Der neue PayPal-Deutschlandchef Frank Keller erläutert, wieso die Konkurrenz kaum Chancen hat, warum der Zahlungsdienstleister Unternehmenskredite vergibt und welche Payment-Methoden überraschenderweise so gut ankommen, dass sie nun auch beworben werden.

Bei PayPal jagt ein Rekord den anderen. Langweilen Sie diese Erfolgsmeldungen nicht langsam?
Es fängt gerade erst an, Spaß zu machen. Als Teil von eBay waren wir sozusagen umringt von Feinden. Doch das funktioniert so nicht, wir können nur gemeinsam gewinnen, wir müssen partnerschaftlich denken. Der Bezahlmarkt ist ein Trillionen-Dollar-Business. Davon haben wir noch nicht mal ein Prozent. Wir sind im Onlinebereich schon ganz gut unterwegs, das freut uns auch, denn wir haben die letzte digitale Meile gemeistert und das Onlinebezahlen für den Kunden schnell und sicher gemacht, egal auf welchen Wegen. Es wird also nicht langweilig.

Wie viel Partnerschaft verträgt sich denn mit der Konkurrenz?
Erst hatte PayPal ein eher schwieriges Verhältnis zu Kreditkartenanbietern. Jetzt haben wir Kooperationen mit Visa und Mastercard. Die Überlegung, was man gemeinsam mehr tun kann, ist spannend. Das betrifft auch die Banken. In den USA haben wir beispielsweise Citi mit einer Online-Offline-Verknüpfung einen ganz anderen Kontext gegeben, sich ihren Kunden zu präsentieren. Unseren Konsumenten gefällt das, und somit auch den Banken, die digitale Anwendungen anbieten können.


Apropos Banken: Der Onlinebezahldienst Paydirekt der deutschen Kreditwirtschaft kommt weiterhin nur schleppend voran. Denken Sie, dass da doch noch eine ernstzunehmende Konkurrenz heranwächst?
Man sollte sich anschauen, wie PayPal gewachsen ist. PayPal hat damals neue Bedürfnisse befriedigt. Zum Beispiel die Risikoverteilung, die vorher immer zu hundert Prozent beim Verkäufer oder beim Onlinekäufer lag. Händler haben gehofft, ihr Geld zu bekommen, Kunden haben gehofft, das bestellte Produkt zu bekommen. Als Onlinehandel gerade gestartet ist, ist PayPal auf der damals größten Plattform in Deutschland gestartet. Von 2004 bis 2007 sind wir ausschließlich auf dieser Plattform gewachsen und hatten dann, als es mit dem E-Commerce richtig losging, eine Lösung für ein Problem, das alle hatten.  Wir haben zuerst Händler erreicht und somit die heutige Verbreitung von um die 90 Prozent geschaffen, und auch die Verbraucherkunden gewonnen, anfangs über eBay, dann zunehmend außerhalb von eBay.

Also haben neue Anbieter heute keine Chance?
Wenn jemand kommt, der ein konkretes Bedürfnis im Mark befriedigt und einen Kundennutzen bedient, den wir nicht bedienen, hätte derjenige eine Riesenchance. Wer ein Nachahmerprodukt anbietet, hat es schwer. Onlineaffine Kunden haben ihre bevorzugten Zahlungsarten, darunter den Rechnungskauf, den wir inzwischen auch anbieten. Als Bank bedienen sie die nicht affinen Onlineshopper, das ist eine sehr schwierige Zielgruppe.

