Rubelkrise, Frankreich und das Wetter: Die erfolgsverwöhnte Otto Group macht Verlust. Seit langem wächst der Konzern langsamer als der deutsche Einzelhandel insgesamt - auch online.
Doch dann ging es um die Zahlen, und es fielen öfter Worte wie "schwierig", "nicht zufriedenstellend" und "hinter unseren Erwartungen". Denn der Handels- und Dienstleistungskonzern hat das Geschäftsjahr 2014/15, das am 28. Februar dieses Jahres geendet hat, mit einem nur leichten Umsatzwachstum und einem deutlichen Rückgang im Ergebnis abgeschlossen. Insgesamt eine "sehr unbefriedigende Entwicklung", wie es Schrader ausdrückte.
125 Millionen Euro Verlust
Demnach konnte die Otto Group konnte ihren Umsatz zwar um 0,5 Prozent auf 12,057 Milliarden Euro steigern, in Deutschland um 1,1 Prozent auf 7,139 Milliarden Euro. Doch damit liegt die Gruppe hier zu Lande sogar unter dem Branchendurchschnitt von 1,5 Prozent Wachstum 2014 laut Handelsverband Deutschland (HDE). Noch schlimmer: Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) ging aber von 401 auf 79 Millionen Euro zurück. Vor Steuern (EBT) musste die Otto Group sogar einen Verlust in Höhe von 125 Millionen Euro hinnehmen.Im Geschäftssegment Multichannel-Einzelhandel war E-Commerce abermals der Wachstumstreiber. Die weltweit mehr als 100 Webshops der Otto Group konnten ihren Umsatz demnach um 5,1 Prozent oder 300 Millionen Euro auf knapp 6,5 Milliarden Euro steigern. "Wir bestätigen damit die führende Stellung der Otto Group als weltweit zweitgrößter Onlinehändler mit dem Endverbraucher", so der Vorstandschef.
In Deutschland wuchs die Otto Group im Internethandel ebenfalls um 5,1 Prozent (200 Millionen Euro) auf knapp 4,2 Milliarden Euro. Doch der HDE beziffert das Umsatzplus im E-Commerce im vergangenen Jahr hier zu Lande auf auf 17 Prozent, so dass das Wachstum der Otto Group also auch im E-Commerce weit hinter dem Branchendurchschnitt zurückgeblieben ist. "Das ist überhaupt keine gute Entwicklung, ich bin auch persönlich damit nicht zufrieden", räumte Schrader ein.
Die Töchter Otto, Bonprix und die Witt-Gruppe, die insgesamt für rund 50 Prozent des Einzelhandelsumsatzes stehen, erwirtschafteten trotz des insgesamt rückläufigen Textilmarktes "ein solides Wachstum bei ordentlichen Renditen", so der Vorstandsvorsitzende. Otto wuchs demnach um 2,9 Prozent auf 2,335 Milliarden Euro, Bonprix legte um 0,6 Prozent auf 1,295 Milliarden Euro zu. Die Baur-Gruppe steigerte die Umsätze um 0,8 Prozent auf 674 Millionen Euro und die Witt-Gruppe um 1,4 Prozent auf 726 Millionen Euro.
Umsatzrückgang bei Sportscheck
Die Erlöse der Heine-Gruppe gingen hingegen um 0,4 Prozent auf 481 Millionen Euro zurück. Der Versender Schwab gab rund 9 Prozent auf 232 Millionen Euro nach. Der Spielwarenhändler Mytoys konnte um 10,8 Prozent auf 424 Millionen Euro zulegen, "hatte jedoch mit Problemen bei der Umstellung der Logistik zu kämpfen, was zu deutlichen Ergebnisverlusten führte", so der Chef der Otto Group.Gleiches gelte für Sportscheck: "Bei den Münchnern sank zudem der Umsatz um 7,2 Prozent auf 296 Millionen Euro", berichtete Schrader. Als Grund nannte er den "warmen Herbst und hausgemachte Probleme mit der IT-Umstellung, die in der weiteren Folge auch die Logistik betrafen".
Russland und Frankreich im Minus
Während in Deutschland die Umsätze im Geschäftssegment Multichannel-Einzelhandel um 0,7 Prozent auf 6,075 Milliarden Euro zulegten, gingen die Einzelhandelsumsätze im Ausland um 3,6 Prozent auf 3,842 Milliarden Euro zurück, "vor allem bedingt durch das gestörte Russlandgeschäft mit dem Rubelverfall und den Umbau der französischen 3SI Group", so der Konzernchef. Damit habe das gesamte Segment rund 9,917 Milliarden Euro umgesetzt, ein Prozent weniger als im Vorjahr."Sehr erfreulich entwickelten sich aber unsere neuen Geschäftsmodelle", so Schrader. Insbesondere das im Mai 2014 gestartete Open-Commerce-Modell Collins mit den Marken About you, Edited und Sister Surprise habe am Markt überzeugen können: "Mit rund einer halben Million Kunden und einem zweistelligen Millionenumsatz zählt es zu den am schnellsten wachsenden Startups."
In neue Konzepte wie Collins und den Multichannel-Zahlungsdienst Yapital floss nach Schraders Angaben im abgelaufenen Geschäftsjahr ein dreistelliger Millionenbetrag, ähnlich hoch waren demnach die Investitionen in die dezentrale IT diverser Unternehmen der Otto Group. Mit jeweils zweistelligen Millionenbeträgen wurde die Logistikinfrastruktur ausgebaut und in die Beteiligung an innovativen Startups investiert.
"Über ihre Corporate Venture Töchter Eventures und Project A hat sich die Otto Group seit 2008 mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag an rund 130 jungen Unternehmen der Digitalwirtschaft in mehr als 10 Ländern beteiligt", so Schrader.
Strategischer Partner für Yapital gesucht
Angesprochen auf die Zukunft des 2011 gegründeten Cross-Channel-Payment-Anbieters Yapital, bei der Kunden stationär, mobil, online oder per Rechnung, bezahlen können, räumte Schrader ein, dass der Konzern die Intensität des Wettbewerbs unterschätzt habe: "Wir haben früh erkannt, dass das Thema, wie wir im Jahr 2020 bezahlen, richtig gut ist. Was wir allerdings nicht gesehen haben ist, dass sich im Jahr 2014 mehr als 20 relevante Investoren und Unternehmen in den Markt tummeln, darunter Technologiekonzerne wie Google und Apple."Das Multichannel-Bezahlmodell könne aber nur in Schwung kommen, wenn die Konsumenten es annehmen. Für die dazu nötigen hohen Marketinginvestitionen suche die Otto Group daher nach einem strategischen Partner.
Auch was die Zukunft des gesamten Konzerns angeht, ist Schrader optimistisch: "Die Otto Group wird im laufenden Geschäftsjahr ein Umsatzplus von 3 Prozent erwirtschaften und eine Rückkehr in die Gewinnzone schaffen", ist er überzeugt. Dabei verknüpft der 58-jährige, dessen Vertrag kommendes Jahr ausläuft, sogar seine berufliche Zukunft mit dem Erfolg: "Der diesjährige Verlust in Höhe von 125 Millionen Euro ist für mich persönlich schmerzhaft. Aber ich setze alles daran, dass das ein Ausrutscher war. Wenn der Aufsichtsrat dann findet, dass ich meinen Job gut gemacht habe und mir ein neuerliches Angebot unterbreitet, würde ich es mit Freude annehmen", so der Vorstandsvorsitzende.