Die Rewe-Gruppe verhandelt mit den Banken neue Konditionen für EC-Kartenzahlungen. Auch dm-drogeriemarkt und die Douglas Holding rütteln am bisherigen Gebührenmodell. Die neue Freiheit hat aber auch einen Verlierer.
Im Gegenzug wird die Rewe künftig voraussichtlich auf den Einsatz des elektronischen Lastschriftverfahrens (ELV) verzichten und sämtliche Zahlung mit der Girocard (früher: EC-Karte) über das PIN-gestützte EC-Cash-Verfahren der Deutschen Kreditwirtschaft abwickeln.
"Bei Rewe erfolgen bislang rund 60 Prozent der Zahlungen per ELV. Diese Transaktionen gehen derzeit an uns vorbei", erläutert ein Zahlungsverkehrsexperte aus der Kreditwirtschaft, der namentlich nicht genannt werden möchte, gegenüber derhandel.de. "Mit der neuen Vereinbarung wollen wir diese Transaktionen hinzugewinnen und senken dafür die Gebühren für alle EC-Cash-Transaktionen von 0,3 auf 0,2 Prozent vom Umsatz". Das Angebot der Sparkassen-Finanzgruppe für die Kölner soll rückwirkend zum 1. Januar 2012 wirksam werden.
Einheitliches Gebührenmodell für EC-Karten bröckelt
Ein Vertreter der Rewe-Gruppe bestätigte auf Nachfrage von derhandel.de Gespräche, ohne konkrete Zahlen oder den Verhandlungsfortschritt zu kommentieren. "Auch wenn es zu einer Einigung kommen sollte, werden wir das kartengestützte Lastschriftverfahren immer als Notfallsystem im Hintergrund bereit halten", betonte der Handelsmanager.Die sich abzeichnende Lösung steht stellvertretend für viele Verhandlungen, die derzeit zwischen großen Handelsunternehmen und Vertretern der beiden Bankverbände geführt werden. Auf Druck des Bundeskartellamtes ersetzen die Kreditinstitute das bisherige einheitliche Gebührenmodell für Debitkartenzahlungen durch individuelle Vereinbarung mit Händlern.
"Die EC-Cash-Gebühren sind verhandelbar und werden auch verhandelt. Mit einer Reihe von Handelsunternehmen wurden bereits neue Regelungen getroffen", bestätigte Ralf-Christoph Arnoldt, Leiter Zahlungsverkehr im Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), am Rande der Euroforum Jahrestagung Bargeldlogistik vergangene Woche in Mainz, einen entsprechenden Bericht der "Lebensmittel Zeitung" zu den neuen Händlerbedingungen im EC-Cash-Verfahren.
Nach Informationen von derhandel.de haben dm-drogeriemarkt und die Douglas Holding bereits entsprechende Vereinbarung abgeschlossen oder aber ausverhandelt. Der Vertrag mit der Rewe-Gruppe soll in den nächsten Wochen unterschrieben werden. Für die Verträge sind Laufzeiten zwischen drei und fünf Jahren üblich. Das Bundeskartellamt sei über die Vorgehensweise informiert, betonen die Vertreter der Kreditwirtschaft.
Mit den privaten Banken gibt es dagegen bislang keine Einigungen über abweichende Gebührensätze. Die Sparkassen-Finanzgruppe und die Volks- und Raiffeisenbanken repräsentieren allerdings rund 80 Prozent des deutschen Debitkartenmarkts.
Konzentratorenmodell ersetzt multilaterales System
Aldi Nord/Süd, Lidl, Metro Group und die Edekabank sollen Branchengerüchten zufolge schon seit längerem in den Genuss von sogenannten Kick-Back-Zahlungen kommen, mit denen die EC-Cash-Entgelte im Nachhinein reduziert werden. Auch die großen Tankstellennetze erhalten seit Bestehen des EC-Cash-Systems günstigere Konditionen als Handelsunternehmen. Doch nun bröckeln die Girocard-Gebühren auf breiter Front."Wir sprechen mit Branchenverbänden, Einkaufsgemeinschaften, Handelsunternehmen und den EC-Cash-Netzbetreibern über die Konditionen", heißt es aus der Sparkassenorganisation. Der bislang multilateral von Seiten der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) festgelegte Gebührensatz für Girocard-Zahlungen (0,3 Prozent vom Umsatz, mindestens aber 8 Cent pro Transaktion) wird sukzessiv durch ein sogenanntes Konzentratorenmodell ersetzt.
Für den BVR verhandeln beispielsweise die genossenschaftlichen Spitzeninstitute DZ Bank und WGZ Bank. Auf der Akzeptanzseite wird sich allerdings noch zeigen müssen, wer neben den großen Handelsunternehmen als Verhandlungspartner auf den Plan tritt.
"Mit 40 Millionen Transaktionen pro Jahr erhält man ein Angebot", nennt BVR-Experte Arnoldt eine Größenordnung. Das entspricht dem Kartenzahlungsvolumen einer größeren deutschen Drogeriekette. Aldi und Lidl dagegen kommen auf jährlich rund 170 bis 180 Millionen Transaktionen, die Rewe-Gruppe mit allen Vertriebslinien (Rewe, Penny, Toom, ProMarkt) auf 250 Millionen pro Jahr.
"Uns geht es bei den Verhandlungen nicht so sehr um die Transaktionsvolumen, sondern um die Frage, wie wir die Kartenzahlung gemeinsam vorantreiben können, etwa durch eine Zusammenarbeit beim girogo-Projekt oder andere Maßnahmen", hört man von den Sparkassen.
Bargeld nicht mehr das günstigste Zahlungsmittel
Für die Rewe-Gruppe würden sich die neuen Kartenkonditionen schnell bemerkbar machen: "Wir schätzen, dass sich die Kosten des Bargeldhandlings und der Kartenzahlungen für uns in diesem Jahr erstmals angleichen werden", berichtete Paul Monzel, Funktionsbereichsleiter Financial Services in der Rewe Zentralfinanz, auf dem Bargeldlogistik-Konferenz in Mainz. Ein Paradigmenwechsel, denn bis dato betonten Branchenvertreter stets, dass Bargeld für den Handel das günstigste Zahlungsmittel sei.Verlierer der Entwicklung könnten das ELV und die EC-Cash-Netzbetreiber werden, die sich auf die Abwicklung dieses bankenunabhängigen Kartenzahlungsverfahrens spezialisiert haben. Immer mehr große Händler nutzen ihre ELV-Konditionen aktuell gegenüber den Banken, um ihre Verhandlungsposition zum Wechsel auf eine reine EC-Cash-Akzeptanz zu stärken. Die deutsche BP hat sich für ihre Aral-Tankstellen allerdings jüngst für eine Verlängerung des ELV-Mischbetriebs entscheiden.
Die Rewe-Gruppe will ELV künftig in jedem Fall weiterhin als Notfallverfahren vorhalten, für den Fall, dass die Autorisierungszentralen der Kreditwirtschaft für die PIN-Zahlungen mal wieder ausfallen. "Darüber hinaus haben wir ein vitales Interesse daran, dass das ELV-Verfahren eine Zukunft hat, weil der Handel ansonsten keine Verhandlungsmacht gegenüber den Banken hat", heißt es aus Köln.