Je mehr Onlinehandel, desto mehr Lieferverkehr in den Städten. Die Menschen maulen über verstopfte Straßen und schlechte Luft. Kein Wunder, dass der Elektroantrieb viel Beifall findet. Aber generell haben die Zustelldienste noch Verbesserungsbedarf, zeigt eine PwC-Studie.

Ab 2018 wird ein weiterer Schritt in die Zukunft der Logistik unternommen, dann wird die Elektromobilität noch fortschrittlicher: DHL will den autonomen Betrieb ihrer Streetscooter genannten Stadtlieferwagen testen. Gesteuert werden die Autos über Künstliche Intelligenz, dem großen Thema bei der Digtialisierung von Handel und Logistik.

Schon jetzt schickt DHL über 10.000 Elektrolaster mit Fahrern über deutsche Straßen, bis Ende des Jahres sollen es gar 20.000 sein. Mit dem Bau eigener Elektroautos blamiert die Posttochter die deutsche Autoindustrie, weil diese nicht nachkommt mit der Herstellung der modernen Antriebstechnik.

Online bestellen, über den Lieferverkehr meckern

Dabei dürfte die Nachfrage nach emissionsarmen Lieferwagen rasant steigen, denn wenn der Onlinehandel immer mehr Marktanteile gewinnt, nimmt auch der Verkehr zu - und die Deutschen beginnen zu meckern. So ist er halt, der Konsument: Emsig im Internet einkaufen, aber sich dann beschweren, wenn in den Städten die Laster die Straßen versperren und die Luft verpesten.
Lieferroboter von Media-Markt: Auf sechs Rädern über den Asphalt
© Media-Markt
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"Vor allem wegen der unzähligen, kleinteiligen Paketlieferungen an Privathaushalte sind die Städte mit einer zunehmenden infrastrukturellen Belastung konfrontiert. Resultat sind immer mehr Staus, unpünktliche Lieferungen, Lärm und Schadstoffe, was wiederum den Bürgeransprüchen und umweltpolitischen Zielen widerspricht", sagt Dietmar Prümm, Leiter der Abteilung Transport & Logistik beim Beratungsunternehmen PwC Deutschland.

Die städtische Logistik ist der modernen Zeit nicht gewachsen

Prümm sagt, dass es an Lagerflächen mangelt, sowie Be- und Entlademöglichkeiten; strikte Zufahrtsregelungen und enge Zeitfenster für Fußgängerzonen ließen Logistikern kaum Raum und Zeit zum Warenaustausch und würden die Stadt als Standort weniger attraktiv für große Händler machen. "Die städtische Logistik ist diesen Herausforderungen aktuell oft nicht gewachsen und deshalb ineffizient." Heißt nichts anderes, dass Wachstum und Service des Onlinehandels bald an ihre Grenzen stoßen könnten, weil die Logistik nicht hinterherkommt. Doch der Verbraucher verzieht keine Schwächen, wie es in einer aktuellen PwC-Studie heißt. Dafür wurden 1.000 Konsumenten befragt, und immerhin ein Drittel ist mit der Pakzustellung unzufrieden: 20 Prozent bemängelten eine unpünktliche Lieferung, und 18 Prozent gaben an, beschädigte Sendungen erhalten zu haben.

Hohe Ansprüche, aber es darf nichts kosten

Die Verbraucher haben mittlerweile hohe Ansprüche. Sie legen Wert auf pünktliche, umweltfreundliche Lieferungen an die Privatadresse, in selbst bestimmten Zeitfenstern und mit ständiger Statusüberwachung (Tracking).

Gleichzeitig wollen 91 Prozent der Befragten die Paketzustellung zum Nulltarif, schreibt PwC. "Diese Ambivalenz setzt die Logistikdienstleister unter Druck. Mit den Konsumentenanforderungen steigen die Logistikkosten, gleichzeitig fehlt aber die Wertschätzung für ihre Dienstleistung. Hier sollte in der Bevölkerung ein Umdenken stattfinden", sagt Dietmar Prümm.

