiertesten Experten für alle Tiefen und Untiefen von Amazon. Im neuen Format "Kelms Kanzel" skizziert er für etailment in regelmäßigen Abständen seine Sicht der digitalen Welt und der Plattformen.
Schaut man in das Blitzlichtgewitter an, welches Amazon mittlerweile mit täglichen Nachrichten und Änderungen abfeuert, ergibt sich ein ganz einfaches Problem – Welcher Blitz hat jetzt genau welchen Donner erzeugt und was war der heftigste und welcher der lauteste Einschlag?
Was man nicht messen kann, kann man nicht steuern!
Zuletzt endeten wir mit der Tatsache, dass Amazon weder messbar noch steuerbar ist! Ein komplexes Geflecht korrelativer und meist nicht kausaler Erscheinungen, bringt einen jeden Händler und Hersteller um den Verstand.Amazon macht aus einem Werbeblog für Sponsored Brands (ehemals Headline Search Ads) einfach sechs Werbeplätze.
- Amazon legt alle Werbeformate unter ein Konstrukt namens Amazon Advertising zusammen.
- Amazon definiert mal wieder die Attributionsregeln für den Umsatz durch Werbekampagnen neu.
- Oder plötzlich sind es nur noch 249 Bytes inkl. Satzzeichen für Suchbegriffe.
- Dank SellerLogic und Lost and Found weiß man mittlerweile, dass Amazon nicht einmal Fehlvereinnahmungen korrekt abrechnen kann und somit Händlern wie Herstellern sehr hohe Summen vorenthält.
Besonders gut gefallen mir Werbetreibende, die erkannt haben, dass Amazon nicht anders ist als alle anderen Werbeformen. Das Geld geht rein, wird abgeschrieben und erfüllt seinen Zweck für die Brand oder die Produkte. Wer hierbei Messbarkeiten einfordern will kann gerne versuchen kausal festzustellen, ob der Artikel in der Zeitung oder im Radio nun verantwortlich war für die Verkäufe im Laden in der Hauptstraße …"Controlling als Bereitstellung von Informationen zur Basis einer Entscheidungsfindung ist damit unmöglich."
Kennzahlen und Amazon?
Wenigstens können Kunden auf Amazon direkt und sofort Produkte eurer Marke kaufen, das muss reichen, um besser zu sein als Facebook, Google, Print oder TV. Zumal man früher kaum die kausalen Zusammenhänge messen konnte, also warum sollte man jetzt den Anspruch erheben!Kennzahlen und Amazon? Absprungrate, Verweildauer, Suchvolumen, Kaufkraft unter Keywords; wenn alles fehlt - kann man auch Traffic und Absatz und Umsatz nicht ausreichend bewerten. Videos werden als die Rettung und der GameChanger gesehen, doch wenn man nicht weiß, wie oft diese geöffnet werden und wie lange angesehen werden ist es nichts wert. Auch eine ominöse Amazon Attribution Beta ändert nix daran. (Übrigens von allen Agenturen hoch gelobt, obwohl keine einzige damit gearbeitet hat). Tools wie das neue SHIELD von AMALYZE geben sich mehr Mühe und können mittlerweile immerhin deutlich tiefer in die Materie vordringen, doch Kausalitäten sind immer noch das Grundproblem.
Nutzung der Standardvorgaben
In Ruhe betrachtet gibt es nur eine Möglichkeit, ignorieren wir einfach mal das Blitzgewitter von Amazon, bauen unseren eigenen Blitzableiter und erzeugen unsere eigenen Blitze. Kennzahlen für die eigenen Marktplatzstrategien sind aufzubauen und nicht die Nutzung der Standardvorgaben von Amazon.Heute ändert Amazon die Zeichen für Suchbegriffe auf 249 Bytes inklusive Satzzeichen. Wie lange benötigen Sie, um es festzustellen? Wie lange benötigen Sie von der Feststellung bis zur Ableitung einer Entscheidung? Und wie lange wird es dauern alles anzupassen und final einzuspielen? Wenn man im Schnitt nicht in weniger als 4 Wochen Änderungen umsetzen kann, würde ich nie Arbeit in tägliche oder wöchentliche Reports stecken. Daten sammeln ist in Ordnung, aber Reporten des Reportens wegen ist unsinnig."Daten sammeln ist in Ordnung, aber Reporten des Reportens wegen ist unsinnig."
Drei Denkansätze
Nur weil einen Tag oder eine Woche keine Umsätze ausgewiesen werden, heißt das nicht Amazon verkauft nicht weiter. Panik und fehlgeleitete Interventionen schaffen keine Hilfe, nur Mehrarbeit. Überleben in digitalen Zeiten bedeutet auch, sich auf alte Tugenden wie Ruhe und Besonnenheit zurück zu besinnen.
Während alle im Wahn der Daten versinken und laut Digitalisierung schreien, arbeiten Sie an ihrer strategischen Markenführung auf Marktplätzen. Und das in Ruhe anhand eigener Kennzahlen und bewerten Ihren Erfolg nicht anhand der Anderen, sondern daran ob Sie Ihre Ziele erreichen, ohne daran zu zerbrechen, weil Sie sich nach dem Markt verbiegen.
Nach dem letzten Newsletter von Amazon sollte eh jeder wissen wie es um Händler und Hersteller bei Amazon steht:
Die Macht des leeren Stuhls
Halten wir hier kurz fest: Anekdoten sind kurze, meist witzige Geschichte, die bestimmte Geschehnisse treffend charakterisiert. Als anekdotisch wird auch ein Kenntnisstand bezeichnet, der von zufällig erworbenen einzelnen Fakten geprägt ist. Systematisches Wissen oder tiefere Zusammenhänge fehlen.Um sicher zu stellen, dass wir bei Amazon den Kundenfokus in unseren internen Diskussion nicht verlieren, lassen wir bei Amazon traditionell einen Stuhl im Raum leer – exemplarisch reserviert für einen Kunden. Ein dezenter Hinweis auf den Stuhl reicht, um den Fokus aller wieder auf das Essentielle auszurichten: den Kunden.
Bitte, was läuft da nicht richtig? Lustige Kurzprosa ohne Zusammenhänge? Wo sind die objektiv messbaren Daten für uns? Händler und Hersteller können kaum noch messen was auf Amazon passiert und Amazon misst Anekdoten?
Wenn man einen, und zwar den wichtigsten, Kunden ignoriert und zwar die Händler und Hersteller welche keinen Stuhl haben, ist das Ende absehbar! Sie liefern ja nur Waren und müssen Gebühren und Strafen zahlen und den Endkundenkontakt regeln – und stemmen über 50 Prozent des Umsatzes auf Amazon!"Selbst eBay, Otto und Real sind mittlerweile greifbarer als Amazon."
Nichts wichtiges also …
Ist Amazon also der neue Klassenfeind der Händler und Hersteller?
Nur weil wir alle aktuell noch dort kaufen, heißt das ja nichts …
Wo shoppen die Millennials? Cross-App-Shopping ohne Markentreue wird in mangelnder Marktplatztreue münden. Das wird auch ein Amazon lernen dürfen. Aus großer Macht folgt große Verantwortung und Amazon scheint dem nicht oder nicht mehr gewachsen zu sein!
Ich freue mich schon auf die großen Anekdoten der Geschichtsbücher: Es war einmal vor langer Zeit… da kaufte man bei Amazon… Infrastruktur können Sie immer noch und Ihre Lautsprecher sind überall. Aber als Marktplatz für andere sind Sie kläglich gescheitert und erbauten ein Monument der Werbeflächen - ohne Kunden die es sich ansehen!