Kunden wechseln inzwischen selbstverständlich zwischen den einzelnen Verkaufskanälen. Das ist auch eines der Themen, das auf dem Deutschen Online Handelskongress in Wiesbaden am 11. und 12. April diskutiert wird.
Allein die Multichannel-Anbieter, also Händler, die neben dem Internet noch über andere Kanäle wie etwa ein Ladenlokal verkaufen, konnten demnach im vergangenen Jahr ihren Onlineumsatz um 14,7 Prozent steigern.
"Multichannel ist die stärkste Veränderung im Einzelhandel seit der Einführung der Selbstbedienung in den 60er-Jahren", ist denn auch Stuart Rose, Chef des britischen Kaufhausbetreibers Marks + Spencer, überzeugt. Auch das Institut für Handelsforschung (IFH) prognostiziert, dass das Multichannel-Geschäft in diesem Jahr doppelt so stark wachsen wird wie der reine Onlinehandel.
Multichannel-Händler als lachende Dritte
Die Studie "Non-Food Multichannel-Handel 2015", die das Beratungsunternehmen Accenture und die Meinungsforscher der GfK herausgebracht haben, sieht die Multichannel-Händler ohnehin als lachende Dritte im Kampf der Vertriebskanäle: "Sie müssen die Kanalwechsler nicht fürchten, solange es ihnen gelingt, die Kunden dabei im eigenen Unternehmen zu halten", heißt es. Denn: "Echten Multichannel-Händlern gelingt es in virtuoser Weise, die Vorteile, die die einzelnen Kanäle aus Sicht des Kunden bieten, zu einem kombinierten Kaufangebot zusammenzustellen."Nach der anfänglichen Skepsis vieler stationärer Händler, dass sich die On- und Offlinevertriebskanäle kannibalisieren könnten, stellt sich schon lange nicht mehr die Frage, ob, sondern nur noch, wie sie ihren Onlineshop in das Geschäftsmodell Multichannel integrieren.
"Wir mussten unseren Buchhändlern anfänglich auch erst einmal die Bedenken nehmen", erinnert sich Miriam Berle, Unternehmenssprecherin des zur Douglas-Gruppe gehörenden Buchhändlers Thalia. Doch inzwischen hätten die Mitarbeiter verinnerlicht, dass der Kunde beide Kanäle erwartet - und seien sogar regelrechte Fans des Multichannel-Konzepts.
Beispiel Thalia
"Unsere Buchhändler schreiben mit Begeisterung Onlinerezensionen, die auf Thalia.de und auch an Terminals in den Filialen abgerufen werden können. Somit haben wir inzwischen online wie auch stationär einen Fundus von rund 50.000 Rezensionen, die unser Know-how als Fachhändler unterstreichen", berichtet Berle, die auch selbst fleißig Buchbesprechungen ins Thalia-Netz einspeist.Auch das bei Händlern traditionell stationäre "Manko" der Warenverfügbarkeit können Multichannel-Händler leicht aushebeln: "Wir können stationär nicht alle Bücher vorrätig haben, aber im Internet schon", sagt Berle. "Das bedeutet, dass wir in der Buchhandlung ein nicht vorrätiges Buch bestellen können und der Kunde sich entscheidet, ob er es abholt oder aber nach Hause geschickt bekommt."
Umgekehrt werden auch Defizite des Onlineshops durch die stationären Filialen ausgehebelt: "Wir haben viele Kunden, die sich online informieren und dann eine Auswahl etwa von Reiseführern in die Filiale schicken lassen. Dort schauen sie dann in Ruhe, welche ihnen gefallen."
Vertriebskanäle müssen gleichberechtigt sein
Als besondere Herausforderung sieht Berle die richtige Sortimentsplanung: "Der Händler muss sich überlegen, wo er welches Sortiment braucht", ist sie überzeugt. "Außerdem darf ein Kanal nicht das Beiwerk eines anderen sein, sondern alle Kanäle müssen gleichberechtigt nebeneinander stehen", sagt Berle - auch im Hinblick auf den E-Book-Reader OYO, den Thalia derzeit als dritten Vertriebskanal etablieren will.Auch für den Schuhhändler Deichmann ist der Vertriebskanal Internet inzwischen unverzichtbar. Wie schwierig es sein kann, als Filialist einen ordentlichen Onlinekanal aufzubauen, zeigen unterdessen die Metro-Töchter Saturn und Media-Markt.
Doch Multichannel ist nicht nur etwas für Filialisten. Vielmehr können regionale Händler dank eines Onlinehops ihren Kundenstamm auf ganz Deutschland ausweiten und ihren bestehenden Kunden weitere Services anbieten.
Dass es bei Multichannel-Händlern egal ist, welcher Kanal zuerst da war, zeigt das Beispiel von myToys.de, das als Webshop startete und sieben Jahre später die erste stationäre Filiale eröffnete.
Um Multichannel geht es auch auf dem Deutschen Online Handelskongress, der am 11. und 12. April in Wiesbaden stattfindet. Das Programm finden Sie hier.