Mehr Umsatz, bessere Kundenbindung, mobile Stärke und Chancen zur Vernetzung – Gerade auch für den Omnichannel-Händler gelten Shopping-Apps als adäquates Werkzeug, um den Kunden entlang der gesamten Customer Journey noch besser zu begleiten. Apps können dabei als Dreh- und Angelpunkt für den hybriden Kunden dienen. Coop, Migros und Rossmann machen das erfolgreich vor. Aber dahinter stecken auch gewaltige Anstrengungen.
Migros App soll die gesamte Customer Journey unterstützen
Die Handelskette Migros ist einer der großen Platzhirsche in der Schweiz. Dort nutzt man die Migros App, um mit ihren Funktionen die gesamte Customer Journey zu unterstützen. Entsprechend breit gefächert sind auch die Funktionen: Produktsuche, Filialsuche, mit anderen Nutzern teilbare Einkaufsliste, Coupons, Zahl-Funktionen. Damit tut man nicht nur dem Kunden einen Gefallen. Die dabei gesammelten Daten gilt es dann wiederum für Marktforschung, Einkaufspolitik, Sortimentsgestaltung und die weitere Kommunikation zu nutzen.
Entscheidend für den Erfolg ist dabei, dass sich dem Nutzer per App viele Wege zum Sortiment eröffnen.
So zeigt die App individualisiert meist gekaufte, zuletzt gekaufte und beliebte Produkte an, ermöglicht eine Produktsuche per Texteingaben, Sprache und Scanning mit intelligenter Suchunterstützung. Dazu gehören ebenso individualisierte Mitteilungen auf Basis des Einkaufsverhaltens und der Präferenzen.
Individualisierung und Lokalisierung
Mit Blick auf das stationäre Geschäft sind natürlich auch Location-based Informationen per Geofencing möglich. So lassen sich dann nationale und regionale Aktionen sowie Themenschwerpunkte mit Blick auf die jeweilige Relevanz aussteuern. Sogar individuelle Coupons sind möglich, wenn ein Nutzer beispielsweise Stammkunde einer speziellen Marke ist.
Migros App
Die Migros hat ihrer App zudem schon 2015 das mobile Bezahlen beigebracht. Auch das stärkt die Akzeptanz. Inzwischen hat die Migros App längst die Marke von 1,5 Millionen Downloads überschritten. Für den kleinen Schweizer Markt ist das eine gewaltige Zahl.
Wer Adrian Büren, Projektleiter IT Retail der Migros, auf dem GS1-Kongress "Mobile in Retail" in Berlin gehört hat, weiß aber auch, dass die Schweizer Handelskette dabei auf ein wichtiges Asset und einen immensen Startvorteil aufbauen konnte: Das eigene Kundenbindungsprogramm der Cumulus-Karte. Das Loyalty-Programm wird immerhin in 2,7 Millionen Schweizer Haushalten aktiv eingesetzt. Das half, Kundenwünsche bei der Entwicklung der App besser zu verstehen, half auch die App kommunikativ anzuschieben und sorgt für zusätzliche Attraktivität der App, da auch die Cumulus-Punkten des hauseigenen Treueprogramms per App gesammelt werden können.
Coop Supercard - Kundenbindungsprogramm als Starthilfe
Personalisiert, individualisiert und – ähnlich wie die Migros-App - vollgepackt mit nützlichen Funktionen samt digitaler Zahlkarte ist auch die Supercard-App des Schweizer Handelsriesen Coop. Deren Treueprogramm, die Supercard, nutzen über 3 Millionen Haushalte. Die App dazu bringt es auf über weit 800.000 Downloads. Thomas Schwetje, Head of Marketing, machte in Berlin aber deutlich, dass man den Erfolg einer App trotz eines eigenen Kundenbindungsprogramms nicht geschenkt bekommt. Erst ein ordentliches Data Warehouse und eine intelligente Datenanalytik vorhandener Personendaten, der Zahlen zum Einkaufsverhalten (offline wie online), Erkenntnissen aus Mailings, Social Media, Website- und Mobile-Nutzung können zu einer sinnvollen Segmentierung und Individualisierung entsprechend der jeweiligen Bedürfnisse führen. Ziel ist es schließlich, dass mobile CRM kundenindividuell, aber auch ausgerichtet auf den Point of Sale umzusetzen.

Digitale Rabatte mit der Gießkanne per App zu verteilen macht unter diesem Blickwinkel wenig Sinn. Rabatte will Coop stattdessen unter anderem „Event"-basiert verteilen. Ist der letzte Shampoo-Einkauf eines Kunden also schon länger her, soll er durch entsprechende Aktionen aktiviert werden. Interessant ist bei Coop zudem der Einsatz „Digitaler Sammelpässe“ in der App. Hat der Kunde beispielsweise nach einem Einkauf sein Sammelziel nahezu erreicht (zum Beispiel 9 von 10 digitalen Stempeln), kann er per Push-Mitteilung zu einem weiteren Einkauf animiert werden. Das lohnt sich. Der Anteil der Aktivierung von Coupons und Sammelpromotionen per App liegt zwischen 50 und 80 Prozent. Tendenz steigend.
Ausrichtung des PoS auf mobile Services
Derlei Erfolge kommen natürlich nicht über Nacht. Eine entscheidende Säule dafür ist die alles andere als unaufwändige Ausrichtung des Point of Sales auf mobile Services. Dazu gehören für Coop unter anderem Gratis-WLAN, die Ausrüstung aller Kassen mit NFC und einem handyfähigem Scanner, sowie streckenweise Beacons. Pflicht – und für viele Händler eine große Hürde – ist zudem die Anbindung des Kassensystems und der Mobile Services an das zentrale CRM-System.
Rossmann-App: Jeder zweite Kunde sagt "Ja" zu Push-Nachrichten
Hier wie dort steht und fällt die Attraktivität einer App aber offensichtlich mit digitalen Coupons. Die gibt es deshalb auch in Serie auf der App der deutschen Drogeriekette Rossmann, die Features eher mit Bedacht aufsetzt. Gleichwohl bringt es die App ein Jahr nach dem Start auf über 500.000 aktive Installationen. Darauf darf Online-Leiter Paul Baumann schon ein wenig stolz sein, angesichts einer kommunikativ eher zurückhaltend beworbenen App.
Über die Hälfte der Nutzer haben übrigens Push-Nachrichten abonniert. Das wiederum wundert wenig, angesichts von Rabatten von bis zu 30 Prozent je nach Coupon oder Angeboten, die beim Kauf von zwei Produkten einen weiteren Artikel kostenlos bieten.
Rossmann App
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Erfahrung der Händler, dass derlei Coupons nicht erst in der Filiale, sondern schon vorab daheim bei der Einkaufsvorbereitung eingelöst werden. Offensichtlich möchten Kunden am PoS nicht noch lange am Handy herumfummeln, trauen womöglich auch der Internetverbindung im Laden nicht.