Kundenschwund in den Läden, Hochfrequenz im Netz: Wie der E-Commerce das Düsseldorfer Textilhaus Peek & Cloppenburg in Schwung bringen soll, erläutert Digitalchef Nicolay Merkt im Interview mit etailment.de.
Herr Merkt, Sie verantworten bei Peek & Cloppenburg die E-Commerce-Geschäfte und den Umbau zu einem Omnichannel-Unternehmen. Was tun Sie und was lassen Sie?
Wir befinden uns in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess, der darauf ausgerichtet ist, immer aus der Perspektive der Kunden zu denken. Davon machen wir unsere Investitionsentscheidungen abhängig und das ist auch der Grund, warum wir beim Thema Omnichannel bedacht agieren. Am Ende stimmen die Kunden mit den Füßen ab. Wenn der Kunde das nicht möchte, braucht niemand hochtechnisierte Verkaufshäuser. Auch das Thema Click & Collect betrachten wir durchaus kritisch. In Deutschland ist das nach wie vor ein eher schwieriges Thema. Das liegt sicher auch daran, dass wir hierzulande mit 65 Häusern nicht flächendeckend agieren.
Sie sprechen von der Sicht des Kunden. Was wollen Ihre Kunden denn?
Insbesondere in den kleineren Häusern wünschen sich die Kunden, dass wir uns im Sortiment breiter aufstellen, auch als Showroom mit verlängerter Warentheke. Aber die beste Hightech-Ausstattung hat keinen Mehrwert, wenn sie nicht vom Kunden angenommen wird. Und schließlich geht es beim Thema Omnichannel auch darum, wie wir die Waren zum Kunden bringen.
Verfolgen Sie im Netz und im Laden eine einheitliche Strategie?
Ja, das erste Thema ist der gemeinsame Blick auf die Ware. Das zweite Thema: Wir bedienen dieselbe Marke. Das war früher anders. Mit Fashion ID haben wir zeitweise online eine andere Marke genutzt als stationär mit P&C. Heute nutzen wir ein einheitliches Corporate Design, die beiden Vertriebskanäle sind aufeinander abgestimmt. Das dritte große Thema ist der gemeinsame Blick auf die Daten, denn am Ende geht es immer um den einen Kunden. Dieser kauft bei uns stationär ein, er kauft online ein und er benutzt seine Kundenkarte. Am Ende stehen Daten, die uns helfen ein besseres Einkaufserlebnis zu kreieren.
Was bedeutet Omnichannel für Peek & Cloppenburg?
Das ist für uns eine Troika von Themen. Wir haben on- und offline den Blick auf die Ware und wollen dabei den größtmöglichen Austausch und Warenverfügbarkeit haben. Wo stiftet die Ware für den Kunden und aus betriebswirtschaftlicher Sicht den größten Mehrwert? Schließlich sind die Deckungsbeiträge der einzelnen Vertriebsmodelle sehr unterschiedlich.
Durch die Transaktionskosten im Distanzhandel stehen wir mit massiv reduzierter Ware vor besonderen Herausforderungen. Das ist ja auch ein Grund, warum zum Beispiel Zalando stationäre Outlets baut. Damit lässt sich ein Warenfluss ohne Transaktionskosten generieren. Wenn man sich die Lebenszeit unserer Ware anschaut, dann lässt sich Mode durchaus mit Joghurt vergleichen.
Was hat Mode mit Joghurt zu tun?
Auf dem Joghurt steht ein Verfallsdatum. Und ab dem Moment, wenn wir unsere Ware eingekauft haben, läuft ebenfalls ein Verfallsdatum gegen uns. Also müssen wir sie dem Kunden so schnell wie möglich verfügbar machen. Die Uhr tickt immer gegen uns. Dadurch wird das Onlinegeschäft ganz am Anfang der Vertriebskette zu einem sehr interessanten Kanal. Durch den unbegrenzten Raum im Netz können wir dem Kunden dort schon Ware anbieten, wo der stationäre Handel das noch nicht kann. Denn online stehen wir nicht vor der Herausforderung, Sommerware rauszunehmen, nur um stattdessen die Winterware präsentieren zu können.
Also lässt sich online testen, ob ein Produkt auch im stationären Geschäft Chancen hat?
Das ist bei einem Pre-Order-Modell wie unserem schwierig, auch wenn wir heutzutage im Modehandel immer öfter selbst während der laufenden Saison noch Ware nachkaufen müssen. Natürlich kauft man hauptsächlich die Renner nach. Unsere digitale Sparte liefert hier viele Daten an die Unternehmensgruppe, mit denen die Zentraleinkäufer der Gruppe bedient werden. Wir senden unseren stationären Kollegen die ersten Signale, was läuft und was nicht. Und noch weiter: Wir schauen uns bereits sehr früh an, was die Leute bei uns auf der Plattform suchen und loten sozusagen aus, wie interessant ein bestimmtes Thema werden könnte, welche Trends man bedienen muss.

