Jetzt kaufen und später bezahlen, auf Englisch "Buy now, pay later (BNPL)" - in der Pandemie hat dieser Service bei den Onlinekunden an Beliebtheit gewonnen. Während BNPL bei den großen Onlinehändlern bereits gang und gäbe ist, müssen kleinere und mittlere Anbieter ihre Ressourcen strategisch clever einsetzen, um mithalten zu können. Was beim Einsatz von BNPL-Methoden zu beachten ist, erklärt Ken Serdons vom Zahlungsdienstleister Mollie.

Nach der Studie „Shopping 2020 – Entwicklungen des Konsumentenverhaltens und die Relevanz des Ratenkaufs“ des IFH KÖLN erhöhte sich der Ratenkauf in der Pandemie bisher um acht Prozentpunkte. 47% der Befragten gaben an, einen Ratenkauf mindestens einmal als Zahlungsmethode ausgewählt zu haben.

Vor allem bei hohen Beträgen wünschen sich immer mehr Käufer eine spätere Zahlung. Bei einem Warenkorbwert von über 500 Euro liegen die BNPL-Angebote bereits auf Platz drei der bevorzugten Zahlungsarten.

Deutschland ist der größte BNPL-Markt in Europa

Im Jahr 2020 befanden sich nach Untersuchungen von Statista acht der zehn wichtigsten globalen BNPL-Märkte in Nordwesteuropa. Der Marktanteil von BNPL-Diensten bei inländischen E-Commerce-Zahlungen ist sowohl in Schweden als auch in Deutschland etwa zehnmal höher als im Rest der Welt.
Buy-now-pay-later-Methoden können im Onlinehandel dazu beitragen, Warenkorbwerte zu erhöhen und die Conversion Rate zu steigern.
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Buy-now-pay-later-Methoden können im Onlinehandel dazu beitragen, Warenkorbwerte zu erhöhen und die Conversion Rate zu steigern.
Dies ist wahrscheinlich auf die Beliebtheit des schwedischen BNPL-Anbieters Klarna zurückzuführen, der bei den deutschen Verbrauchern im Jahr 2020 eine der meistgenutzten Online-Zahlungsmethoden war.

Deutschland ist mittlerweile der größte BNPL-Markt in Europa, zeigen die Erhebungen der irischen Marktforscher von ResearchAndMarkets. Vermutlich liegt dies auch daran, dass Klarna bereits seit 2010 mit Kauf auf Rechnung zu den Pionieren hierzulande zählt und 2015 den Ratenkauf einführte.

Immerhin 21% der deutschen Online-Käufer nutzen aktuell BNPL-Angebote. Deshalb gehen die Marktforscher auch davon aus, dass sich der Trend fortsetzt. Die jährliche Wachstumsrate schätzt Klarna auf rund 24% zwischen 2021 und 2028. Der Bruttowarenwert in Deutschland, der mit BNPL-Methoden beglichen wird, soll von über zwölf Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 auf 83 Milliarden US-Dollar im Jahr 2028 ansteigen.

Jüngere Kunden sind die Treiber

Aber nicht nur in Deutschland verstetigt sich der Trend zu BNPL-Methoden. Vor allem jüngere Verbraucher in ganz Europa zwischen 18 und 34 Jahren bevorzugen sie mittlerweile, was wohl auch daran liegt, dass einige noch keine Kredit- oder Debitkarte erhalten. Viele schrecken auch die Gebühren ab. So verwundert es nicht, dass fast alle Studien zu BNPL zu dem Ergebnis kommen, dass in dieser Altersgruppe bis zu 70% der Hauptnutzer zu finden sind.

Jeder dritte britische Verbraucher nutzte BNPL Anfang 2020 häufiger als zuvor. Der Grund der Briten: Mit BNPL-Apps können sie einen bestimmten Prozentsatz des Gesamtkaufpreises anzahlen und dann den Rest in Raten über einen bestimmten Zeitraum hinweg abbezahlen.

