Onlinehandel und Luxusgüter - das sind noch fremde Welten. Der Handel mit teuren Uhren und Schmuck entdeckt allmählich das Internet, muss sich aber ranhalten. Denn es rückt eine neue Käuferschicht nach, die viel Geld hat und das nicht mehr nur in schnöseligen Läden in teuren Einkaufsstraßen ausgeben möchte.
Kann es aber und will dann mit der EC-Karte bezahlen. Doch bis zuletzt bleibt der Verkäufer bei seiner Verachtung, denn er umklammert das Kartenlesegerät, als müsse er es gegen eine Trickdiebin verteidigen.
Auch junge Leute können sich Luxus leisten
Es ist eine wahre Begebenheit, die auf der "Watches & Jewellery – Luxury Conference" im April in München auf der Bühne berichtet wird in einer Talkrunde, in der junge Konsumenten zu Wort kommen und dabei deutlich wird, dass die Luxusbranche auf die Zielgruppe der Millennials kaum vorbereitet ist. Dass auch junge Leute im Alter von 25 Jahren heute viel Geld ausgeben wollen für teure Uhren und Handtaschen, scheint in den Geschäftsmodellen noch nicht verankert.
Wenn das Faxgerät rattert
Frank-Michael Müller hat mit seinem Markforschungsunternehmen Responsio ermittelt, dass 30 Prozent der deutschen Juweliere noch nicht einmal eine eigene Website haben. "Es gibt Hersteller, die 10 Prozent der Bestellungen noch per Telefax erhalten", sagt er.Das Marktvolumen beträgt fast 60 Milliarden Euro
Denn im vergangenen Jahr betrug das weltweite Marktvolumen für die Luxusgüter Lederwaren und Schuhe, Bekleidung, Parfum, Kosmetik sowie Uhren und Schmuck rund 262 Milliarden Euro - das war ein Plus von 13 Milliarden Euro im Vergleich zu 2016, haben die Marktforscher von Statista errechnet. Prognostiziert wird, dass in diesem Jahr in Deutschland rund 59 Milliarden Euro mit Luxusgütern umgesetzt werden.Wie viel davon das Onlinegeschäft betrifft, ist unklar, sicher ist nur, dass es ein kleiner Anteil ist. Doch die Branche bewegt sich allmählich und versteht, dass Markengeschäfte, Mehrmarkengeschäfte sowie Online-Handel zur Zukunft gehören. "Alle drei vertragen sich", sagt etwa Jean Claude Biver, Leiter des Uhrengeschäfts beim Schweizer Luxusuhrenhersteller Hublot bei einer Diskussion im Schweizer Fernsehen. Die Branche sei nicht blind und müsse den Verkauf von Luxusuhren über digitale Handelsplätze offen diskutieren.
Z tickt anders als X
Biver wird wissen, dass die Branche sich nach den Kaufgewohnheiten ihrer Kunden richten muss, womit man wieder bei den Millennials angekommen ist. "Die Generation Z hat bereits andere Ansprüche als die Generation X", sagt Manfred Tautscher, Geschäftsführer Sinus Markt- und Sozialforschung. Wer nämlich zwischen 1995 und 2010 geboren worden ist, der richtet sein Einkaufsverhalten deutlich mehr am Internet aus als die Generation vor ihm.Und das gilt auch für Luxusgüter. Hier geht es um Kinder von reichen Eltern, die qua Sozialisation den Umgang mit teuren Markenprodukten gelernt haben und aus Gründen von Prestige oder sozialer Abgrenzung sich so etwas kaufen. Diese neue Kundengruppe verlangt entsprechende Einkaufsmöglichkeiten im Internet, die allerdings die gleichen Erlebnisse bieten müssen wie die stationären Läden. Marktforscher Tautscher fordert eine "luxuriöse Multichannel-Experience".
Nur gucken, nicht kaufen
Bisher ist die luxuriöse Onlinewelt heterogen. Es gibt Portale, wo man Uhren einkaufen kann, wie etwa Chronext und Chrono24. Juwelier Christ hat einen Onlineshop, wo es alles gibt, von Uhren bis Schmuck - aber eigentlich steht dieser Filialist nicht für das Luxussegment. Dafür steht eher Mytheresa als der Online-Universalanbieter für alles, was edel ist, von Bekleidung von Gucci bis Armreifen von Yves Saint Laurent.Anders als der "normale" Konsummarkt
Doch der Onlinekauf ist nicht möglich, wer Day-Date haben will, muss in ein Geschäft gehen. So sieht es auch bei der Edelmarke Bulgari aus. Auch hier ist die Website ein digitaler Katalog, der Kunde wird zu einem Geschäft geführt.
Pionier Blome hat sogar Internet-TV
Gut, Chronext etwa beweist das Gegenteil. Trotzdem hat das Portal eben auch eine Handvoll "Läden" im Angebot, gediegene Abholstationen für Kunden, die das haptische Programm nicht missen wollen. Und es gibt fortschrittliche stationäre Händler, wie das 70 Jahre alte Düsseldorfer Uhrenfachgeschäft Blome, das im Jahr 2013 als Pionier der Branche das Internet als Verkaufskanal entdeckt hat und heute auf der eigenen Website sogar einen eigenen TV-Kanal anbietet.Für Marktforscher Müller ist es trotzdem schwierig, das Besondere von Luxusgütern online abzubilden, so schön die Websites auch gebaut sind. "Luxus lebt von Begehrlichkeit", sagt er, und dafür brauche es eben in dieser Branche immer die schicken Läden, wo es glitzert, wo man gediegen bedient wird, wo es ein Glas Champagner gibt.
Luxus bei Amazon - wie sieht das denn aus?
Wer etwa jemals in der Münchner Filiale von Louis Vitton war, kann sich schwer vorstellen, dass diese prächtige Laden-Kulisse für die teuren Handtaschen und Accessoires adäquat im Internet abgebildet werden kann.Und was ist mit Amazon? Müller sagt, hier ziehe es Luxusmarken nicht hin, "denn Amazon ist ein Massenmarkt" der keine adäquate Präsentation teuerer Güter erlaube. Trotzdem bekommt man hier auf dem Marktplatz jede Menge Rolex-Uhren, etwa das Modell Datejust für fast 14.000 Euro - Versender ist der US-amerikanische Onlinehändler Chronostore mit Sitz in New York. Doch die schlichte Anmutung der Produktdarstellung ist in der Tat nicht adäquat mit dem sagenhaften Warenwert, Storytelling findet hier nicht statt.
Nicht das Image verramschen
Die Frage ist aber, wie hier der Verkauf trotzdem möglich ist, denn die Luxushersteller haben strenge Vorgaben für Händler bei der Präsentation der Ware, schließlich geht es um das Image, das nicht verramscht werden darf. Hier gibt es Parallelen zu den teuren Parfümmarken, die aus denselben Gründen ja den Verkauf ihrer Produkte auf Marktplätzen erschweren wollen.
Es geht darum, online ein perfektes Einkaufserlebnis abzubilden, dazu beispielsweise mit einem Call Center, in dem der Anrufer nicht minutenlang in der Warteschleife versauert. "Es geht nicht mehr nur um das Produkt", sagt Hoffmann, es gehe vielmehr um ein luxuriöses Vergnügen. Eben das, was die junge Frau auf der Münchner Maximilianstraße nicht hatte.