Sind Medikamente der nächste ganz große Markt im Online-Business? Versandapotheken wie DocMorris oder Shop-Apotheke boomen, Amazon steigt in den USA mit Verve ins Geschäft ein, Zeitschriften-Verlage wie der Wort & Bild Verlag („Apotheken Umschau“) wollen im Plattform-Geschäft mitmischen. Eine Studie beleuchtet die Chancen und Herausforderungen digitaler Bestellplattformen für Medikamente.
Die digitalen Plattformen können Rückenwind erwarten. Dem Gesetzgeber sei Dank. Durch die gesetzliche geforderte Einführung des e-Rezepts im Jahre 2022 ist absehbar, dass sich auch die Umsätze rezeptpflichtiger Medikamente lokaler Apotheken in Richtung des Apothekenversandhandels verschieben werden.
Gerade die Apotheken vor Ort müssen sich auf diese Situation vorbereiten. Denn nach Einführung des e-Rezepts dürften sie im Rezept-Segment, aber auch im OTC-Bereich Umsatzrückgänge spüren. „Das Apotheken-Sterben könnte sich dadurch noch verstärken“, mahnt Studienautor Hagen Sexauer, Geschäftsführer der Strategieberatung bench-breaking.com.
Chancen gibt es laut der Studie "Lieferando für Medikamente" gleichwohl: Versandapotheken als auch “Vor-Ort-Apotheken-Initiativen“ planen Same-Day-delivery-Plattformen und buhlen um die Gunst der Apotheken. Als erste Plattform ist Doc.Green Anfang Mai 2020 mit TV-Werbung an den Start gegangen und kümmert sich um Medikamentenbestellungen für lokale Apotheken.
Doc.Green - Die neue Art Medikamente zu bestellen.
Das zeigt: Jenseits von Insellösungen und Big Playern könnten sich auch Modelle ala „Lieferando für Medikamente“ etablieren und den Apotheken vor Ort Optionen bieten.
Doc Green
Über
www.doc.green können Kunden sämtliche rezeptfreien Medikamente bestellen, die per Apothekenboten noch am selben Tag geliefert werden. Die Plattform gehört zur ApoNow GmbH.
Die sind bereits heute sehr aktiv. Laut Studie liefern schon 96% aller befragten Apotheken Medikamente per Botendienst aus, ohne dass Bestellungen über eine digitale Plattform initiiert wurden. Weitere 3% planen einen entsprechenden Service. Der Zuspruch ist hoch. Fast 2/3 aller Apotheken liefern täglich zwischen 5 und 15 Medikamente aus – 12% bringen es sogar auf deutlich mehr als 40 Bestellungen pro Tag.
Die Corona-Krise dürfte den Trend langfristig verstärken. Seit Beginn der Pandemie liefern 85% aller Apotheken vermehrt Medikamente aus und beobachten teilweise eine Verdopplung der Auslieferungszahlen.
Zwar kommen die Apotheken mit der Nachfrage bislang gut klar, doch würden sich 57% der kommenden Plattform-Initiative ProAvO anschließen.
ProAvO
An der Digitalinitiative ProAvO sind Rowa, Noventi, Sanacorp, Gehe und der Wort & Bild Verlag („Apotheken Umschau“) beteiligt. Die Handelsplattform soll Mitte Juni unter dem Namen Apora starten. Zum Start soll es auch eine TV-Kampagne geben.
Nur 9% aber einen Vertrag mit einem Riesen wie DocMorris machen. Allerdings könnten sich 80% der Apotheken vorstellen bei mehreren Plattformen gleichzeitig Mitglied zu sein.
Eine Mehrheit fordert dabei vor allem ein exklusives Liefergebiet, ein erfolgsbasiertes Vergütungsmodell, den Einsatz des eigenen Botendienstes und natürlich Online-Werbung.
ProAvo zeigt sich
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