Banken und Versicherungen werden also nicht so schnell zur Konkurrenz. Gibt es vielleicht Fintechs, denen Sie zutrauen, ein neues Bedürfnis zu finden?
Wir beobachten den Markt sehr genau. Mit unseren 218 Millionen Kunden weltweit liegt unser primärer Fokus auf der Skalierung, egal, um welches Produkt es geht. Es muss global zumindest für die meisten Märkte funktionieren und den Kunden den meisten Nutzen bringen. Deswegen sind wir auch im Vergleich zu einem Fintech, das sich auf ein kleines, spezifisches Problem konzentrieren kann, nicht die Schnellsten. Doch die kommen an ihre Grenzen, wenn ihre Lösungen anfangen zu funktionieren. Dann haben sie das Skalierungsproblem und sehen, wie schwierig es ist, wenn sie plötzlich Kundensupport und Risikomanagement anbieten müssen.

"Fintechs kommen an ihre Grenzen, wenn ihre Lösungen anfangen zu funktionieren"

Frank Keller
Payment ist schwierig, das haben alle gemerkt, die in den Markt vorgedrungen sind. Die Banken haben ihre Kernkompetenzen, die Fintechs haben ihre Kernkompetenzen mit ihrer Innovationsfreudigkeit und wir haben unsere Kernkompetenz in der Skalierung der digitalen letzten Meile. Deshalb schauen wir uns die genau an und investieren auch in interessante Ideen.

Sie wollen ihre strategischen Partnerschaften mit den Kreditkartenanbietern auch in Europa ausbauen. Was bedeutet das konkret?
Wir haben ein Programm, das auf Englisch Choice heißt. Dieses ist entstanden, weil wir in den USA gesehen haben, dass Kunden die Kreditkarte als bevorzugtes Zahlungsmittel bei PayPal einsetzen möchten. PayPal funktioniert ja so, dass der Kunde zum Händler hin über PayPal bezahlt, wir aber aus der Historie heraus eine Hierarchie haben, wie wir das Geld einziehen. Zuerst greifen wir auf das Guthaben auf dem PayPal-Konto zurück, dann ziehen wir das Geld vom hinterlegten Bankkonto ein, und zuletzt von der Kreditkarte. Aber da inzwischen viele Kunden ein Bonusprogramm mit ihrer Kreditkarte haben, wollen sie natürlich Punkte sammeln und ärgern sich, dass PayPal immer vom Bankkonto abbucht und sie die Zahlung per Kreditkarte jedes Mal extra anklicken müssen. Bei Choice kann der Kunde nun seine bevorzugte Zahlungsart festlegen.

Der Börsenkurs ist nach der Ankündigung kurzzeitig abgesackt, die Analysten fürchteten höhere Kosten für PayPal.
Ja, das ist richtig. Allerdings ist der Nutzen, einem Kunden die freie Wahl zu geben, größer. Deshalb sind auch unsere Quartalszahlen so gut. Wir sind stärker, wenn wir dem Kunden entgegenkommen und ihn nicht bevormunden. Das ist eine Mentalität, die in Deutschland nicht so verbreitet ist, aber die ich zum Beispiel im Rahmen von Kooperationen mit den Banken auch nach Deutschland bringen will.

Reden Sie miteinander?
Ich glaube, dass die heutige Situation eine künstlich geschürte ist, bei unseren Kunden findet sie so nicht statt. Wir können mit den Banken gemeinsam voranschreiten, denn sie haben Kompetenzen, die wir gar nicht aufbauen können und wollen.  Wir sind eine Technologieplattform, wir wollen keine klassische Bank sein.

Aber mit PayPal Working Capital haben Sie vor rund vier Jahren in den USA ein Finanzierungsprodukt für kleine Unternehmen eingeführt, das auch nach Deutschland kommen soll. Das ist ja ein bisschen Richtung Bank.
Richtig. Es ist ein tolles Produkt, das es so am Markt nicht gibt. Bei einem klassischen Kredit ist die Antragsstrecke in aller Regel analog, vor allem im Firmenkundenbereich. Die Kreditprüfung dauert relativ lange, bis Sie dann ihr Geld haben, ist das ein komplizierter Prozess. Wir setzen auf einen ganz schnellen digitalen Prozess. Wir kennen unsere Kunden, wir kennen ihre Transaktionshistorie, wir kennen ihre Umsätze mit uns. Wenn nun beispielsweise ein Händler zu uns kommt und sagt, er will 10.000 Euro haben, um Ware für das Weihnachtsgeschäft vorzufinanzieren, machen wir eine Risiko- und Kreditwürdigkeitsprüfung im Hintergrund, und ein paar Sekunden später hat der Händler das Geld auf seinem Konto.

