Mobile Geräte werden als Umsatz- und Traffic-Lieferanten im Handel immer wichtiger. So liegt der Anteil mobiler Geräte nicht selten bereits bei 40 oder 50 Prozent. Felix Kuehl, Head of Sales D-A-CH von ChannelAdvisor erklärt etailment, wie Händler auch mit geringem Budget das mobile Potenzial ausschöpfen.
Felix Kuehl: Eine App kann generell schon ein richtiger Weg sein. Wenn sie denn in eine vernünftige Strategie eingebettet ist. Und das ist nicht immer der Fall. Außerdem haben es App, die jetzt veröffentlicht werden schwer, die nötige Beachtung zu finden. Zugleich ist das auch ein sehr teurer Weg. Konzeption und Programmierung einer App benötigen viel Zeit. Und das Angebot muss dann auch permanent auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Das gilt im Grundsatz auch für die Entwicklung eines für Mobilgeräte optimierten Shops. Um den Erwartungen der Nutzer zu entsprechen, genügt es nicht, das bestehende Design einfach umzuwandeln. Es gibt aber preiswerte Alternativen.
Die wären?
Felix Kuehl: Eine Möglichkeit, relativ preiswert mobile Nutzer zu erreichen, besteht in der Teilnahme auf Marktplätzen. Amazon und Ebay haben viel Geld sowohl in ihre mobilen Seiten als auch eigene Apps gesteckt. Händler, die ihre Produkte dort anbieten, sind damit ganz automatisch auch mobil erreichbar. Die Marktplätze haben bereits einen mobilen Kundenstamm und ihre Apps und Seiten funktionieren. Abgesehen von dem zusätzlichen Nutzen, hier eine erhöhte Sichtbarkeit für das eigene Angebot zu bekommen.
"Marktplätze sind eine preiswerte Möglichkeit, um sein Geschäft rasch auch mobilen Kunden zu präsentieren."
Das leuchtet ein, aber dann läuft der Verkauf ja außerhalb des eigenen Shops oder der eigenen Site ab. Gibt es "Quick Wins", um Homepage und Shop mobilfreundlicher zu machen?
Felix Kuehl: Die gibt es tatsächlich. Sie kosten zwar auch Arbeit und verursachen damit Kosten, sprengen aber nicht gleich das Budget wie die Entwicklung einer App oder der Relaunch einer Site. Aus meiner Sicht gibt es acht Punkte, wo der Händler ansetzen kann.
- Kurze Menüs. Alle Punkte sollten auf eine einzige Seite passen. Für mobile Nutzer sind Zugänglichkeit und Geschwindigkeit wichtig.
- Eine gute und einfache Suchfunktion gleich am oberen Rand der Seite. Ideal, wenn diese auch mit Autovervollständigung arbeitet.
- Die Telefonnummer sollte nicht nur prominent dargestellt werden, sondern auch mit Click-to-Call erreichbar sein.
- Sofern es Filialen gibt, müssen mobile Kunden diese ohne große Umständen finden können.
- Eine einfache Navigation - beispielsweise sollte das Firmenlogo immer direkt zur Homepage zurück führen.
- Hochauflösende Fotos und Produktabbildungen. Gerade auf kleineren Displays sind sonst zu wenig Details zu erkennen. Die Abbildungen sollten zoombar sein.
- Ebenfalls wichtig: Kunden den Einkauf als Gast zu ermöglichen. Gerade mobile Kunden sollten einen Registrierungsvorgang überspringen können.
- Ein verkürzter Bezahlvorgang! Je weniger Eingaben, umso besser. Bei Zahlung per Kreditkarte sollten Sie den Vorgang überdenken, wenn der Kunde seinen Kartentyp auswählen muss. Diese Information ergibt sich nämlich bereits aus den ersten Ziffern der Kartennummer.
Bevor der Kunde in den Shop kommt, muss er ja erst einmal auf den Händler aufmerksam werden. Stichwort Marketing: Wie lassen sich mobile Kunden gut erreichen, möglichst ohne große Löcher in die Kasse zu reissen?
Felix Kuehl: An Google und sozialen Netzwerken führt da aus meiner Sicht kein Weg vorbei. Mit Produktlistings bei Google Shopping vertreten zu sein, ist für Händler gerade auch unter dem Gesichtspunkt mobiler Nutzung interessant. Inzwischen erfolgt die Mehrzahl der Anfragen dort über mobile Geräte. Das ist auch ein weiteres Beispiel für einen Dienst, wo der Händler ganz automatisch "mobile" ist.
Soziale Netzwerke werden ebenfalls stark mobil genutzt. Facebook als größtes Netzwerk bietet mit seinen Retargeting-Anzeigen eine gute Möglichkeit, gezielt Kunden anzusprechen. Hier sind natürlich besonders die Nutzer interessant, die bereits die Unternehmensseite bereits besucht haben oder gar ein Produkt im Warenkorb legten, es dann aber nicht gekauft haben.
"Ich glaube, dass der klassische Kundennewsletter, oder besser das E-Mail-Marketing, auch weiterhin seine Berechtigung hat."
Was ist mit Pinterest?
Felix Kuehl: Bildernetzwerke eignen sich nicht für jeden Händler und jede Marke. Die Plattform boomt aber nach wie vor. Allerdings braucht es eben auch mehr, als nur ein paar Produktfotos, um in diesem ewigen Strom an Bildern aufzufallen und bestehen zu können. Es gibt aber durchaus ermutigende Beispiele für den Erfolg vom Einsatz der Bildernetzwerke in den Segmenten Mode, Home und Decor. Und mit den so genannten Rich- und Promoted Pins bedient Pinterest ja auch gezielt kommerzielle Anbieter.
Social Media frisst Klassik? Es ist ja immer wieder davon zu lesen, dass die E-Mail tot ist. Wie sehen Sie das?
Felix Kuehl: Ich glaube, dass der klassische Kundennewsletter, oder besser das E-Mail-Marketing, auch weiterhin seine Berechtigung hat. Allerdings ist auch hier eine deutliche Verschiebung in Richtung mobiler Nutzung messbar. Die Mehrheit der Nutzer liest Mails inzwischen auf mobilen Geräten. Und auch dort kann ein Händler schon etwas tun, selbst wenn er noch dabei ist, seinen Shop umzugestalten, oder erst seine mobile Strategie entwickelt. Beim E-Mail-Marketing muss darauf geachtet werden, dass im Betreff noch weniger Zeichen zur Verfügung stehen. Die Nachricht muss also noch schneller auf den Punkt kommen. Und es sollten nur Vorlagen genutzt werden, die responsiv sind. Nur so sieht der Newsletter auf allen Geräten gut aus.