Neben den großen Onlinehändlern werden die Hersteller selbst zu einer immer größeren Bedrohung für den stationären Handel. Ganz unverhohlen heißt es beispielsweise bei Adidas in Sachen E-Commerce „All in“. Die Ziele sind gewaltig. Die Wegmarken abgesteckt. Welche sind das?
Der Sportartikelhersteller will den E-Commerce-Umsatz bis 2020 auf vier Milliarden Euro steigern. Über seine eigenen Webseiten erreicht Adidas bereits einen Umsatz von einer Milliarde Euro, sagte Vorstandschef Kasper Rorsted der „Wirtschaftswoche“. Das Ziel scheint erreichbar. Das digitale Wachstum derzeit liegt bei 60 Prozent. Obendrein wächst Adidas auch mit den digitalen Umsätzen klassischer Handelspartner und Umsätzen bei Zalando und Co. Die kommen on top.
Doch da geht noch mehr.
Erreichen will Adidas dies unter anderem so:
- Weitere Internationalisierung der Online-Geschäfte
- Investition in Distributionszentren
- Höhere Liefergeschwindigkeit bis hin zu Same Day Delivery
Wie wichtig für Adidas beispielsweise Tempo ist, zeigt unter anderem die Kooperation mit Zalando.
Der Adidas Store in der Tauentzienstraße in Berlin war der erste Pilot für das Zalando-Konzept vom „Integrated Commerce“ und lieferte die Bestellung noch am selben Tag. Das läuft.

Kein Wunder also, wenn der Adidas-Boss und Ex-Henkel-Chef sagt: „In ein paar Jahren wollen die Leute, vor allem in den Großstädten, nicht mehr so lange warten, sondern ihre Laufschuhe vielleicht schon nach zwei, drei Stunden haben.“
Investitionen in Milliarden-Höhe
Mit Zalando arbeitet man (der Geschwindigkeit wegen) ohnehin eng zusammen. Schon 2015 gestattete man dem Onlinehändler Zalando direkten Zugriff auf das Sortiment, damit der bei großer Nachfrage Sportschuhe direkt vom Zentrallager in Osnabrück ausliefert.
Adidas lässt sich die digitale Attacke indes einiges kosten. 1,1 Milliarden Euro will man 2017 investieren. Ein großer Teil soll, so Rorsted in der „Wiwo“, in Mitarbeiter, Infrastruktur, Prozesse und Systeme rund um den E-Commerce fließen.
Die eigenen Shops haben vor allem wohl bei den Konsumenten mit einer hohen Markenaffinität die besten Karten. Hier kann eine Marke wie Adidas zudem mit direktem Dialog zusätzliche Umsätze hebeln. Und das gerade bei einer besonders kauffreudigen Zielgruppe. Punkten kann der Markenshop dabei auch mit einer besseren Verfügbarkeit an Produktinformationen und ausführlichere Informationen zu dem gewünschten Markenprodukt, die ein Händler, der mehrere Marken führt, so nicht bieten kann. Ein Offliner schon gar nicht.Exklusivität punktet
Was man auch nicht übersehen darf:
- Schneller als der etablierte Handel sind Markenhersteller mit einem hohen digitalen Reifegrad wie Adidas dabei, wenn es gilt, vielversprechende neue Werbemittel mit kurzen Wegen zur Zielgruppe zu erproben. So nutzt Adidas, auch bei Snapchat ein "Early Adopter", bereits das neue Video-Werbeformat "Collection Ads" auf Facebook mit dem auch Ausschnitte aus dem Produktkatalog des Shops angezeigt werden können, die den Nutzer dann zu Einkäufen verleiten sollen. © Facebook"Collection Ad" von Adidas
- Die Hersteller können immer Exklusivität in die Waagschale werfen. Seine neuen Fußballschuhe Glitch verkaufte Adidas exklusiv über die neue Glitch App.
- Die großen Hersteller haben auch finanziell Luft, um neue Multichannel-Lösungen zu erproben, die bei einem Erfolg zusätzliche Attraktivität für die Flagship Stores bedeuten. So setzt Adidas in seinem Londoner Flagship-Store beispielsweise auf transparente Displays zur Warenpräsentation. Darauf sieht der Kunde einen Film, der das dahinter ausgestellte Schuhmodell in Aktion zeigt.
- Adidas bietet der weiblichen Kundschaft in den USA Abo-Boxen mit Sportutensilien. Das Programm nennt sich "Avenue A".

Eifersüchtig wachen denn auch Hersteller wie Adidas, selbst mit einer Markenwelt bei eBay vertreten, mit Vertriebsbeschränkungen über die Präsenz ihrer Produkte auf Marktplätzen. Eine von „Choice in eCommerce – der Initiative für Vielfalt und Innovation im Onlinehandel“ durchgeführten Umfrage in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien unter mehr als 7.000 Händlern sah denn die Herzogenauracher 2016 auf Platz 2 der Top-Marken mit Beschränkungen. Auf Platz 1: Nike.