Eyetracking und klassische Usability-Tests laufen bei Smartphones ins Leere, weil der Nutzungskontext so variabel ist. Was muß man tun, um herauszufinden, was die User mit Apps und mobilen Websites wirklich machen? Fünf Fragen an, Juliane Hartmann Managing Director beim User-Experience-Dienstleister MPathy, zu dessen Kunden unter anderem Heine, Sportscheck und Bonprix gehören.

Frau Hartmann, wo liegt die Schwierigkeit im neuen Marktsegment Mobile Analytics?

Juliane Hartmann, Managing Director MPathy: Ein Problem ist, dass die Nutzer ständig die Endgeräte wechseln, oder sie gehen mit dem Smartphone mal auf die mobile Website und mal auf die normale. Die meisten Messverfahren bilden immer nur Ausschnitte ab. Auch uns gelingt das nur zum Teil. Wir benutzen zum Beispiel einen einheitlichen JavaScript-Code, dadurch kann unser System den Wechsel von App zu Website erkennen und verfolgen.

Noch besser funktioniert das Tracking aber, wenn der Nutzer sich selbst zu erkennen gibt. Man sollte sich unbedingt etwas einfallen lassen, was das LogIn sinnvoll macht.

Gibt es technische Probleme beim Tracking von Smartphones?

Hartmann: Nicht mehr viele. Es gibt auf der Android-Plattform Browser, die die Interaktion nicht sauber zurückgeben. Und natürlich muss man einordnen, was Inaktivität bedeutet. Ist die Verbindung abgerissen oder hat der Nutzer die Handlung bewusst abgebrochen?

Die kleinen Punkte zeigen die Taps (Klicks), der große illustriert die Interaktion mit dem Schieberegler
Die kleinen Punkte zeigen die Taps (Klicks), der große illustriert die Interaktion mit dem Schieberegler
Was für uns die größere Herausforderung war, war die Vielzahl an Interaktionsparametern in den Griff zu bekommen. In unserem Websystem arbeiten wir mit einem Koordinatengerüst und können dann die User-Session nachbilden. Das funktioniert mit dem Smartphone nicht, da gibt es zu viele unterschiedliche Bildschirmgrößen. Jetzt macht unser System im Hintergrund permanent Screenshots und dadurch können wir zum Beispiel auch den Ausschnitt erkennen, in den ein Nutzer gezoomt hat.  

Welche Probleme sehen Sie in der Nutzung häufig?

Hartmann: Ein typisches Problem ist, dass Nutzer auf eine Telefonnummer tippen, um einen Anruf auszulösen. Wenn das nicht funktioniert, navigieren die Nutzer ständig zum Homescreen und zurück, um die Nummer mühevoll abzutippen.  Häufiger als im Web sehen wir Interaktionen, die ins Leere laufen.

Außerdem vergessen viele Anbieter, dass man Formularfelder so definieren kann, dass die Tastatur im Smartphone bereits richtig vor eingestellt ist, zum Beispiel wenn man nur Zahlen eingeben darf wie bei der Postleitzahl.

Sie halten nicht viel von klassischen Usability-Tests?

Hartmann: Grundsätzlich schon, aber in diesem Fall nicht. Die Laborsituation ist so weit weg vom echten Nutzungsszenario. Wenn ein Nutzer eine Aktion nicht beendet, dann kann das ja sein, dass er die Seite nicht verstanden hat, oder dass der Bus gerade kommt auf den er wartete. Nein. Labortests sind nur für die Prototypenentwicklung geeignet.

Gibt es Parallelen in der Nutzung des Web, wenn man mobile und stationär vergleicht?

Hartmann: Nein. Mobile Nutzer verhalten sich komplett unterschiedlich. Produktdetailseiten sind weit weniger wichtig, dafür hat die Site-interne Suche eine höhere Bedeutung. Die Nutzer wollen schneller zum Ziel kommen.