Zu welchen Konditionen?
Wir setzen keinen klassischen Zins an, sondern arbeiten mit einer fixen Einmalgebühr. Wir sagen sofort „10.000 Euro kosten Summe X“ und Sie haben beliebig lange Zeit zurückzuzahlen. Was der Händler in dem Moment angeben muss, ist ein Prozentsatz seines Umsatzes, den er zur Rückzahlung seines Kredits abführen will.

Welche Vorteile hat der Weihnachtsmützenhändler?
Er hat mehrere Vorteile. Da die Rückzahlung direkt an den Umsatz gekoppelt ist, kann er die Ware im Sommer ordern und muss den Kredit erst abbezahlen, wenn im Herbst der erste Euro durch die Mützen reinkommt. Je höher der Prozentsatz ist, den er abführt, desto geringer ist die Gebühr, die wir fordern. Der Händler weiß also genau, worauf er sich einlässt. In Zukunft könnte ich mir neue Finanzierungsmodelle auch in Partnerschaft mit einer Bank vorstellen.

Inwiefern?
Wir sind bei der digitalen Antragsstrecke gut, dort, wo die Transaktion stattfindet, schnell und reibungslos, und auch bei innovativen Produktideen. Die Banken sind sehr stark bei dem, was im Backend passiert und bei der Kundenbetreuung. Also warum nicht Partnerschaften eingehen.

Welche Rolle werden Ihrer Meinung nach die Peer-to-Peer-Zahlungen spielen, also eine direkte Zahlung zwischen zwei bekannten Personen beispielsweise über einen Messenger?
Wir sind aktuell vermutlich mit der größte Peer-to-Peer-Anbieter in Deutschland. Sie können heute kostenfrei Geld an Freunde und Familie senden und empfangen. Wir haben gesehen, dass sich heute Dinge in einen Kontext verlagern. Wenn Sie sowieso gerade mit jemanden chatten ist es sinnvoll, dort auch eine Zahlungsmöglichkeit zu integrieren. In den USA ist Venmo ein großes Thema. Zielgruppe sind Millennials, die im sozialen Kontext über das Mobiltelefon Geld senden wollen, etwa einem Kumpel den Anteil an der Gesamtrechnung für das Essen im Restaurant. Deshalb kooperieren wir beispielsweise auch mit Facebook und Skype.

Wie sieht Ihrer Meinung nach eine intelligente Bezahllösung in Zukunft aus?
Das eigentliche Bezahlen wird in den Hintergrund treten. Kunden wollen sich darauf konzentrieren, Waren oder Dienstleistungen zu kaufen. Bezahlen ist dabei das notwendige Übel, weshalb es so einfach und sicher wie möglich passieren muss, wie beispielsweise bei One Touch.

Sind die Konsumenten hierzulande schon so weit?
Den Deutschen ist das noch ein bisschen unheimlich, wenn sie beispielsweise gar kein Passwort mehr eingeben müssen. Das ist die lokale Komponente beim Payment, sie müssen immer auf die Bedürfnisse des jeweiligen Marktes eingehen. Für solche lokalen Adaptionen haben wir in unserer Deutschlandzentrale ein Lab, also ein kleines Forschungslabor. In dieses laden wir regelmäßig Konsumenten ein, um neue Dinge praktisch zu testen und uns zu sagen, was sie von dem jeweiligen Angebot halten.

