Stephan Zoll, Geschäftsführer von Ebay Deutschland, über Verkaufsverbote von Markenherstellern, die Weiterentwicklung der Onlineplattform und die Zukunft des Handels.
Das ist schon noch stark in den Köpfen der Leute, auch bei den Entscheidern im Handel. Es ist uns natürlich ein Dorn im Auge, weil das mit der Realität nichts mehr zu tun hat: 73 Prozent der Artikel werden bei Ebay zum Festpreis verkauft, fast ausschließlich Neuware und in aller Regel von gewerblichen Händlern.
Versteigern Sie persönlich Sachen bei Ebay?
Kaum, ich nutze auch privat das Festpreisformat - meistens zumindest.
Gehen Sie auch mal fremd und kaufen bei Amazon?
Gekauft habe ich schon bei Amazon, verkauft noch nie.
Was kaufen Sie im stationären Handel?
Es gibt wenig, das ich nicht online kaufen würde. Aber Kleidung und Elektronik beispielsweise kaufe ich auch stationär, und spontan kaufe ich natürlich auch hin und wieder im Laden ein.
Sie machen derzeit Werbung dafür, dass stationäre Händler Produkte über Ebay anbieten sollen. Wie Erfolg versprechend ist das?
Stationäre Händler können ihr Geschäft mit uns online erweitern. Es gibt die verschiedensten Möglichkeiten, die Onlinenachfrage in sein Geschäft zu ziehen, man kann seine Ware beispielsweise aus der Filiale verschicken oder die Ware in der Filiale abholen lassen - das sind Themen, an denen wir arbeiten. Das ist eine sehr gute Ergänzung für stationäre Händler - und risikofrei, weil wir ja nur bei einem Verkaufserfolg eine Provision berechnen.
Wie wird die Ebay-Garantie angenommen? Die Händler tragen ja das Risiko und die Kosten.
Das ist eine Maßnahme, die eine Signalwirkung an den Käufer hat. Der Kunde weiß, dass er bei einem sehr guten Händler kauft, der höchste Verkäuferstandards erfüllt, er muss keine Versandkosten zahlen und hat ein 30-tägiges Rückgaberecht. Die gewerblichen Verkäufer haben das in Summe gut angenommen.
Warum sollte ein Händler über Ebay und nicht zum Beispiel über Amazon verkaufen?
Zunächst ist es ein wichtiger Punkt, dass Ebay selbst kein Geschäft betreibt, wir sind nicht selbst Händler und damit kein Wettbewerber für Verkäufer. Das ist eine ganz zentrale Unterscheidung. Zudem haben wir eine sehr große Reichweite, mehr als 128 Millionen aktive Nutzer und Käufer weltweit, die Händler adressieren können. Darüber hinaus sind wir mobil führend, unsere Apps sind inzwischen mehr als 220 Millionen Mal heruntergeladen worden. Die Angebote, die man bei Ebay einstellt, sind also automatisch mobil über verschiedene Geräte verfügbar. Last, but not least lohnt sich in jedem Fall auch ein Preisvergleich.
Sie haben im September vergangenen Jahres in Deutschland den "Feed" eingeführt, eine personalisierte Startseite. Was wird sich noch so alles ändern?
Bei der Weiterentwicklung orientieren wir uns an zwei Grundbedürfnissen der Käufer: Wir sprechen von "Need" und "Love". Need bedeutet, dass der Kunde das bekommt, was er braucht - möglichst schnell, einfach und bequem. Love sind die Dinge, die beim Einkaufen begeistern und inspirieren. Nach der personalisierten Startseite, die mit Bildern emotionaler geworden ist, starten wir bald Kollektionen, wie sie in den USA schon eingeführt wurden. Dabei kann jeder Nutzer ausgewählte Artikel nach Themengebieten bündeln und so eine eigene Kollektion erstellen. Die Funktionalität ist interaktiv, und man kann Dinge auch direkt aus Kollektionen kaufen. Außerdem werden wir den Checkout beschleunigen: Jetzt braucht man sieben bis neun Klicks für den Kauf, das reduzieren wir auf zwei bis drei Klicks. Zudem führen wir einen Warenkorb ein. Das sind alles Dinge, wo wir uns den aktuellen Marktstandards anpassen. Ebay wird sehr viel einfacher zu nutzen sein.