Höhere Bestellwerte, weniger Kaufabbrüche

Zudem bietet BNPL Onlineshoppern mehr Flexibilität als Kreditkarten sowie häufig günstigere Zinssätze. Ein weiteres gewichtiges Argument für viele: Lange Genehmigungsprozesse entfallen, und BNPL hat keinen Einfluss auf die Kreditwürdigkeit. Gerade jüngere Käufer schonen so ihre Budgets und können sich schneller mehr leisten.

Nach Erhebungen von WooCommerce steigert dies den Bestellwert und die Conversion Rate und senkt zugleich die Abbruchraten. Vor allem, wenn sich im Warenkorb ein höherer Gesamtbetrag addiert, sinken mit BNPL die Kaufabbruchraten, weil durch die über Monate verteilte Ratenzahlung die Bereitschaft steigt, den Kauf dennoch abzuschließen.

Händler müssen sich auf lokale Zahlungsvorlieben einstellen

Vor allem deutsche Onlinehändler müssen auch bedenken, dass der grenzüberschreitende Onlinehandel an Bedeutung gewinnt. Über die Hälfte der europäischen Onlineshopper und vor allem unsere unmittelbaren Nachbarn, Österreicher, Schweizer, Niederländer und Polen, aber auch die von Versorgungsengpässen gebeutelten Briten kaufen Waren gerne in deutschen Onlineshops.

Fast überall in Europa zählen deutsche Onlineshops zu den Top-3-Shopping-Märkten, erbrachte die Studie Cross-border transaction engine von PPRO 2020. Aus diesem Grund gilt es für Onlinehändler hierzulande, ihren Payment-Mix zu lokalisieren. Für die heimische Kundschaft einerseits, aber auch für die internationalen Kunden andererseits. Denn auch diese erwarten selbstverständlich ihre bevorzugten Zahlungsarten in einem deutschen Onlineshop.

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Was die Konsumenten wollen

Eine Studie von Mollie nach der Cyberweek 2021 deutet, wie schon die Zahlen aus dem Vorjahr, die hohe Relevanz der BNPL-Methode auch für kleine und mittlere Händler an. Die meisten in der Studie untersuchten Regionen waren im vergangenen Jahr pandemiebedingt strengen Beschränkungen ausgesetzt und die Verbraucher finanziell stärker belastet.

Das Wachstum im E-Commerce bleibt dennoch bestehen, auch weil die Menschen die hohe Flexibilität beim Bezahlen schätzen. Große und kleine Marken machen sich dies zunutze, um Kunden zu erreichen, die sich mit ihren derzeitigen finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt fühlen oder BNPL für eine günstigere Zahlungsweise halten.

Was beim Einsatz von BNPL zu beachten ist

Bei allem berechtigten Enthusiasmus müssen KMUs beim Einsatz von BNPL einiges beachten. Während BNPL bei den großen Onlinehändlern bereits gang und gäbe ist, müssen kleinere und mittlere Onlinehändler ihre Ressourcen besonders strategisch und clever einsetzen, um mithalten zu können.

Als erstes wäre dies die Analyse bestehender Kundensegmente und der gewünschten Zielgruppe. Wie ist die Altersstruktur, finden sich die besonders BNPL-affinen 18- bis 34-Jährigen darunter? Wie groß ist der durchschnittliche Warenkorb derzeit und welchen Eurobetrag soll er in Zukunft haben?

Zusatzkäufe oder einfach Rechnungskäufe?

Hier gilt es abzuwägen, ab wann sich BNPL lohnt, denn je nach Anbieter werden bis zu 3% des Transaktionsbetrags fällig. Damit verbunden ist auch die Frage, ob einer der mittlerweile zahlreichen externen Anbieter BNPL für ein KMU abwickeln soll oder ob sich durch eine Inhouse-Lösung die Kosten reduzieren lassen.

Möglich ist es auch, so die Kundenbindung zu erhöhen und genauer zu verstehen, ob sich hinter dem BNPL-Wachstum wirklich zusätzlich abgeschlossene Käufe verstecken oder ob dies schlicht Rechnungskäufe sind, die nun als BNPL gelabelt werden. Fakt ist, dass Käufer eine spätere Zahlung zunehmend erwarten. Eine baldige Einbindung von BNPL ist daher sinnvoll, trotzdem sollten sich Händler bei den Schlüsselentscheidungen nehmen.

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