Sechs von 18 untersuchten Markthallen in Deutschland weisen Funktionsdefizite auf, zeigt eine Studie. Ein Hauptproblem ist der Standort. Mit neuen Konzepten gibt es dennoch eine Chance.

"Bei den untersuchten Markthallen weisen Objekte in innerstädtischen A- oder B-Lagen die geringsten Funktionsdefizite auf", sagt Wilfried Weisenberger, Projektleiter der Studie bei GfK GeoMarketing. Hingegen würden mit abnehmender Lagequalität die Defizite in der Umfeldstruktur und damit die Probleme zunehmen.

Laut Analyse sind Defizite wie Umsatzprobleme, Mangel an Besucherfrequenz und schlechte Einbindung ins Umfeld weniger Ausdruck von Managementfehlern als vielmehr Folge eines unpassenden Standorts.

Markthallen sind somit in besonderem Maße auf einen guten Standort angewiesen. Essentielle Standort-Erfolgsfaktoren sind:

  • Innerstädtische Haupteinkaufslage
  • Hohe Passantenfrequenz
  • Sehr gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr
  • Gute Erreichbarkeit mit dem Pkw
  • Synergien mit Umfeldnutzungen (Einzelhandel, Gastronomie, öffentliche Einrichtungen, Arbeitsplatzdichte)
Weisenberger betont, dass die Markthallen unter der Voraussetzung idealer Standort-Faktoren allerdings erfolgreich wirtschaften und auch die Attraktivität eines guten Standorts zusätzlich erhöhen können.

Ausschlaggebend für ein erfolgreiches Wirtschaften von Markthallen sei die Frage des Standortes. Daneben muss die Besatzstruktur auf die Lage sowie das Standort- und Wettbewerbsumfeld abgestimmt sein.

Neue Markthallen-Formate haben sich etabliert

Als Grundversorger dienen Markthallen in Deutschland schon lange nicht mehr. Sie hatten in der Gründerzeit Ende des 19. Jahrhunderts die als unhygienisch geltenden Märkte abgelöst und sicherten die Grundversorgung der Bevölkerung. Heute übernehmen Supermärkte und Discounter diese Aufgabe.

Dennoch herrscht in einigen der historischen Hallen noch reges Markttreiben, wie beispielsweise in Stuttgart. Auch in Großstadt-Quartieren mit hoher Einwohner- und geringer Wettbewerbsdichte kann die Markthalle mit einem Lebensmittelmarkt als Magnetmieter als Nahversorger agieren. So zum Beispiel der Supermarkt Konsum in der Neustädter Markthalle in Dresden.

In den Markthallen nach traditionellem Vorbild werden auf über 3.000 Quadratmeter Verkaufsfläche überwiegend Produkte des täglichen Bedarfs angeboten. Ergänzend laden gastronomische Einrichtungen zum Verweilen ein.

Sechs von 18 Markthallen in Deutschland laufen schlecht (Foto: GfK GeoMarketing)
Sechs von 18 Markthallen in Deutschland laufen schlecht (Foto: GfK GeoMarketing)
Die deutschen Vorzeige-Markthallen präsentieren sich als exquisite Einkaufsstätten. Feil geboten werden Spezialitäten aus vielen Ländern und Delikatessen oder wie im Fall von Kassel Produkte aus der Region. Dabei spielt der Frische-Faktor eine besonders große Rolle.

Daneben haben sich in den letzten Jahren neue Markthallenformate herausgebildet. Diese sind auf Gastronomie (Schweinfurt, Reutlingen und Freiburg im Breisgau) oder Veranstaltungen (Fürth) ausgerichtet.

Im Gegensatz zu den klassischen Markthallen verfügen sie mit 500 bis 2.500 Quadratmeter über deutlich kleinere Verkaufsflächen. Statt Feinkost gibt es Weintheken, Cafés und Schnellimbissstände, die vor allem zur Mittagszeit oder während Veranstaltungen gut besucht sind.

"Markthallen in Deutschland haben keine einheitliche und klare Sortimentsausrichtung", stellt Weisenberger fest. Die traditionellen Markthallen wurden vor allem in den Stadtteillagen der untersuchten Zentren errichtet. Die Neuen hingegen findet man zunehmend in den Top-Lagen der Innenstädte.

Alte Markthallen haben eine Chance

Für Weisenberger spricht dies dafür, dass von den Entscheidern das Grundproblem der mangelnden Magnetwirkung richtig erkannt wurde. Die neueren Markthallen wurden folgerichtig dort eröffnet, wo die Menschen nach Erlebniskonzepten suchen.

Für den Umgang mit alten Markthallen, die als Einzelhandelsimmobilien aufgrund ihrer unpassenden Lage nicht mehr funktionieren, gibt es allerdings kein Patentrezept: "In manchen Fällen mag ein neues und ganz anderes Konzept der Kommune ermöglichen, dem Objekt eine sinnvolle neue Nutzung zu verschaffen - sei es als Kultureinrichtung wie ein Museum, ein Theater oder eine Konzerthalle", sagt der Standort-Experte.

Die Frage, ob es sich für die Kommune oder auch einen externen Projektentwickler oder Investor lohnt, eine Umstrukturierung anzugehen, beantwortet letztlich nur eine individuelle Untersuchung aller standort- und immobilienseitigen Faktoren.

Auch wenn die derzeitige Nutzung nicht erfolgreich sein mag, "kann architektonisch schönen Markthallen meist neues Leben eingehaucht werden - es braucht nur die richtige Idee für das jeweilige Objekt am jeweiligen Standort", findet Weisenberger.