Welche weiteren Trends beobachten Sie?
Zahlungen werden komplett in das Gesamterlebnis eingebunden. Wenn man heute beispielsweise bei Uber ein Taxi bestellt, hat man mit der Bezahlung außer bei der Bestellung nichts mehr zu tun. Das wird auch im Handel passieren. Wenn Sie sich heute beispielsweise eine Jacke kaufen wollen, dann sehen Sie eine schöne in einem Magazin, gehen zu dem Händler Ihrer Wahl oder suchen online, bis Sie eine ähnliche Jacke finden und dann kaufen Sie. Es wäre viel schöner, diese Jacke direkt zu kaufen, ohne die Umgebung zu verlassen, in der Sie die Jacke entdeckt haben. Wir werden immer mehr sehen, dass Händler zu Inhalten Stellung beziehen und ihre Produkte in einen Gesamtzusammenhang stellen müssen und dort dann auch der Kauf stattfindet.

Wie können sich Händler darauf einstellen?
Was wir heute sehen, sind die ersten Gehversuche. Man behilft sich noch mit Links oder ähnlichen Dingen. Aber der Trend wird in diese Richtung gehen. Das erfordert auch ein Umdenken der Händler. Sie kaufen nicht mehr nur Ware ein und verkaufen sie anschließend, sondern müssen in Inhalten denken. Das ist das, was der Kunde will. Die Welt wird komplexer, aber das Bezahlen muss einfacher werden. Dafür sind wir da.

Frank Keller
© Roland Horn
Frank Keller
Und offline?
Da steht uns die Revolution noch bevor. Als ich 2011 zu PayPal kam, sind wir davon ausgegangen, dass mobiles Bezahlen die Zukunft ist. Da warte ich bis heute drauf, 50 Prozent der Bezahlvorgänge an der Ladenkasse sind in Deutschland weiterhin bar. Bar! Die Deutschen lieben ihr Bargeld, die Karte hat sich nie so recht durchgesetzt. Wir werden hierzulande eine Stufe überspringen und mit mobilen Geräten aller Art bezahlen. Auch NFC hat sich inzwischen durchgesetzt. Aber es wird sich alles nicht so schnell entwickeln, wie alle denken.
Warum?
Es gab bislang einfach noch nicht die eine Killer-Applikation, die den Kunden echten Mehrwert bringt. Wir haben beispielsweise eine Partnerschaft mit Vodafone, man kann dort über sein Android-Handy kontaktlos per NFC bezahlen. Ich war vor kurzem in London und habe alle Fahrten mit der U-Bahn im Vorbeigehen per Handy bezahlt. Am Ende des Tages konnte ich anhand der Nachrichten von PayPal zu meinen Zahlungen direkt sehen, dass ich an dem Tag 3 Pfund für die Fahrten ausgegeben habe. Das sind die ersten Anzeichen, wie wir den Leuten einen Mehrwert gegenüber Kreditkarten oder Bargeld bieten können.
Wir werden alle noch ganz viel lernen müssen, um die eine Killer-Applikation auf die Beine zu stellen. Aber das wird kommen. Die Bereitschaft der Konsumenten für solche Anwendungen steigt kontinuierlich. Bis dahin haben wir noch eine Menge zu tun, damit unsere Kunden, die uns im Moment im Schnitt nur alle 14 Tage nutzen, täglich mit uns zahlen und „ich paypals dir“ ein ganz normaler Begriff im Markt wird.

"Mit PayPal.Me entsteht ein Markt jenseits des klassischen Onlinehandels, den wir gar nicht auf dem Schirm hatten"

Frank Keller
In welchen Anwendungsszenarien sehen Sie noch Potenzial?
Zum Beispiel PayPal.Me, was ursprünglich als reines Konsumentenprodukt gebaut wurde, aber auch von unseren Geschäftskunden genutzt wird. Sie können sich als Unternehmen mit PayPal.Me eine Bezahlseite bauen und schicken dann Ihren Kunden den URL-Link, über den diese einfach bezahlen können. Obwohl wir das Produkt in Deutschland nie groß vermarktet haben, laufen signifikante Umsätze darüber. Daher haben wir uns die Nutzungsszenarien angeschaut und gesehen, dass viele Handwerker dieses Produkt nutzen. Da entsteht also ein Markt jenseits des klassischen Onlinehandels, den wir gar nicht auf dem Schirm hatten. Jetzt schicken wir die Anwender in unser Lab und fragen, ob sie mit dem Produkt zufrieden sind und wo wir nachbessern können.

