Imagepolitur für Lidl: Der Aufsichtsratschef Klaus Gehrig plädiert für einen Mindestlohn im Handel. Nun sagt der Handelsverband HDE, bis 2011 ein Mindesteinkommen für die gesamte Branche einführen zu wollen.
"Wir teilen Ihre Auffassung, dass im Einzelhandel unbedingt Mindestlöhne eingeführt werden müssen", hatte Gehrig, der auch Chef der Lidl-Muttergesellschaft Schwarz Unternehmenstreuhand ist, in einem Brief an den Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel gechrieben. Hickel hatte sich zuvor in einer Fernsehsendung kritisch über Lidl geäußert.
Metro gegen staatliche Mindestlöhne
In der Branche wird der Vorstoß generell gut aufgenommen. Ein Sprecher von Metro sagte in dem gleichen Zeitungsbericht: "Wir sind offen für eine tarifliche Festlegung, aber strikt gegen staatliche Mindestlöhne."Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE, Stefan Genth, sagte, dass der Verband gemeinsam mit der Gewerkschaft aktuell an einer neuen Tarifstruktur arbeite, zu der auch ein für alle verbindliches tarifliches Mindestentgelt gehören soll. Er erwarte, dass die Verhandlungen bis zum Frühjahr 2011 erfolgreich abgeschlossen werden. Auch er erteilte einem gesetzlichen Mindestlohn eine Absage, die "weder jetzt noch in Zukunft notwendig" sei.
Wie hoch soll der Mindestlohn sein?
Bei den Arbeitnehmern reagierte die für den Handel zuständige stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Margret Mönig-Raane allerdings zurückhaltend auf den Vorstoß. "Wenn Lidl die Ankündigung, sich für einen Branchenmindestlohn im Handel starkzumachen, ernst meint, ist das prinzipiell zu begrüßen", sagte Mönig-Raane der FTD. "Andererseits sind wir von einer solchen Regelung noch ein ganzes Stück weit entfernt." Zudem bliebe die zentrale Frage offen, wie hoch ein solcher Mindestlohn sein sollte.Eine konkrete Zahl wollten nach Informationen der FTD weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer zur Diskussion stellen. Bisher werden bei tarifgebundenen Discountern zwischen 7 und 8,70 Euro pro Stunde gezahlt. Der Lohn für einen ausgebildeten Verkäufer liegt bei 12 Euro. Der monatliche Bruttodurchschnittslohn für eine ausgebildete Vollzeitkraft beträgt laut Statistischem Bundesamt 2.400 Euro.
Imagepolitur
Sollte sich der Vorschlag eines Branchenmindestlohns durchsetzen, wäre der Handel einer der größten deutschen Wirtschaftszweige mit einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.Mit dem Mindestlohn-Vorstoß versuche der Discounter vor allem seinen ramponierten Ruf zu verbessern, mutmaßt die FTD. Unter anderem war bekannt geworden, dass Lidl im großen Stil Informationen über Krankheiten von Mitarbeitern gesammelt hatte. Des Weiteren hatte das Magazin Stern 2008 aufgedeckt, dass die Detektive des Discounters in Filialen Mitarbeiter ausspioniert hatten.