"Die Chancen stehen 50:50", sagte Verdi unlängst zu den Verhandlungen um die Zukunft von Neckermann. Nun erklärte die Gewerkschaft die Gespräche für gescheitert - und der Versender beantragt Insolvenz.

Gerungen wurde um einen möglichst sozialverträglichen Abbau von insgesamt 1.380 der bundesweit 2.400 Stellen. Der Eigentümer, US-Finanzinvestor Sun Capital, hat das Kataloggeschäft eingestellt und möchte den Eigenhandel mit Textilien sowie das Frankfurter Zentrallager aufgeben.
Der Betriebsrat machte einen Gegenvorschlag, wonach das Modeangebot beibehalten und das Logistikzentrum in Frankfurt zum Online-Dienstleister für stationäre Textilketten werden sollte. Diesen Plänen erteilte Neckermann jedoch eine Absage.
Der Versender steckt schon länger in der Krise: Das Kataloggeschäft war zuletzt so rapide eingebrochen, dass Erfolge aus dem Onlinehandel aufgezehrt wurden. Dass es zur Insolvenz kommen könnte, wurde bereits deutlich, als eine einberufene Einigungsstelle scheiterte.
Die Mitarbeiter hatten im Juni in einer Urabstimmung mit breiter Zustimmung den Weg für unbefristete Streiks frei gemacht. Anfang Juli hatte ein zweitägiger Streik das Zentrallager des Versandhändlers lahmgelegt.
Einigung in letzter Minute gescheitert
Nach Firmenangaben hatte das Unternehmen zuletzt am vergangenen Wochenende "sehr konkrete Angebote" gemacht, auch zu Abfindungen.In den Gesprächen mit dem Management sei Einigkeit über einen Sozialplan, Abfindungsregelungen sowie eine Transfergesellschaft erzielt worden, sagte Verdi-Sekretär Bernd Schiedrig. "Kurz vor der Unterschrift hat Sun erklärt, dass sie kein Geld mehr zur Verfügung stellen, so dass die Zahlungsfähigkeit nicht mehr gewährleistet ist."
Die Geschäftsführung machte auch deutlich, sie hätte „einen Weg gefunden, die dazu notwendigen finanziellen Mittel aus dem am 27. April 2012 mit dem Gesellschafter verabschiedeten Businessplan in verschiedenen Tranchen bis zum ersten Quartal 2013 bereitzustellen".
"Auch in weiteren Punkten war eine Einigung zwischen Unternehmen und Arbeitnehmervertretern erfolgt und die Verhandlungen damit weitgehend abgeschlossen", heißt es in der Pressemitteilung. Doch der Eigentümer "hält das Ergebnis der Verhandlungen nicht für tragfähig und wird keine weiteren Mittel für die Finanzierung zur Verfügung stellen".
Die Krise findet ausgerechnet in dem Jahr statt, in dem Firmengründer Josef Neckermann vor 100 Jahren geboren wurde. Sein einstiges Imperium liegt nun endgültig in Trümmern.
DH
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