Bei uns gehören Gratis-Retouren ebenso zum Geschäftsmodell, wie bei anderen großen Onlinehändlern auch. Versand und Rückversand sind gratis.
Wie hoch ist denn Ihr Retouren-Anteil?
Um die 50 Prozent – ein branchenüblicher Wert.
Wenn Sie also online wachsen, wächst dann nicht auch Ihr Retourenanteil und belastet zunehmend Ihr Ergebnis?
Das sehe ich anders. Denn am Ende geht es darum, ob man es schafft, über alle Bereiche hinweg einen positiven Deckungsbeitrag zu erzielen. Sieht man einmal von möglichen Staffelraten ab, die man mit dem Logistiker vereinbart, bleiben die Transaktionskosten pro Paket gleich. Am Ende ist es in punkto Kosten egal, ob ich eines oder 1.000 Pakete verkaufe. Viel spannender ist doch die Frage, was und wie viel in einem Paket drin ist – also die Zahl der Teile und deren Wert. Mit Blick auf die Sortimentsstruktur vermute ich, dass bei P&C die Warenkörbe etwas größer sind als bei unseren Online-Konkurrenten. Das lässt unter dem Strich eine höhere Retourenquote zu, weil der Erlös damit höher ist. Meines Wissens haben wir im Marktvergleich außergewöhnlich hohe Warenkörbe.
Warum sind Ihre Warenkörbe größer als bei Konkurrenten?
Das kommt von unserer etwas anders strukturierten Zielgruppe, die tendenziell solventer sein dürfte und deshalb auch ein anderes Sortiment mit hochwertigeren Marken bevorzugt. Das führt unterm Strich zu dem höheren Warenkorb, der es uns in der Summe dann ermöglicht hat, trotz einer eher hohen Retourenquote ein gutes Geschäftsmodell aufzubauen.
Am Ende zählt, was unter dem Strich herauskommt. Dieses Geschäftsmodell wird immer mit Retouren zu tun haben. Auch im stationären Geschäft kauft der Kunde nicht alles, was er in die Umkleide mitnimmt. Da bleiben oft auch mal drei bis vier Hosen hängen. Das macht nichts, solange am Ende doch eine oder besser zwei teure Hosen gekauft werden. Ob im Laden oder im Netz spielt keine Rolle."Trotz einer eher hohen Retourenquote konnten wir ein gutes Geschäftsmodell aufbauen."
Also lässt sich trotz hoher Retourenquoten Geld verdienen?
Ja, ich denke, dass dieses Geschäftsmodell in Deutschland funktioniert – vorausgesetzt, wir bewegen uns weiterhin in dieser logistischen Zauberwelt, wo insbesondere von den großen Onlinehändlern sehr günstige Paketpreise verhandelt worden sind. Da diese für die Versender jedoch nicht auskömmlich sind, werden sich zwangsläufig die Preise erhöhen. Wenn dadurch also die Transaktionskosten steigen, muss das Geschäftsmodell des Onlinehandels ganz anders bewertet werden. Denn der größte Kostenblock des E-Commerce ist die Logistik.
Das lässt sich nicht so leicht sagen, da wir zum einen eine eigene Mannschaft haben, aber gleichzeitig auch bei der Muttergesellschaft viele Schnittstellen und Dienstleistungen nutzen können. So haben wir zum Beispiel keinen eigenen Personalbereich, keine eigene Finanzbuchhaltung und keine eigene Rechtsabteilung. Ohne diese Funktionen aus der Gruppe kommt die Digitalsparte von P&C auf etwas mehr als 100 Leute. Wir versuchen, mit der Muttergesellschaft so viele Synergien zu nutzen wie nur möglich. Das beginnt schon bei Details wie der gemeinsamen Produktion und Nutzung von Bildern.
Wie schwer oder leicht finden Sie qualifizierte Mitarbeiter?
Es fällt P&C eher leicht, für die Zentrale in Düsseldorf gute Leute zu finden. Es gibt ganz viele Menschen, die gerne im Modebereich arbeiten wollen. Und wenn sich dann auch noch die Möglichkeit bietet, dies bei uns mit einem modernen Berufsbild zu verknüpfen, macht das P&C sehr attraktiv. Und auch unser Standort im Herzen des Rheinlands hilft dabei.
Wie arbeiten Sie im Bereich Social Media?
Das Thema hat für uns verschiedene Ansatzpunkte, denn im Bereich Social Media gibt es ja heute eine Vielzahl unterschiedlicher Plattformen. Das beginnt bei Facebook mit einer sehr breiten Zielgruppe, geht über Instagram mit jungen, sehr visuell orientierten Adressaten bis zu Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Karriere-Portalen wie Xing und LinkedIn. Man wird dem Thema Social Media nicht gerecht, wenn man es nur unter einen Oberbegriff packt. Wir sind gut beraten, wenn wir jeden relevanten Player im Markt entsprechend bespielen. Unterm Strich sind wir auf den verschiedenen Kanälen gut unterwegs.