Sind lokale Online-Marktplätze tatsächlich eine Chance für den Handel, wieder mehr Kunden in die Innenstädte zu ziehen? Die abschließende Bewertung, ob des tatsächlichen Erfolgs steht sicherlich noch aus. Momentan schießen die Plattformen wie die berühmten Pilze aus dem Boden. Und ihre Betreiber veranstalten ein deutlich wahrnehmbares mediales Getöse. Also Grund genug für etailment einmal ein paar Plattformen unter die Lupe zu nehmen.
Die Landschaft der überregionalen Online-Marktplätze wird von den bekannten Branchenriesen beherrscht: eBay, Amazon, Rakuten, Hitmeister, Allyouneed, Yatego, Hood oder auch Dawanda.

Händler, die fest in ihrer Region verwurzelt sind, haben es auf den produkt- und preisgetriebenen Seiten schwer, mitzuhalten. Zwar verfügen diese über enorme Zugriffszahlen und besitzen eine entsprechende Bekanntheit bei den Kunden. Aber ausschließlich auf eBay zu verkaufen, löst nicht das Problem des Händlers um die Ecke. Über den reinen Versand holt er kaum Publikum in sein Ladengeschäft. Das wollen regionale Online-Marktplätze anders machen. Sie sprechen gezielt die Kunden einer geografischen Region an und bieten üblicherweise die Option, dass die Ware auch vor Ort beim Händler abgeholt werden kann. In Sachen Vorstellung und Präsentation bemühen sie sich, nicht den Verkauf in den Fokus zu stellen, sondern die Information: Wo finde ich das gewünschte Produkt oder eine Marke bei mir vor Ort? Ein lobenswerter Ansatz.
Mal sehen, was da dran ist. Gleich anhand von zwei Städten soll das Konzept in der Praxis ausprobiert werden. Ahrensburg, mein Wohn- und Arbeitsort, als Vertreter einer kleinen Stadt mit 30.000 Einwohnern und einem deutlich spürbaren Wandel in seiner Innenstadt. Und Münster, immerhin eine Universitätsstadt, mit über 300.000 Einwohnern. Warum gerade Münster? Die Stadt erscheint mir eine relevante Größe zu haben und zum anderen kenne ich den Ort durch verwandtschaftliche Verflechtungen.
Klar, dass das ambitionierte Projekt Online-City Wuppertal hier nicht punkten kann. Indes hat das Projekt als aufmerksamkeitsstarker Vorreiter mit Sicherheit enorme Abstrahlungseffekte auf das gesamte Thema gehabt. Und auch Pinnwand.io besitzt einen auf den ersten Blick vielversprechenden Ansatz, da hier lokale Dienstleister gesucht werden können. Allerdings ist das Unternehmen derzeit erst in Berlin tätig.
Locafox

Simply Local
Auf der Startseite von Simply Local, das mit Beteiligung von regionalen Verlagen (Weser-Kurier-Mediengruppe, Aschendorff Medien, Nordwest-Zeitung Verlagsgesellschaft, Rhein Main Digital) vorangetriebenen wird, darf der Kunde sich gleich auf verschiedenen Wegen seinem Produkt oder Händler nähern. Die Angebote sind über eine Suchfunktion und Kategorienzuordnung zugänglich. Nach der Eingabe des Standorts zeigt eine Karte dann gleich auch die Händler in der Region. Mir persönlich gefällt dieser von der Produktsuche unabhängige Ansatz der Händlersuche gut. Der auch zumindest für Münster ein erfreuliches Ergebnis zeigt. Direkt im Herzen der Stadt werden 41 Händler präsentiert. Das sieht für Ahrensburg mit zwei Treffern nicht so gut aus. Zumal Deichmann und Juwelier Christ weniger dem lokalen Handel zuzuordnen sind. Hinter Simply Local steht zudem die My-Xplace GmbH, eine Tochter des POS-Technologieentwicklers Xplace, an dem wiederum die Media-Saturn Holding die Mehrheit hält.
Buy Local

Kaufin
Eine schöne Seite - beschränkt sich derzeit allerdings nur auf wenige Städte im Ruhrgebiet. Das Essener Startup Kauf.in will Händler am digitalen Rand und die Kunden auch mit einem Bringdienst überzeugen.
Atalanda
Das gilt sinngemäß auch für die Site von Atalanda. Was mir dort gut gefällt, ist die hübsche Präsentation und ausführliche Darstellung der Händler. Aber bis Münster oder Ahrensburg zu einer Online-City werden, wird wohl noch Zeit vergehen.
Der E-Commerce-Experte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein meint in einem Interview mit der Wiwo. „Regionale Marktplätze schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden, sind aber häufig offensichtlich nur Potemkinsche Dörfer, die mit viel Naivität von Städten, Gemeinden und vielfach auch Regionalzeitungen initiiert werden.“ Diesen Eindruck hinterlassen auch die gerade vorgestellten Portale. Denn zu groß sind derzeit einfach noch die weißen Flecken auf der Landkarte.
In diesem Sinne streife ich die Winterjacke über und gehe nun mal ins Zentrum: Einkaufen.
Lokale Schaufenster der Verlage
Ein ähnliches Verlagsprojekt ist beispielsweise kauf-in-deiner-stadt.de (dahinter stehen die WVW-ORA-Anzeigenblätter). Das Marketing-Unternehmen topQ1 GmbH in Belm bei Osnabrück startet vor Ort das Lokal-Radar und für die Regionen Südbrandenburg und Dresden den Wochenkurier-Marktplatz sowie für die Regionen Eifel, Hunsrück/Nahe, Mosel, Ahr und Trier den Wochenspiegel-Marktplatz. Das Verlagshaus Südkurier bietet zudem einen lokalen Marktplatz für lokale Händler von Villingen-Schwenningen bis Markdorf. Weitere zehn Städte sollen folgen. Lieblingsladen.de nennt sich der lokale Marktplatz.