Lieber umweltfreundliche als schnelle Lieferung

Was in der Studie ebenfalls herauskam, dürfte wiederum DHL gefallen: 61 Prozent der Befragten präferieren Zustellung per Elektroautos oder Lastenfahrräder. Verblüffend dabei ist, dass den Kunden eine umweltschonende Lieferung wichtiger ist als eine besonders schnelle Lieferung, die für 59 Prozent der Onlinenutzer das Hauptkriterium ist.
Lastenfahrrad von DPD: Ohne Elektroantrieb, nur mit Muskelkraft
© DPD
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Und mit 90 Prozent Zustimmung ist der Wunsch nach Tracking hinter der kostenlosen Lieferung der zweitwichtigste Aspekt beim Onlineeinkauf.

Über 4,5 Milliarden Pakete in drei Jahren

Mit welchen Dimensionen Onlinehandel und Logistiker rechnen müssen, beschreibt Horst Manner-Rommberg, der als Berater und Analyst alle Facetten der Logistikbranche kennt. Noch 2015 wurden in Deutschland inklusive an Geschäftskunden 2,3 Milliarden Pakete zugestellt, bis zum Jahr 2025 wird sich das Volumen etwa verdoppeln, hat Manner-Romberg ermittelt.
Streetscooter von DHL: Das Paket kommt im Elektromobil
© DHL
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Für den Branchenkenner ist es schwer vorstellbar, dass Kunden künftig wegen schnöden Gebrauchsgegenständen wie einem Stromkabel ein Geschäft in der Innenstadt aufsuchen. Das wird im Netz bestellt. Und dann bestenfalls im Webshop eines lokalen Händlers, der das Teil fix per Fahrradkurier liefert. "Es wäre ökologischer Wahnsinn, einen Paketdienstleister dafür 100 Kilometer fahren zu lassen, wenn es so ein Produkt auch vor Ort gibt", sagte Manner-Romberg einmal zu Der Handel.

Neue Logistikzentren an den Stadträndern

Doch dafür müssen diese kleinen Läden in den Städten auch in der Lage sein, sich am Onlinehandel zu beteiligen. Die Versuche mit lokalen Plattformen in Wuppertal und Mönchengladbach beschreiben gut, wie schwer sich viele Händler vor Ort mit dem geheimnisvollen Internet immer noch tun. Wer aber den Anschluss ans Onlinezeitalter verliert, der entzieht sich die Daseinsberechtigung. Und deswegen wird das Netz des stationären Handels immer mehr ausgedünnt, der E-Commerce frisst seine stationäre Konkurrenz. "In den Innenstädten wird der Handel zurückgehen. Dafür werden am Rande der Städte neue Logistik- und Verteilzentren entstehen", prognostiziert der Saarbrücker Universitätsprofessor und Handelsexperte Joachim Zentes.

Möbelhäuser zu Logistikzentren?

Nach seiner Einschätzung werden die gewaltigen Ladenflächen für Produktbereiche wie Elektronikartikel und Möbel nach und nach kleiner werden. Er glaubt, dass daraus in Zukunft vielmehr Logistikzentren werden können, auch der verkehrsgünstigen Lage wegen. 


Denn die Zunkunft der Logistik heißt: Komfort. Es muss schnell und einfach gehen für den Kunden. "Same Day Delivery", Lieferung also, spielt dabei eine Rolle. Hermes, die Logistiktochter von Otto, beispielsweise ist davon überzeugt, dass die Menschen diesen Service wollen und beruft sich auf eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey, wonach bis zum Jahr 2020 im Paketmarkt der Anteil der taggleichen Lieferungen bei etwa 15 Prozent liegen wird. Vor zwei Jahren waren es gerade einmal 2 Prozent.

Hier kommt der Roboter

Auch der Bundesverband für Paket & Express Logistik (Biek) sieht große Chancen für Same Day Delivery und hier eine zusätzliche Zahlungsbereitschaft der Kunden für Zeitfensterzustellungen. Zudem hätten die Verbraucher keine Probleme mit einem Zustellroboter; Media-Markt beispeilsweise hatte so etwas vor einiger Zeit in Düssseldorf getestet."Autonom fliegende Paketdrohnen werden in urbanen Ballungsräumen hingegen keine nennenswerte Rolle spielen, allenfalls bei privilegierten Sendungen", schreibt Biek. Als sinnvolle Alternative zur konventionellen Adresszustellung würden von den B2C-Empfängern anbieteroffene, direkt an der Zustelladresse installierte Paketboxen angesehen.


Aber die müssen ja auch erst beliefert werden. Und spätestens hier kommt dann wieder die Elektrovariante ins Spiel. 

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