Die wachsende Konkurrenz durch Bio- und zuletzt auch Vegan-Supermärkte setzt den Vollwertpionieren zu. Häufig fehlt den Reformhäusern eine klare Positionierung.

"Treffpunkt gesundes Leben Reformhaus Freya" steht auf dem Schild über dem Ladeneingang. Innen erwarten den Kunden eine helle Atmosphäre, weitläufige Gänge und ein gut sortiertes Sortiment. Nicht umsonst ist das Reformhaus Freya im Frankfurter Stadtteil Dornbusch zum "Reformhaus des Jahres 2013" in der Kategorie Gesamtauftritt gekürt geworden.

In der offenen Ladengestaltung und dem modernen Ambiente liegt eine entscheidende Kompetenz, die die ganze Reformhausbranche dringend nötig hat. "Von Joghurts über Arzneimittel bis hin zur Kosmetik - unsere Artikel haben einen höheren Wert als im Lebensmitteleinzelhandel, der Apotheke oder Drogerie", ist Roland Fiedler, Inhaber der zwölf Freya-Filialen in und um Frankfurt, überzeugt. Die hohe Qualität sei ein wesentliches Merkmal von Reformhäusern. 80 Prozent der Lebensmittel bei Freya sind bio.

Vom Biohandel abgehängt

Im vergangenen Jahr feierten die Reformhäuser unter dem Dach der Neuform 125-jähriges Jubiläum, doch mit den Jahren wächst auch die Konkurrenz. "Die Gesamtzahl der Reformhäuser nimmt kontinuierlich ab. Viele schaffen es nicht, wirtschaftlich aus eigener Kraft, wieder zu wachsen, neue Impulse zu setzen und so neue Kunden heranzuziehen", sagt Fabian Ganz vom Marktforschungsinstitut Biovista.

 Zwar halte sich der Gesamtumsatz der Reformhäuser meistens auf konstantem Niveau. Er entwickle sich aber nicht so dynamisch wie etwa der Biofachhandel. "Mit jedem Jahr, in dem die Reformhäuser nicht so stark wie konkurrierende Vertriebskanäle wachsen, findet damit eine kleine Entwertung des Umsatzes statt", resümiert Ganz.

Reformhäuser zeichneten sich vor allem im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel, aber auch in der Naturkosmetik aus. Stark seien sie auch bei Produkten für Menschen mit Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten: "Ob bei der Marken- und Artikelauswahl oder in der Beratung, das Reformhaus ist hier klar führend gegenüber dem Biofachhandel", sagt Ganz. Ärzte gäben ihren Patienten häufig die Empfehlung bei Unverträglichkeiten ins Reformhaus zu gehen und sich dort beraten zu lassen.

Mit Beratungskompetenz punkten

"Der persönliche Kontakt zum Kunden ist wichtig", sagt Fiedler. Und der wird bei Freya großgeschrieben: "Wir haben in unseren zwölf Filialen insgesamt 50 Fachberater", betont der Inhaber. Die Fortbildung ist für die Angestellten bei Freya verpflichtend, Aushilfen werden nicht eingestellt. Zwar habe das Internet Kunden abgeworben aber es seien, vor allem durch die neue Ladengestaltung und die Beratung, neue dazugekommen. Auch solche die sich früher nicht über die Hemmschwelle getraut hätten, ein Reformhaus zu betreten.

Doch auch in Frankfurt lauert immer mehr Konkurrenz, die um dieselben ökobewussten Kunden buhlt. Etwa der neue Veganz-Markt im Stadtteil Bornheim. Auf 200 Quadratmetern Fläche gibt es hier ein Angebot von rund 6.000 Lebensmitteln ganz ohne tierische Inhaltsstoffe.

Von Rohkost über veganes Hundefutter bis hin zu Veggie-BBQ-Ente in Streifen - das Veganer-Paradies hat für jeden Geschmack das Passende gelistet. Jan Bredack, Geschäftsführer der expandierenden veganen Supermarktkette geht es angeblich nicht ums Geld. Der ehemalige technische Direktor bei Daimler sieht seine Vision viel mehr darin, mehr Menschen den Konsum rein pflanzlicher Erzeugnisse zu ermöglichen und die Industrie dazu zu animieren, in Produktentwicklung auf pflanzlicher Basis zu investieren.

Klare Positionierung ist schwierig

Die Nische, die der Veganer-Markt abdeckt, ist damit klar definiert. Solch eine eindeutige Positionierung täte auch den Reformhäusern gut. Roland Fiedler setzt mit seiner Reformhauskette auf solche Trends, grenzt sich aber gleichzeitig ab. "Vegetarische Produkte machen wir natürlich zum Thema, aber in einer anderen Qualität", sagt er.

"Veganz interessiert es überhaupt nicht, ob in ihren Produkten Konservierungsmittel drin sind, oder alle mögliche Chemie, nur damit es am Ende aussieht, wie ein Käse", meint er. Anders wolle man das im Reformhaus handhaben: "Wir müssen uns die Mühe geben, Produkte zu finden, die ganz ohne Chemie auskommen und trotzdem vegan sind und nach Käse schmecken."

"Reformhäuser müssen ein klareres Profil entwickeln", betont Fabian Ganz. "Sie müssen deutlich machen, wo sie besser sind als der Biofachhandel, eine Apotheke oder Drogerie." Der Berater rät zu lokal angepassten Lösungen, die je nach Standort unterschiedlich aussehen können.

Das könne etwa in einer Lage, in der ein Reformhaus kaum junge Kunden gewinnen kann, bedeuten, verstärkt um die Älteren zu werben. "Dann kann man auch mal auf ein Seniorenstift zugehen", rät Ganz. "Da werden dann schon mal ganze Gruppeneinkäufe getätigt. Dies haben wir jetzt wiederholt im Dialog mit Reformhäusern erfahren. Und was gibt es schöneres, als dadurch Umsätze zu generieren und aktiv in die Gesundheitsprävention einzusteigen."

Annette Sandhop