Bei Quelle gehen die Lichter aus, Wettbewerber Otto präsentiert sich dagegen in bester Verfassung. Schadenfreude kommt beim Hamburger Versender jedoch nicht auf.

Aus dem Konkurrenzkampf der großen, von ihren Gründern und Besitzern geprägten Versandhäuser wie Quelle, Neckermann und Otto sind die Hamburger letztlich als die Gewinner hervorgegangen. Doch bei Otto bemüht man sich, jegliches Triumphgehabe zu vermeiden.

„Wir bedauern die Insolvenz von Quelle, vor allem im Hinblick auf die betroffenen Mitarbeiter", sagt ein Sprecher. Alles andere würde auch zu dem hanseatischen Handelshaus nicht so recht passen.

Übernahme von Lehrlingen und Tochterunternehmen

Flexiblen und mobilen Lehrlingen des Konkurrenten will Otto nun den Abschluss ihrer Ausbildung ermöglichen. Gleichzeitig spricht das Management mit dem Insolvenzverwalter über den Kauf von Spezialversendern oder mittel- und osteuropäischen Tochterunternehmen aus dem zerfallenden Quelle-Imperium.

Um die Übernahme der Muttergesellschaft haben sich die Hamburger gar nicht erst bemüht: Mit ihrer eigenen Expertise haben sie frühzeitig erkannt, dass der Konzern kaum zu retten war. „Der Umbau würde vier bis fünf Jahre dauern, aber so viel Zeit steht nicht zur Verfügung", hatte Otto-Chef Hans-Otto Schrader während der Insolvenzverfahrens gesagt.

Umsatzschub durch Quelle-Kunden

Otto geht es gut: Bei einem Umsatz von 10,1 Milliarden Euro erwirtschaftete die Gruppe vor Steuern einen Gewinn von 129 Millionen Euro. Die Gruppe besteht aus 123 Unternehmen in 19 Ländern und beschäftigt 50.000 Mitarbeiter.

Mehr als die Hälfte des Umsatzes kommt aus dem Internet; damit ist Otto der größte Onlinehändler Deutschlands und der zweitgrößte der Welt, nach Amazon. Die Zukunftsaussichten beurteilt der Konzern positiv.

Die nunmehr heimatlosen Quelle-Kunden werden nicht alle zu Otto kommen, sondern gehen ebenso zu anderen Händlern - nach Branchenkennern dürfte auch Amazon davon profitieren. Aber einen zusätzlichen Umsatzschub könnte es für die Hamburger schon bringen, wenn ein großer Konkurrent das Feld räumt.