Deutsche sind Billigheimer, stehen digitalen Services skeptisch gegenüber und wissen Beratung nicht zu schätzen: Alles Quatsch, zeigt die aktuelle PwC-Studie zum Kundenerlebnis. Stationäre Händler sollten also schleunigst in der Moderne ankommen.
Wenn sich stationäre Händler heute beim HDE auf dem Deutschen Handelskongress unter der Parole "Digitalisierung durchhalten" treffen, sollte man meinen, dass sie längst verstanden haben, dass sie beim Kunden nur mit dem vielfach beschworenen "Einkaufserlebnis", also Service, Kompetenz und Freundlichkeit, punkten können. Denkste: Drei Viertel der Konsumenten legen Wert auf freundliche, aufmerksame und präsente Verkäufer, aber sechs von zehn Kunden berichten, dass sie bei ihrem letzten Einkauf das Verkaufspersonal aktiv ansprechen mussten, um beraten zu werden. Und nur 38 Prozent der Verkäufer konnten während des Gesprächs Informationen zu einem bestimmten Produkt geben, hat die aktuelle repräsentative Befragung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC herausgefunden. Offensichtlich gibt es also eine große Kluft zwischen Selbstwahrnehmung und Kundenerfahrung.
"Gut geschultes und aufmerksames Personal ist ein wichtiges Element, um Kunden im stationären Handel ein positives Einkaufserlebnis zu bieten und ein entscheidender Faktor, um sich gegenüber dem Onlinehandel zu differenzieren", kommentiert Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland, die Ergebnisse. "Die Verbraucher erleben jedoch zu häufig ein durchwachsenes Serviceangebot. Händler sollten deshalb dringend in ihr Personal, dessen Qualifikation und Motivation investieren."

Deutsche mögen Roboter
Mancher mag Pepper&Co. noch belächeln, aber digitale Technologien wie Roboter sind demnach durchaus ein gutes Mittel, um die Verkäufer zu entlasten und zu unterstützen. Menschliche Berater können sie jedoch (noch) nicht ersetzen: Laut Studie zeigt zwar mehr als die Hälfte der Deutschen Interesse am Einsatz von Robotern im stationären Handel (55 Prozent). Jeder zweite Kunde aus der Altersgruppe über 40 würde einen solchen digitalen Helfer jedoch nicht nutzen.Effiziente Bezahlung erwünscht
Kunden schätzen demzufolge vor allem beim Check-out die Vorteile der Digitalisierung: 61 Prozent sehen in Selbstbedienungskassen, an denen sie Produkte selbst scannen und bezahlen, eine Verbesserung des Bezahlvorgangs. Bei den unter 40-Jährigen sind es sogar mehr als 70 Prozent.
"In keiner anderen Phase des Einkaufs setzen Konsumenten derart auf Automatisierung wie beim Bezahlen. Hier lohnen sich Investitionen in digitale Technologien."
Jugend das Maß aller Verkaufsdinge
Neue Maßstäbe im Einzelhandel setzt wenig überraschend die junge Generation: Digitale Services sind für Menschen unter 30 höchst relevant. 43 Prozent der Konsumenten aus dieser Altersgruppe wollen beispielsweise die Produktverfügbarkeit online einsehen können. Rund jeder Dritte möchte im Netz sehen, wie voll es im Laden ist oder Produkte online bestellen und im Anschluss persönlich abholen (Click & Collect).Individuelle Services
Doch zurück zu den Jüngeren: Für die unter 30-Jährigen spielen individuelle Services eine wesentliche Rolle, mit 44 Prozent erwartet fast jeder zweite, dass die Verkäufer sich für seine persönlichen Präferenzen interessieren. Jeder vierte Befragte wünscht sich persönliche Verkaufsberater sowie personalisierbare und individualisierbare Produkte."Menschen unter 30 stellen hohe Erwartungen an das Einkaufserlebnis. Sie sind die Treiber von Digitalisierung und Individualisierung. Gleichzeitig suchen sie Orientierung. Für digitales Marketing sind sie sehr empfänglich. Händler sollten sich darauf einstellen, dass diese Erwartungspioniere sehr schnell zum generationenübergreifenden Mainstream werden", argumentiert Wulff.
"Erwartungen der Menschen unter 30 werden sehr schnell zum generationenübergreifenden Mainstream."
Kunden akzeptieren Preisaufschläge
Unabhängig vom Alter beobachtet der PwC-Manager einen gewissen Bewusstseinswandel bei den deutschen Konsumenten, die gemeinhin ja eher als Billigheimer gelten: Sie sind zunehmend bereit, Preisaufschläge für guten Service und kompetente Beratung zu zahlen. Die Studie belegt, dass viele Konsumenten Preisaufschläge sogar für Basis-Services akzeptieren. Ein gutes Drittel (37 Prozent) würde einen Aufpreis von 13 Prozent für eine zuverlässige Lieferung in Kauf nehmen. Ein Viertel würde 11 Prozent mehr bezahlen, um eine Service-Hotline nutzen zu können, die schnelle Hilfe und kompetente Beratung bietet. Und ebenso viele wären bereit, 14 Prozent mehr auszugeben, damit ihre Reklamationen schnell abgewickelt werden.
After-Sales-Services erwünscht
Eine hohe Zahlungsbereitschaft zeigen die Kunden demnach auch für weitere After-Sales-Services: Rund 60 Prozent der Befragten würden für einen schnellen Aufbauservice 12 Prozent mehr zahlen. Knapp die Hälfte wäre bereit, einen Aufschlag von zehn Prozent für die Entsorgung von Altprodukten zu entrichten.