
„Wir konnten unsere Retourenquote um ein Drittel senken, indem wir das Retourenformular (!) nicht mehr ins Paket legten. Und ja wir verzichten gerne auf die Klientel, der diese Retourenabwicklung zu kundenunfreundlich ist“, schreibt beispielsweise Leser Martin in einem Kommentar bei etailment.
Damit dürfte der sich von den Forschern bestätigt sehen.
Seit 2012 haben die Forscher aus Jena bei ihrem „Forschungsschwerpunkt Präventives Retourenmanagement“ in Zusammenarbeit mit verschiedenen Experten führender Onlineshops insbesondere drei Instrumentengruppen zur Retourenvermeidung definiert:
- Kunden-orientierte Instrumente (wie Produktbewertungen, Avatare oder virtual-Try-On),
- monetäre Instrumente (Bspw. Gutscheine bei Nichtretoure; Geld-zurück-Garantien)
- ablauf-orientierte Instrumente (wie bspw. Durchlaufzeitoptimierung oder Erhöhung der Schikane durch Weglassen von Retourenscheinen)
Auch wenn manche Händler geradezu hoffen, mit dem Retourenschein im Paket Kunden binden zu können, und sich das auch prozessual leisten können, erteilen gerade Mittelständler der Kundenbequemlichkeit eine Absage.
"Kunden, die bei einer Komplettretoure einer Auswahlbestellung in fast zweistelliger Artikel-Zahl mosern, sie hätten keinen Retourenlabel im Paket gefunden, können auch uns gestohlen bleiben. Wenn wir auch früher auf Retourenanträge unserer Amazon-Kunden mit einem Retourenlabel-Email antworteten, mussten wir auch diesen Service wieder einstellen, weil Kunden oft gar nicht wissen, was sie wo bestellt haben. Es schien, als erhalte der Händler, der als erster eine frankierte Rücksendung ermöglicht, den "Jackpot" aus allen zu retournierenden Artikeln. Da kam so manches Packerl zusammen, mit Ware, die uns gar nicht gehört. Wegen untragbarer Folgekosten also wieder gecancelt", schreibt Leser Markus bei etailment.
Wer also partout Retouren vermeiden will, dem raten auch die Studienautoren, es dem Kunden möglichst umständlich zu machen: So seien das Nicht-Beilegen von Retourenscheinen sowie keine Erklärung des Retourenprozesses sehr wirksame Instrumente, welche je nach Präferenz ausgewählt werden sollten. Gleichzeitig aber raten die Forscher vor allem zu Produktbewertungen, um Retouren im Vorfeld zu vermeiden.
Doch Vorsicht: Womöglich verprellt man gerade durch eine starre Haltung bei Retouren, genau jenen Kunden, der eigentlich zufrieden war und bei einem weniger komplexen Umtausch eines schlichten Fehlkaufs gerne wieder gekommen wäre.
Aus Jena kommt denn auch der Rat, die einzelnen Instrumente Kunden- und Produktspezifisch einzusetzen. Also je nach Produkt oder Produktgruppen und je Kunde und Kundengruppe unterschiedliche Instrumente zur Retourenvermeidung anzuwenden. Kunde ist schließlich nicht gleich Kunde. Frauen sind beispielsweise eher geneigt Mode zu retournieren, als dies Männer tun. Jüngere Konsumenten sind eher geneigt Mode zu retournieren, als dies ältere tun.
Zudem kann nach Ansicht der Forschergruppe Predicitve Analytics helfen, Retouren präventiv zu vermeiden, solle Big Data genutzt werden, um Retouren- und Kundenmuster zu analysieren (bspw. indem bisherige Bestell- und Retourendaten verglichen werden). Manchmal kann es sogar schon helfen, Daten von Produktbewertungsportalen zu Rate zu ziehen. Vielleicht ist das Produkt im Shop ja wirklich Murks. Den vermeintlichen Kassenschlager aus dem Sortiment zu werfen, kann da eine ganz konkrete und schlichte Maßnahme sein, um sich Retouren – und unzufriedene Kunden – vom Hals zu halten.