Das Kreditgeschäft brummt, nicht nur in der Investitionsfinanzierung, auch in der Konsumfinanzierung. Hier ist das Verhältnis von aufgenommenem Kredit zu verfügbarem Einkommen zwar gestiegen, liegt aber noch deutlich unter dem anderer Märkte. Aber die Zahlungsmoral geht tendenziell eher zurück: Unternehmen müssen dem Forderungsmanagement wieder größere Aufmerksamkeit widmen – und präventiv tätig werden.

 Der Gesamtbestand an Krediten sei 2018 um 6,5% gewachsen, das Neugeschäft in der Konsum- und Investitionsfinanzierung habe um 6,7% zugelegt, meldet der Bankenfachverband laut Creditreform. Wie der Anbieter von Wirtschaftsinformationen, Marketingdaten und Lösungen zum Forderungsmanagement im August ausführte, liege der Bestand an Krediten bei 181,9 Milliarden Euro, wobei die Konsumfinanzierung 133,4 Milliarden Euro und damit 73% des Gesamtbestandes ausmache: Jeder dritte Verbraucherhaushalt finanziere Konsumgüter wie etwa Autos, Möbel oder Computer per Kredit, der Marktanteil bei Ratenkrediten liege bei 63%.

Jeder dritte Verbraucherhaushalt finanziert Konsumgüter wie etwa Autos, Möbel oder Computer per Kredit.
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Jeder dritte Verbraucherhaushalt finanziert Konsumgüter wie etwa Autos, Möbel oder Computer per Kredit.

Jeder dritte Verbraucherhaushalt finanziert Konsumgüter auf Pump

Für Vorstandsvorsitzenden der Schufa Holding Michael Freytag ist der private Konsum die stärkste Stütze der deutschen Wirtschaft, er mache 53% des Bruttoinlandsprodukts aus. Im Interview mit dem DUB Unternehmer-Magazin unterstreicht Freytag nicht nur, dass der private Konsum zu einem beträchtlichen Anteil kreditfinanziert sei, sondern auch, wie wichtig in diesem Zusammenhang ein gut funktionierendes Kreditsystem ist: "Arbeitsplätze, Steuereinnahmen, Unternehmensumsätze und somit unser Wohlstand hängen davon ab!"

Die große Bedeutung der Kreditfinanzierung verdeutlicht ein zweiter Blick in die Statistiken: Laut Schufa lag die Zahl der insgesamt laufenden Ratenkredite 2018 bei rund 18,4 Millionen, was gegenüber 2017 eine Zunahme um rund 500.000 bedeutet. Auch die durchschnittliche Höhe eines 2018 neu abgeschlossenen Kredits ist im Jahresvergleich gestiegen (um 8,5% auf 11.140 Euro), der Trend zu höheren Kreditsummen habe sich 2018 weiter fortgesetzt: Am stärksten seien wie 2017 Kredite mit einer Kreditsumme von mehr als 10.000 Euro nachgefragt worden; rund 39% aller 2018 neu abgeschlossenen Kredite seien laut Schufa in diese Kategorie gefallen.

Sorge vor einem Ungleichgewicht

Nach Erhebungen von Creditreform ist der Handel der wichtigste Partner für die Ausreichung von Konsumentenkrediten. Über diesen Vertriebskanal gingen rund 48% der gesamten ausgeliehenen Summe. Weitere knapp 20 Milliarden Euro (ein Drittel der Gesamtsumme) würden über Filialen ausgereicht, rund 20 Prozent aller Konsumentenkredite über den Vertriebskanal Internet vergeben.

Angesichts des Wachstums kreditfinanzierten Konsums wächst die Sorge vor einem Ungleichgewicht im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen. Dies ist laut den Zahlen von Creditreform nicht gegeben: 2007 seien Kredite zur Konsumfinanzierung in Höhe von 9,4% des verfügbaren Einkommens abgerufen worden, 2017 (letzte verfügbare Zahl) seien es 10,3% gewesen, was einer Steigerung um weniger als ein Prozentpunkt entspricht. In Spanien und Frankreich liege das Verhältnis höher – in beiden Ländern bei 11,1%. In Großbritannien und den USA seien Konsumenten deutlich stärker bereit, Schulden aufzunehmen: 2017 habe die Konsumfinanzierung durch Kredite im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen eines Haushalts in Großbritannien 15,2%, in den USA sogar 26% betragen.

Wie gut ist die Zahlungsmoral?

