Immer mehr Handelsunternehmen drängt es in die Metropolen. Dort wird es eng. Ein weiterer Trend: Die Mieter suchen weniger Großflächen, hat der Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle festgestellt.

Karl-Ervian Haub hatte vor einiger Zeit gewarnt. Die Zeiten, in denen Läden wie Pilze aus dem Boden schossen, sind nach Ansicht des Chefs von Tengelmann vorbei. "Wir haben eine Trendwende, was die ungebremste Flächenexpansion angeht", sagte Haub.

Entsprechend könnte auch der Halbjahresbericht des Immobilienmaklers Jones Lang LaSalle gedeutet werden. Demnach wurden bundesweit im ersten Halbjahr in den 180 wichtigsten deutschen 1a-Lagen rund 270.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche vermietet. Das ist etwas weniger als im Vorjahrjahreszeitraum (320.000 Quadratmeter), dennoch bezeichnet Jones Lang LaSalle dem Vermietungsmarkt als "intakt und solide".

Alle zieht es in die "BIG-9-Städte"

Die Mieter interessieren sich immer stärker für die Einkaufsmeilen in den Metropolen. Mehr als ein Drittel der bundesweit vermittelten Verkaufsfläche entfällt laut Jones Lang LaSalle auf die "BIG 9-Städte" Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. Dort wurden bis Ende Juni über 100.000 Quadratmeter Verkaufsfläche neu vermietet - das sind aber 25.000 Quadratmeter weniger als im Vorjahreszeitraum.

Berlin bleibt dabei das mit Abstand wichtigste Expansionsziel. Im ersten Halbjahr wurden in den 1a-Lagen der Hauptstadt mehr als 60 Mietverträge mit insgesamt rund 36.000 Quadratmeter Verkaufsfläche neu abgeschlossen. München folgt mit 13.300 Quadratmeter vor Stuttgart mit 13.200 m Quadratmeter.

Düsseldorf und Hamburg folgen nahezu gleichauf mit rund 9.000 Quadratmeter Neuvermietungen, auch Hannover setzt mit 8.700 Quadratmeter seinen Trend fort. Köln und Frankfurt holen nach schwachem Jahresstart etwas auf und erreichen 8.100  beziehungsweise 7.400 Quadratmeter Neuvermietungen. Lediglich Leipzig und Nürnberg bleiben mit je 2.000 Quadratmeter hinter den Erwartungen zurück.

Das Ende der Großflächen

Der Rückgang des Flächenumsatzes auf Bundesebene begründet Jones Lang LaSalle mit der Verschiebung der Nachfrage von Großflächen über 2.000 m Quadratmetern hin zu den Flächenkategorien zwischen 500 und 1.000 Quadratmetern zurückzuführen. Wurden im ersten Halbjahr 2011 in der größten Klasse noch 45 Mietverträge abgeschlossen, waren es im laufenden Jahr lediglich 30.

Die Kategorien unter 100 Quadratmetern sowie 100 bis 250 Quadratmetern verzeichneten mit Anteilen von 17 beziehungsweise 31 Prozent nahezu konstante Werte. Auch die Klasse 250 bis 500 Quadratmeter, in der mit über 60 Prozent der Mietverträge die internationalen Filialisten aktiv waren, bestätigte mit 19 Prozent ihren Vorjahreswert.

Bei der Branchenverteilung belegt die Textilbranche im abgelaufenen Halbjahr mit 32 Prozent Flächenanteil wie gewohnt Platz eins, konnte das Vorjahresniveau von 38 Prozent aber nicht wiederholen. Diese Entwicklung zeichnete sich mit einem Anteil von 31 Prozent bereits im Vorquartal ab.

Decathlon sehr expansiv

Wieder stark vertreten waren die gastronomischen Konzepte mit 21 Prozent (Vorjahreszeitraum: 11 Prozent) und auch die Sport-/Outdoorbranche holte im Vergleichszeitraum von 7 auf 12 Prozent auf. Besonders expansiv zeigte sich dabei der französische Sportartikelhersteller Decathlon.

Zugelegt hat auch der Gesundheits-/Beauty-Bereich mit 9 Prozent Flächenanteil. Dagegen verlor die Sparte Telekommunikation/Elektronik rund sechs Prozentpunkte. Fast konstante Werte erreichten die Bereiche Schuhe (5 Prozent) sowie Heim-/Haus-/Wohnbedarf (8 Prozent).

Mieter sorgen sich um Umsatzrückgänge

Doris von Muschwitz, Senior Executive Einzelhandelsvermietung Deutschland bei Jones Lang LaSalle zieht folgendes Fazit: "Die derzeit gute Marktlage bleibt konjunkturabhängig und damit volatil. Bei Gesprächen mit Mietinteressenten schwingen vermehrt Sorgen um künftige Umsatzrückgänge mit."

Mit Blick auf das Gesamtjahr erwartet von Muschwitz, dass sich das  Vermietungsvolumen in den "BIG-9-Städten" aus dem Vorjahr (250.000 Quadratmeter) nicht in vollem Ausmaß wiederholen lassen werde. "Aber der Markt ist in guter Verfassung. Einiges spricht dafür, dass Deutschland seine derzeit europaweit dominante Stellung als Expansionsziel aufrechterhalten kann", sagt die Immobilienexpertin.

In den Metropolen wird es eng in der 1a-Lage

Ähnlich fällt die Analyse von Peter Kunz aus, Frankfurter Geschäftsführer des Immobilienberaters Colliers International. "Es gibt immer noch viele internationale Filialisten und Formate, die auf den deutschen Markt drängen." Nicht immer fänden diese potenziellen Mieter aber geeignete Flächen - vor allem in den Metropolen gäbe es Engpässe in den 1a-Lagen. Daher würden auch "Überlaufflächen" in angrenzenden Lagen interessant.

Kunz betont aber im Gespräch mit derhandel.de, dass nicht nur die Metropolen für Vermietungsgeschäfte interessant seien. "Überall dort, wo es entwickelte Einkaufsstrukturen und gute Kaufkraft gibt, registrieren wir Potenzial für Vermieter", sagt der Experte und meint damit etwa Städte im strukturstarken Rhein-Main-Gebiet wie Darmstadt oder Wiesbaden.