Otto hat angekündigt, das eigene Textilsortiment bis zum Jahr 2020 vollständig auf nachhaltig erzeugte Baumwolle umzustellen. Kritikern gehen die Pläne jedoch nicht weit genug.
Gegenwärtig setzt das Hamburger Unternehmen bei den Eigenmarken rund 15 Prozent nachhaltig erzeugte Baumwolle ein. Bis zum Jahr 2020 sollen es 100 Prozent sein.
Ein Ziel, viele Ansätze
Doch das ist nicht so einfach. Denn es gibt verschiedene Ansätze, wie Baumwolle sozial- und umweltverträglich angebaut und vermarktet werden kann. "Im Fokus steht die gesamte Kette vom Produzenten bis zum Kunden", sagt Haller.Der Versandhändler lässt Baumwolle im Rahmen von "Cotton made in Africa" produzieren, einer von Dr. Michael Otto gegründeten Initiative, die die Lebensbedingungen afrikanischer Kleinbauern verbessern will. In einer Allianz mit internationalen Textilunternehmen sollen sie nachhaltige Baumwolle für den Weltmarkt produzieren. Gegenwärtig sind mehr als 20 Unternehmen beteiligt - aus Deutschland zum Beispiel auch Puma, das Modelabel H.I.S., Tchibo, Rewe, S.Oliver und Tom Tailor.
"Nur ein Mindeststandard"
Kritikern gehen die Pläne von Otto nicht weit genug. Die Kriterien, mit denen "Cotton made in Africa" arbeite, stellten nur eine Art "Mindeststandard" für große Anbieter dar. So ist laut Greenpeace die Verbotsliste für Pestizide weniger umfangreich als beim Fairtrade-Siegel."Zwar wird durch die Initiative Baumwolle ersetzt, deren Produktion noch belastender für die Umwelt und die Menschen wäre", sagt Greenpeace-Expertin Kirsten Brodde. Andererseits sei Bio-Baumwolle, bei deren Herstellung die Bauern komplett auf Pestizide verzichten, vorzuziehen. Ihre Marktchancen würden jedoch durch "Cotton made in Africa" kleiner. "Otto könnte noch ambitionierter vorgehen", meint Brodde.
Bei "Cotton made in Africa" verzichten die afrikanischen Baumwoll-Bauern auf künstliche Bewässerung, setzen Pestizide und Düngemittel effizienter ein und bearbeiten das Land nicht mit Maschinen. Damit sparen sie rund 18.000 Liter Wasser pro Kilo Baumwolle und etwa 70 Prozent der Treibhausgas-Emissionen. Rund 420.000 Kleinbauern in sieben afrikanischen Ländern werden im Rahmen der Initiative geschult.
Fokus liegt auf der Armutsbekämpfung
Warum Otto nicht konsequent auf Bio-Baumwolle setze, wollen auch Konsumenten in diversen Internetforen wissen. Der Versandhändler hat darauf unter anderem erklärt: "Der Fokus bei der Initiative "Cotton made in Africa" liegt auf der Armutsbekämpfung und der Bildungsförderung durch die Erhöhung der Erträge der Kleinbauern. (...) Dies setzt unter anderem voraus, dass die Ernte nicht unter zu großem Schädlingsdruck leidet, so dass gute und vor allem massenmarkttaugliche Erträge erzielt und damit die Einnahmen der Bauern erhöht werden können."Der Einsatz von Pestiziden lässt sich daher aus ökonomischer Sicht nicht völlig vermeiden, wird aber dennoch streng reguliert. Daneben werden trotzdem viele ökologisch verträgliche Maßnahmen befolgt: So wird zum Beispiel ausschließlich Regenwasser bei der Bewässerung verwendet und keine Gen-Baumwolle produziert. Langfristig wird die Vereinbarung von sozialer Hilfe und Bio-Anbau in der Initiative natürlich angestrebt. Realistisch funktioniert dies aber momentan leider noch nicht.
Bio-Textilien sind keine Nischenprodukte mehr
Bekleidung aus Bio-Baumwolle ist aber längst kein Nischentrend mehr, der nur von Spezialanbietern bedient wird, das ausschließlich auf ökologisch erzeugte Baumwolle setzt. C&A, nach eigenen Angaben weltweit größter Abnehmer von zertifizierter Bio-Baumwolle, verkauft bereits 15 Prozent des Baumwollsortimentes in Bio-Qualität. Die Zahl der europaweit verkauften Bio-Textilien stieg bei dem Unternehmen im vergangenen Jahr um 20 Prozent auf 32 Millionen Stück.Dennoch will auch C&A die gesamte Produktion zunächst auf "nachhaltig angebaute Baumwolle" umstellen. Schließlich ist die Mehrheit der Verbraucher nicht bereit, für zertifizierte Bio-Textilien spürbar mehr zu bezahlen als für konventionelle. Bei C&A werden deshalb die Kleidungsstücke mit dem "We love bio"-Etikett zum gleichen Preis angeboten wie die aus herkömmlicher Baumwolle.
Kunden nehmen keinen höheren Preis in Kauf
"Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Kunden gern sozialverträgliche und umweltfreundliche Produkte kaufen wollen", sagt Johannes Merck, der sich seit Jahren in der Otto Group um diese Bereiche kümmert. "Aber sie nehmen dafür keinen höheren Preis in Kauf." Der Rohstoff kostet bereits rund 10 bis 15 Prozent mehr, wenn er aus nachhaltiger Produktion stammt.Bei "Cotton made in Africa" zahlen die Unternehmen eine Lizenzgebühr, um das Label zu verwenden. Die Einnahmen daraus kommen den Kleinbauern zugute. Doch bislang reicht das nicht. Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung und die deutsche Entwicklungshilfe steuern zweistellige Millionenbeträge bei.
Langfristig soll das Modell ohne Subventionen auskommen und sich am Markt bewähren. Dazu müssten weitere Großunternehmen einsteigen und die nachhaltig produzierte Baumwolle der Bauern in Afrika abnehmen.
Das Modell von "Cotton made in Africa" soll nicht auf Mildtätigkeit beruhen, sondern im Weltmarkt standhalten. "Wir kommen aus dem Business-Bereich, nicht aus dem Öko-Bereich", sagt Merck, der auch der Stiftung Aid by Trade vorsteht. Diese Stiftung, die Otto-Aufsichtsratschef Michael Otto gegründet hat, steht hinter "Cotton made in Africa", das gegenwärtig rund zwölf Prozent der gesamten afrikanischen Baumwoll-Produktion ausmacht. Das reicht für mehr als 13 Millionen Textilien.
DH mit Material von dpa