31 Bürgermeister kämpfen um die Revitalisierung ihrer jeweiligen Hertie-Häuser. Sie wollen eine Gesetzesinitiative im Bundesrat erwirken, um das Schicksal der Immobilien mitentscheiden zu können.
Das Urheberrecht für diesen Begriff hat die "Rhein-Zeitung" - er mag etwas martialisch klingen, aber wütend ist Feser schon ein bisschen. Seit 2009 steht das ehemalige Kaufhaus der insolventen Hertie-Kette auch in seiner Stadt leer. Der Bürgermeister würde die Immobilie liebend gerne entwickeln lassen, er spricht auf Anfrage von derhandel.de von genügend ernsthaften Interessenten aus dem Einzelhandel, am liebsten sähe er es gar, wenn dort wieder ein vollwertiges Kaufhaus einzöge.
Einzelhandelsentwicklung wird behindert
Doch die teilweise sehr komplizierte Eigentumslage der Häuser gepaart mit unrealistischen Verkaufspreisvorstellungen der Besitzer verhinderten bisher die Weiterveräußerung des Bingener Objektes - wie auch in Delmenhorst, Mölln oder Görlitz, wo das schönste Hertie-Kaufhaus überhaupt stand.Feser ist mittlerweile der Kopf der "Wut-Bürgermeister", die dafür kämpfen, dass die noch nutzlos herumstehenden Häuser einem Zweck zugeführt werden. Im September 2012 verabschiedeten sie die "Bingener Erklärung", in der es unter anderem heißt, dass die Städte sich "in ihrer städtebaulichen Entwicklung und bei der Reaktivierung wichtiger Einzelhandelsflächen stark behindert" fühlen, "da in den Startlöchern stehende Investoren keine handlungsfähigen Ansprechpartner auf der Verkäuferseite erreichen." Eine Forderung der Bürgermeister: Der holländische Hertie-Insolvenzverwalter müsse seine Aufgabe aktiv wahrnehmen und ernsthaft Verhandlungen mit Kaufinteressen führen und zum Abschluss führen.
Initiative im Bundesrat
An diesem Donnerstag traf sich in Bingen der Sprecherrat der Bürgermeister. Sechs Mitglieder umfasst dieses Gremium. Ein zentraler Beschluss wurde dabei verabschiedet: "Wir werden eine Bundesratsinitiative einfordern", sagte Oberbürgermeister Feser. Ziel sei es, dass die Kommunen die Immobilien künftig notfalls selbst vermarkten könnten.Immerhin sind die Objekte in Meschede, Peine und Stade in neuen Händen, berichtet Feser im Gespräch mit derhandel.de, in 20 weiteren Kommunen gebe es Interessenten an den leerstehenden oder meist mit unattraktiven Postenmärkten zwischengenutzten Häusern. Für 9 Häuser seien Zwangsversteigerungen eingeleitet worden, auch in Bingen. Feser beschreibt im Gespräch mit derhandel.de als größtes Problem für alle städtischen Bemühungen die gewünschten Preise, die etwa der Insolvenzverwalter sowie die Deutsche Bank als Grundpfandgläubiger der Immobilien aufrufen.
"Das ist keine Enteignung"
Deswegen haben sich die Bürgermeister zu einer Initiative zur Änderung im Baugesetzbuch verabredet. Die jeweiligen Ministerpräsidenten der Länder sollen im Bundesrat beschließen, dass der Paragraf 179 dahingehend geändert wird, "dass wir als Kommunen die Möglichkeiten haben, wenn sich nach 60 Monaten, nach denen sich bei einer Immobilie nichts getan hat, einen Gutachten zur Bewertung in Auftrag zu geben und einen Vermarkter zu suchen", wie es Feser formuliert. Die Kosten für so ein Gutachten solle der bisherige Eigentümer zahlen.Der Oberbürgermeister betont, dass die jeweiligen Eigener ordentlich bezahlt werden sollen, "das ist keine Enteignung". Doch Feser will einfach marktgerechte Preise durchsetzen, denn daran haperte es bisher bei den leerstehenden Hertie-Häusern, deren Verkauf seit dem Ende der Kaufhauskette im Jahr 2009 nur schleppend vorangeht. Das Bingener Stadtoberhaupt sieht den Vorstoß von ihm und seiner Kollegen, die sich unterstützt fühlen vom Deutschen Städtetag sowie vom Deutschen Städte - und Gemeindebund, im Sinne einer Stadtentwicklung.
Derzeit ist das Immobilienberatungsunternehme CR Investment mit dem Verkauf der noch leerstehenden Hertie-Häuser betraut, und dessen Vertreter Sebastian Mogos-Lindemann hatte den Bürgermeistern noch im November 2012 Mut machen wollen: "In zwei Jahren sind alle Hertie-Objekte verkauft." Darauf wollen sich Feser und seine Mitstreiter freilich nicht verlassen. "Wir bleiben zusammen, bis sämtliche Häuser neue Besitzer gefunden haben."