Wie läuft das Bezahlen an den Shell-Tankstellen mit Tankwart-Service, bei denen die Kunden ihre Fahrzeuge nicht mehr verlassen müssen?
Das wird immer besser angenommen. Die Konsumenten wollen eine nahtlose Verbindung der Online- mit der Offlinewelt und wir müssen ihnen die entsprechenden Anwendungen für die jeweilige Situation anbieten. Zum Beispiel will ein Familienvater mit den Kindern im Auto in die Tankstelle reingehen und Eis kaufen. Ist er aber auf dem Weg zu einem Meeting knapp mit der Zeit, will er so schnell und so einfach wie möglich tanken.

2013 ist Ihr Pilotprojekt in Oldenburg gescheitert, bei dem 32 Händlern QR-Codes in ihre Schaufenster integriert haben, um On- und Offline-Shopping besser zu verbinden. Warum hat das nicht funktioniert?
Die Idee ist nach wie vor gut. Wir hatten damals angefangen mit QR-Codes, die der Händler ins Schaufenster klebte, der Kunde abfotografierte und so die Bestellung aufgeben und direkt bezahlen konnte. Die Kundenakzeptanz war nicht so, wie wir sie uns vorgestellt hatten. Auch da dachten wir, die mobile Revolution findet schon statt. Aber erstens war die Smartphone-Durchdringung noch nicht so wie heute, zweitens war der Formfaktor für Deutschland ungewöhnlich. Was mich immer wieder irritiert ist ein Blick auf China, wo sich QR-Codes in den vergangenen Jahren stark durchgesetzt haben. Da können Sie ins letzte Bergbauerndorf fahren und dort ein Bier in der Kneipe per QR-Code zahlen.

Mit Alipay.
Ja, aber die Parallelen sind ein ineffizientes Bezahlsystem und eine ineffiziente Bankenstruktur, die diesen Technologiesprung ermöglicht haben. Die Konsumenten haben die QR-Codes einfach als Formfaktor akzeptiert.

"Vielleicht hatten wir nicht genug Durchhaltevermögen, vielleicht waren wir zu früh."

Frank Keller
Haben Sie zu schnell aufgegeben?
Vielleicht hatten wir nicht genug Durchhaltevermögen, vielleicht waren wir zu früh. Online finden heute mehr als 50 Prozent der Transaktionen mobil statt. Klassischerweise sitzt der Konsument mit seinem Tablet auf der Couch, schaut Fernsehen und kauft ein. Wieder ist der Formfaktor entscheidend, man sitzt nicht mehr am Schreibtisch vor einem großen Bildschirm, sondern kann zu Hause oder in der Bahn nach Produkten suchen. Beim Onlineshopping überholt die Realität deutlich den Desktop. Beim klassisch stationären Einkaufen hingegen haben wir mobil noch nicht mal an der Oberfläche gekratzt.

Woran hapert‘s?
Händler sagen heute, das Bezahlen an der Kasse muss in Millisekunden funktionieren. Worüber sie sich keine Gedanken machen ist, dass der Handel auch stationär vor brutalen Umwälzungen steht. Kunden fragen sich, ob sie im Laden überhaupt die gleiche Wahl wie beim Onlineshopping haben. Was passiert, wenn die Ware nicht da ist, wie lange muss man warten oder durch wie viele Läden muss man sich quälen. Stationäre Händler müssen komplett umdenken. Die Frage ist eher, wie sie die Kasse abschaffen, statt wie sie den Bezahlvorgang an der Kasse optimieren können. Der  ist längst optimiert.