Wie viele Kunden haben sich die neue Startseite, die ein wenig an Pinterest erinnert, schon personalisiert?
Rund ein Drittel der Nutzer hat bereits mit dem Feed interagiert.
Markenhersteller versuchen immer wieder, den Verkauf über Ebay zu verbieten. Warum unterstützen Sie Händler im Streit mit den Herstellern? Ist der selektive Vertrieb nicht ein gutes Recht der Hersteller?
Grundsätzlich haben wir Verständnis dafür, dass Markenhersteller ihre Vertriebsstandards kontrollieren wollen. Aber die Diskriminierung eines Kanals ist nicht in Ordnung. Bietet beispielsweise ein Sportartikelhersteller seine Ware im Supermarkt an, wo die Darstellung nicht hochwertig ist, und wo es keine Beratung gibt, ist das nicht anders als ein Verkauf über das Internet. Den Onlinekanal zu diskriminieren ist Wettbewerbsverzerrung. Gerade auch für kleine stationäre Händler, die auf die zusätzlichen Onlineumsätze angewiesen sind.
Sie finanzieren die Studienreihe "Zukunft des Handels". Wie sieht die Zukunft der Branche denn Ihrer Meinung nach aus?
Ich sehe grundsätzlich drei Phasen: In der ersten Phase Mitte der 1990er-Jahre gab es noch nicht viel E-Commerce, da tastete sich zum Beispiel Ebay als Auktionshaus an das Thema Internet heran. In der zweiten Phase Anfang der 2000er-Jahre kamen weitere Onlinehändler dazu, die den gewerblichen Handel professionalisiert und deutlich effizienter gemacht haben. In der jetzigen dritten Phase verschmelzen Online- und stationärer Handel immer mehr. In dieser Phase sind wir der ideale Partner für stationäre Händler, weil wir enormes Technologie-Know-how haben und relevante Innovationen umsetzen und vorantreiben, von denen Händler profitieren können. Denn die Technologie wird mitentscheidend sein, um auch in Zukunft als Händler wettbewerbsfähig zu bleiben.
Ist Ebay also so etwas wie eine Verbundgruppe des digitalen Zeitalters?
Wir sind keine Verbundgruppe, aber wir stehen dem Händler in ähnlicher Weise als Partner zum Beispiel für technologische Dienstleistungen zur Seite. In der Verschmelzung der Online- mit der stationären Welt können wir gemeinsam mit den Händlern ganz neue Einkaufserlebnisse schaffen. Ein mittelständischer Händler kann bei dem heutigen Innovationstempo alleine nicht mithalten.
Planen Sie Ebay "Now", also die Lieferung noch am Tag der Bestellung, auch in Deutschland?
Wir müssen schauen, was die Kunden wollen und was sie bereit sind, dafür zu zahlen. Flächendeckend wird es die Lieferung am gleichen Tag vermutlich nicht geben, aber langfristig nicht darüber nachzudenken wäre auch ein Fehler.
Wann wird die Ebay-Zahlungstochter PayPal größer sein als Ebay selbst?
Das kann schon bald passieren. Die Wachstumsraten sind höher, der Markt ist auch viel größer, weil nicht nur jeder Händler, sondern nahezu jeder Gewerbetreibende ein potenzieller Partner für PayPal ist.
Interview: Sybille Wilhelm, Hanno Bender
Dieses Interview ist in der März-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Der Handel erschienen. Zum kostenfreien Probeexemplar geht es hier.