Das nicht zuletzt im internationalen Vergleich niedrige Verhältnis geht einher mit einer alles in allem sehr guten Zahlungsmoral: „Fast 98 Prozent aller Konsumentenkredite werden reibungslos zurückgezahlt. Dies zeigt, dass Deutschlands Verbraucher in Geldangelegenheiten sehr verantwortungsvoll handeln“, sagte Schufa-CEO Michael Freytag anlässlich der Vorstellung des Schufa Kredit-Kompass 2019.

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Im längerfristigen Vergleich befinde sich das Rückzahlungsverhalten bereits seit vielen Jahren auf sehr hohem Niveau. Besonders erfreulich sei die Entwicklung bei den jüngsten Kreditnehmern: Ihre Rückzahlungsquote liegt mit 98,3% noch über dem Durchschnitt.

Mag das Bild insgesamt auch sehr positiv aussehen, so verdichten sich in jüngster Zeit jedoch die Anzeichen, dass die Risiken für Lieferanten und Kreditgeber zunehmen. Im ersten Halbjahr 2019 hat Creditreform festgestellt, dass sich im B2B-Bereich das Zahlungsverhalten der Kunden verschlechtert habe und Zahlungsverzögerungen weiter zugenommen hätten.

Unter anderem habe der Anteil und damit die Abhängigkeit der Kreditgeber von Großkunden weiter zugenommen; auf Großunternehmen entfalle den Löwenanteil am ausstehenden Forderungsbestand in Deutschland (62,7%, gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Zunahme um 1,5%).

Forderungsverluste können für mittelständische Händler auch den Ruin bedeuten, wenn sie überhand nehmen
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Forderungsverluste können für mittelständische Händler auch den Ruin bedeuten, wenn sie überhand nehmen
Parallel hierzu seien Forderungsverluste im Mittelstand (Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten und einem Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro) im Herbst 2018 etwas häufiger aufgetreten als im Vorjahr, wobei 6,2% der Befragten Forderungsverluste von über 1,0 Prozent des Umsatzes hinnehmen mussten. Dies sei ein höherer Anteil als im Vorjahr gewesen, als dern Anteil 4,2% betragen habe.

Risiko-Signal Insolvenzen

Vor dem Hintergrund der abflauenden Industriekonjunktur und perspektivisch wieder steigender Insolvenzen seien Entwicklungen wie diese ein Signal an alle Kreditgeber, das Forderungsmanagement den neuen Anforderungen anzupassen, so Creditreform. Aufgrund der guten globalen Wirtschaftslage hätten Kreditgeber ihren Zahlungseingängen in den letzten Jahren weniger Beachtung geschenkt. Dieses Vertrauen könnte in einem künftig unruhigeren konjunkturellen Umfeld enttäuscht werden.

Eine profunde Bonitätsprüfung potenzieller Kunden ist auch mit Blick auf die Zunahme an Betrugsversuchen durchaus angeraten, wie Dr. Gjergji Kasneci, Chief Technology Officer der Schufa Holding bereits 2017 in einem Interview ausführte: Demnach hätten Analysen der in den Schufa-FraudPool (SFP) eingemeldeten Fälle gezeigt, dass vor allem der Bonitätsbetrug ein weit verbreitetes Betrugsphänomen in der Kreditwirtschaft sei  – 83% der in den SFP eingemeldeten Fälle fielen in diese Kategorie. Hierbei gingen Betrüger oft sehr gewieft vor und versuchten unter anderem durch manipulierte Verdienstbescheinigungen oder Kontoauszüge ihre Kreditwürdigkeit zu erhöhen, um sich finanziell besser darzustellen als sie sind und versuchten so, sich Kredite zu erschleichen. 

Jenseits von Betrugsversuchen sind für Unternehmen im Alltagsgeschäft die Ausfallrisiken bei Neukunden sowohl im B2C als auch im B2B-Bereich deutlich größer als bei Bestandskunden. Je mehr Informationen hier über den Kunden zur Verfügung stehen, desto besser lässt sich dessen Bonität und damit das Ausfallrisiko einschätzen. Wer eine Warenkreditversicherung abschließt, kann sich gegen das Risiko von Forderungsausfällen aus Warenlieferungen, Werk- und Dienstleistungen für private oder gewerbliche Kunden abzusichern und so die Liquidität des Unternehmens sichern.

Eine Bonitätsprüfung, die Bestandteil einer Warenkreditversicherung ist, sollte gründlich, nicht langwierig sein, betont Grit Bantow, Leiterin Center of Competence B2B der Schufa Holding: "Die Information, ob das Risiko bei einem Neukunden tragbar ist, beziehungsweise ob ein Stammkunde seine Rechnung noch immer zuverlässig zahlen kann, muss heute auch bei Geschäften zwischen Unternehmen so schnell gehen, wie wir es als Privatkunden zum Beispiel auch beim Online-Shopping gewohnt sind.“

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