Wie sieht der nächste Schritt aus?
Seit der Einführung der Bedienungs-Scannerkassen hat sich nicht viel getan, aber das ist nur ein vorübergehender Zustand. Wir werden dahin kommen, dass bei hochwertigen Waren die Verkäufer zur Kasse werden, damit sie Geschäft machen, und die Verzahnung online und offline wird natürlich viel enger. Wie dann bezahlt wird, werden wir sehen.

Wie weit sind die deutschen Händler auf dem Weg?
Wenn wir gerufen werden, dann erkenne ich immer daran, wer mit uns sprechen will, wie weit ein Unternehmen ist: Möchte der Einkauf, der Vertrieb oder die Customer-Experience-Abteilung mit uns reden. Wenn Sie den Einkauf treffen, ist der Händler noch im letzten Jahrhundert. Da reden Sie über die falschen Dinge. Für jedes Unternehmen sind die Schlüsselkompetenzen Technologie, IT, Flexibilität und Kundenzentrierung.

Was hat es mit der Übernahme von TIO Networks auf sich, Bezahlen per Rechnung bieten Sie doch schon länger an?
Das klassische Zahlen auf Rechnung bieten wir nur in Deutschland an. Aus deutscher Sicht kann man das nicht verstehen. Der amerikanische Markt ist so ineffizient beim Zahlen, da laufen heute noch Leute mit Verrechnungsschecks durch die Gegend und zahlen beispielsweise ihre Stromrechnung damit an Extraschaltern. Da sich viele am Überziehungskredit langhangeln, können sie das auch nicht im Voraus machen oder wie wir mit Dauerauftrag oder Lastschriftverfahren. Diese Bill Payments hat TIO automatisiert. Hierzulande ist so was für die Versicherungswirtschaft interessant, die nicht mehr die großen, langfristigen Produkte verkaufen, sondern kleine Pakete mit kurzer Laufzeit, beispielsweise eine Reiseversicherung, für die die Konsumenten nicht ihre kompletten Bankdaten herausgeben wollen.

PayPal übernimmt seit einem Jahr Retourenkosten
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PayPal übernimmt seit einem Jahr Retourenkosten
Seit einem Jahr erstattet PayPal die Rücksendekosten, wenn der Kunde die Bestellung mit PayPal bezahlt hat und der Händler keine kostenlose Rücksendung anbietet. Welche Erfahrung haben Sie damit gemacht?
Die großen Händler können es sich leisten, kostenlose Retouren anzubieten. Die kleinen, die vielleicht einen Onlineshop nur neben dem stationären Geschäft betreiben, nicht. Es gibt Konsumenten, für die die Rücksendekosten ein Faktor sind, und sei es nur, dass sie den Händler nicht kennen und daher vielleicht nicht kaufen. Bei uns kann der Konsument das Paket zur Post bringen, den Rücksendeschein in seinem PayPal-Konto hochladen und bekommt dann die Kosten erstattet.

Hat das Auswirkungen auf die Höhe der Retouren?
Wir haben das in anderen Ländern schon vor einigen Jahren eingeführt, nirgends sind die Retouren nach oben geschnellt. Konsumenten dürfen diesen Service 12 Mal pro Jahr nutzen und die jeweiligen Rücksendekosten dürfen jeweils nicht über 25 Euro liegen. Wir wollen keine Rücksendeorgien finanzieren. Den Modebereich einmal ausgenommen, wollen die Kunden die bestellte Ware wirklich haben, scheuen aber das Risiko, dass der Artikel dann doch nicht der richtige ist und sie die Rücksendekosten tragen müssen.

Dürfen Onlinehändler aktiv auf die kostenlose Retouren hinweisen?
Gerne, das wird auch gut angenommen. 

Das Interview erschien zuerst in der Ausgabe 12/2017 von "Der Handel".

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