Auf der Frankfurter Buchmesse werden mal wieder neue Lesegeräte für elektronische Bücher vorgestellt. Dabei bekommen sie nun Konkurrenz durch die Tablet-PCs. Stationäre Händler bleiben skeptisch.

Fast drei Millionen Deutsche spielen einer Umfrage zufolge mit dem Gedanken, sich noch in diesem Jahr ein digitales Buch zu kaufen. "Wir rechnen damit, dass nach Fachliteratur, Sachbüchern und Infotainment auch digital publizierte Belletristik für die Leser zunehmend interessant wird", prognostiziert Bernhard Rohleder. "Dies ist nicht zuletzt auf eine steigende Zahl verschiedener Lesegeräte wie Tablet-PCs zurückzuführen", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM).

Mit den berührungsempfindlichen mobilen Computern kann man nicht nur surfen, sondern auch jederzeit und überall schmökern. Das wirft allerdings die Frage auf, ob die im vorigen Jahr mit großem Tamtam in Deutschland vorgestellten Lesegeräte, die sogenannten E-Reader, überhaupt nötig sind oder bald wieder in der Versenkung verschwinden. Denn mit ihnen kann man schließlich "nur" lesen.

Thalia bringt eigenen E-Reader auf den Markt

Ronald Schild, Geschäftsführer des Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels (MVB), bricht gleichwohl eine Lanze für die reinen Lesegeräte: "Wenn jemand viel liest und Technik mag, wird er sich einen E-Reader besorgen. Denn das ist besser für die Augen und insgesamt bequemer", ist er überzeugt. "Und beispielsweise auch für ältere Menschen, die am Bildschirm die Schrift so groß machen können, wie sie wollen, bieten die E-Reader Vorteile."

Die Buchhandelskette Thalia, die in Deutschland rund 240 Filialen hat, setzt ebenfalls auf die elektronischen Lesegeräte. In diesem Oktober bringt der Händler das 139 Euro teure hauseigene "Oyo" auf den Markt, das gemeinsam mit dem Computerhersteller Medion konzipiert wurde.

"Wir sind davon überzeugt, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, einen eigenen E-Reader auf den Markt zu bringen", erläutert Thalia-Chef Michael Busch. Zunehmend drängten Unternehmen wie Amazon und Apple auf den europäischen E-Book-Markt: "Nur wer jetzt aktiv wird, kann sich als ernstzunehmender Marktteilnehmer positionieren."

Mitarbeiter testen Lesegeräte

Thalia setzt bei der Vermarktung der Geräte auch auf die eigenen Mitarbeiter, die die Reader schon vor dem Verkaufsstart auf ihre Bedienungsfreundlichkeit getestet haben. "Unseren Buchhändlern kam in der Testphase eine wichtige Rolle zu. Sie haben den Reader auf Herz und Nieren getestet", sagt Michael Busch. "Denn für unsere Kunden ist der Oyo sozusagen Thalia für die Tasche - und muss dementsprechend kundenfreundlich sein."

Thomas Wrensch, Geschäftsführer der rund 2.000 Quadratmeter großen Buchhandlung Graff in Braunschweig, verkauft ebenfalls elektronische Lesegeräte, "aber nicht mit großer Freude", wie er sagt: "Wir haben sie ins Programm aufgenommen, weil wir von Anfang an dabei sein wollten, wenn es mit den E-Books losgeht. Aber in den vergangenen anderthalb Jahren haben wir vielleicht gerade einmal 30 bis 40 Stück verkauft."

Für den Buchhändler ist es nur eine Frage der Zeit, bis Buchseiten auf Tablet-PCs besser dargestellt werden und die Preise runtergehen: "Für E-Books ist der eigenständige Reader nur ein Zwischenschritt," ist Wrensch überzeugt. E-Books bietet der Buchhändler sowohl über Libri als auch Libreka an. In Zukunft arbeitet er mit dem Großhändler Libri zusammen, um auch die Lesegeräte über die eigne Homepage zu verkaufen. 

Technik ist schnell überholt

Der Inhaber des "Buchladen am Freiheitsplatz" in Hanau, Dieter Dausien, hat unterdessen keine Lesegeräte vorrätig: "Die Nachfrage war bisher minimal. Und da die Technik schnell überholt ist, die Geräte aber vergleichsweise teuer sind, lege ich mir bisher noch keine E-Reader aufs Lager," erläutert der Buchhändler.

Um sich ein Lesegerät zuzulegen, braucht man derzeit seiner Meinung nach noch jede Menge Pioniergeist: "Es wird noch lange dauern, bis Romane auf einem Reader gelesen werden. Bei wissenschaftlichen Texten ist das anders. Aber die lädt man sich doch eher als PDF auf den Rechner. Dann kann man auch damit sofort arbeiten."

Die E-Books selbst bietet Dieter Dausien hingegen schon vergleichsweise lange zum Download auf seiner Homepage an. Er ist seit dem Beginn im Jahr 2007 mit der E-Book-Plattform Libreka des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels verlinkt. "Gerade als kleiner, unabhängiger Buchhändler muss man aufpassen, dass man nicht den großen Anbietern das Feld überlässt", argumentiert er. "Deshalb habe ich recht früh E-Books ins Angebot aufgenommen - bevor meine Kunden überhaupt nach ihnen gefragt haben."

Onlineshop für E-Books

Dass es sich lohnt, bei technischen Neuerungen zu den Pionieren zu gehören, hat der Buchhändler bereits mit seinem Onlineshop bewiesen. Den hat er seit 1997 - und somit zählt www.freiheitsplatz.de zu den ersten deutschen Onlineshops überhaupt.

Selbst der Onlineriese Amazon kam erst ein Jahr später aus Übersee. Die Umsätze, die Dieter Dausien inzwischen über das Internet tätigt, liegen bei 5 bis 6 Prozent seines Umsatzes - ein für stationäre Händler vergleichsweise hoher Onlineanteil.

"Wenn meine Kunden neue Wege und Bezugswege entdecken, dann will ich ihnen auch hier ein sinnvolles Angebot machen können. Sodass sie gar nicht erst auf die 'Big Player' ausweichen müssen", sagt Dieter Dausien. "Gerade für uns unabhängige Buchhändler ist es wichtig, auf allen Vertriebskanälen präsent zu sein."

Sybille Wilhelm

Der Beitrag ist in der Oktober-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Der Handel erschienen. Hier geht es zur Bestellung eines Probehefts.