E-Book und Internet - der Buchhandel hat dieser Tage viel Konkurrenz zu fürchten. Thalia testet ein Konzept, das Antworten auf beide Herausforderungen geben soll.
Also hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mal eine Umfrage gestartet.
„Das Ergebnis ist eindeutig", sagt Hans Huck, Sprecher des Arbeitskreises Elektronisches Publizieren im Börsenverein. „Derzeit sind E-Books noch Umsatzzwerge. Allerdings Zwerge mit Wachstumspotenzial."
Nicht viel mehr als ein Bauchgefühl
Damit hat der Verband zwar keineswegs eine eindeutige Aussage getroffen. Aber das ist ja auch gar nicht so einfach: Der Markt ist jung und so beweglich, dass Prognosen sich auf nicht sehr viel mehr als das eigene Bauchgefühl stützen können: „Wenn in den kommenden Jahren die Mehrheit der Bücher gleichzeitig als Print- und digitales Produkt auf den Markt kommt und sich preislich eine klare Tendenz abzeichnet, wird auch das Geschäft mit E-Books kräftig anziehen", versucht Huck doch noch, einen Blick nach vorn zu richten.„In zehn Jahren könnte das E-Book das Papierbuch überholt haben", wagt unterdessen Ronald Schild, Geschäftsführer der MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH, eine Prognose.
Als Beispiel führt er den amerikanischen Markt an, bei dem die Umsätze mit elektronischen Büchern im vergangenen Jahr aus dem Stand auf 2 Prozent des gesamten Buchmarkts gestiegen sind: „Hier in Deutschland liegen wir noch in einem deutlich niedrigeren Bereich. Aber eine gewisse Anpassungs- und Gewöhnungsphase ist bei neuen Produkten normal", argumentiert Schild. „Der Kunde braucht ein bisschen Zeit, um sich an Neuheiten zu
gewöhnen."
Multichannel-Strategie für den Buchhandel
Aber nicht nur der Kunde: Auch die Buchhändler sind auf der Suche nach Strategien, wie sie mit den digitalen Angeboten und vor allem der Handelskonkurrenz aus dem Internet umgehen sollen. Die Branchengröße Thalia hat sich jetzt aus der Deckung gewagt und setzt in ihrer Buchhandlung im neuen Shoppingcenter „Loop5" in Weiterstadt auf eine Multichannel-Strategie: „Wir verknüpfen Elemente aus dem stationären und den Onlinebuchhandel", erläutert Michael Busch, Geschäftsführer der Thalia Holding GmbH.„Wir wollen dem Kunden damit auch neue Erlebnisse rund ums Lesen bieten." (Siehe auch Interview unten.) Auf rund 2.000 Quadratmetern bietet der Händler im Center Unterhaltung für alle Lebenslagen: gedruckte Bücher, Hörbücher, E-Books, DVDs und Videospiele. Zudem kann der Kunde in Weiterstadt rund 200 internationale Zeitungen „on Demand" ausdrucken. Darüber hinaus können Leseratten Rezensionen im Laden online abrufen oder selbst welche eingeben.
„Im Buchhandel findet eine Verschiebung der Vertriebskanäle statt, vor allem in Richtung Internet," so Busch. „Die Anforderungen der Kunden an den stationären Handel wachsen entsprechend." Deshalb könne der Kunde in den Buchhandlungen und im Internet nun nicht nur „klassisch" einkaufen, sondern beispielsweise auch ein Buch in der Buchhandlung bestellen und nach Hause liefern lassen oder unter www.thalia.de bestellen und in der Filiale abholen: „Unterschiedliche Bezugswege von Informationen und Ware sind normal geworden", führt Busch aus. „Dem dürfen auch wir Händler uns nicht verschließen."
Sybille Wilhelm
Interview mit Michael Busch, Geschäftsführer der Thalia Holding GmbH

Das E-Book wird als eine von vielen Darreichungsformen literarischer Inhalte weiterhin an Bedeutung gewinnen. Denn der Kunde erwartet zunehmend, dass er je nach Bedarf aus einer breiten Vielfalt auswählen kann. Aus diesem Grund ist es erfreulich, dass sich immer mehr Unternehmen in diesem Marktsegment engagieren. Es unterstreicht das Potenzial des Marktes, lässt die Verlage in der Produktion elektronischer Inhalte nachziehen und bietet dem Kunden eine breite Auswahl an Geräten und Inhalten.
Worauf sollten Händler bei der Präsentation und Vermarktung der Lesegeräte und der digitalen Inhalte achten?
Qualifizierter Service und persönliche Beratung sind enorm wichtig, gepaart mit einem umfangreichen Angebot an Inhalten im Internet. Insbesondere das echte Produkterlebnis ist bei einem so beratungsintensiven Artikel ausschlaggebend für den Erfolg. Aus diesem Grund investieren wir bei Thalia auch ganz besonders in die umfangreiche Schulung unserer Mitarbeiter. Nur so können wir unserem Anspruch als Multichannel-Händler gerecht werden, dem Kunden alles aus einer Hand über alle Kanäle hinweg zu bieten.
Was macht denn Ihr vor Kurzem in dem Shoppingcenter Loop5 in Weiterstadt vorgestelltes Multichannel-Konzept konkret aus?
Wir verknüpfen Elemente des stationären und des Onlinebuchhandels miteinander und bieten unseren Kunden so eine Mischung aus dem besonderen Kauferlebnis beider Welten. Damit schaffen wir auch neuartige Erlebnisse rund um das Kernsortiment Buch. Mithilfe unterschiedlicher interaktiver Funktionalitäten, die sie teilweise schon aus unserem Onlineshop kennen, können sich unsere Kunden beispielsweise an Touchscreens informieren oder im Laden selbst Dinge ausprobieren und aktiv werden. Wichtig ist, dass diese Funktionalitäten die persönliche Beratung nicht ersetzen sollen.
Interview: Sybille Wilhelm
Der Artikel und das Interview sind in der November-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Der Handel erschienen.