Noch vor wenigen Jahrzehnten waren Roboter pure Science Fiction, jedenfalls für den Verbraucheralltag. Haushaltshilfen im Form von Saugrobotern sind schon erschwinglich. Auch der Handel liebäugelt mit eigenständigen, genügsamen Mitarbeitern ohne gewerkschaftlichen Anspruch. Tory, Tim, Pepper und Paul machen den Anfang.
Wir hätten uns nämlich gefreut, wenn Pepper, der agile, polyglotte Jungroboter, ein wenig über seine Zukunft oder seine Erfahrungen im Hier und Jetzt verraten hätte. Nach all den Marketinggetriebenen Verheißungen hätten wir gern gewusst, wann wir etwa bei Rewe, Media-Markt oder Garantschuh dem neuen Verkäufer und Berater des Einzelhandels 4.0 begegnen.
Aber – er wird abgeschirmt wie ein Pop-Star. Informationen bekomme man über den Hersteller in Japan, der Telekommunikations- und Medienkonzern SoftBank Mobile Corp, bekommen wir zu hören.
Nein, da nicht.
Vielleicht doch über Frankreich, denn dort schraubt das französische Unternehmen Aldebaran Robotics SAS an Pepper herum. Da hüllt man sich zunächst in Schweigen. Dann erhält man einen Verweis, der ins Leere läuft und ein weiterer Versuch uns belehrt, dass wir möglicherweise gar nicht autorisiert sind. Zu was, bleibt dabei die Frage.
Sprechende Plastikdose für den Handel
Doch so viel kann man zu dem 1,20 Meter großen 3D-Manga sagen: 28 Kilogramm schwer, 17 Gelenke und omnidirektionale Laufräder ermöglichen recht flüssige Bewegungen. Er ist mit einer 3D-Kamera zur Gesichtserkennung ausgestattet, die zudem fotografiert. Neben der verbalen Dialogmöglichkeit funktioniert die Kommunikation auch via 10 Zoll Touchscreen. So kommt der Bursche aus dem Land der aufgehenden Sonne von Softbanc Robotics für knapp 20.000 Euro nach Europa.
Seit rund einem Jahr ist er unter uns und ist als Botschafter für diese neue Generation der Assistenten unterwegs – vom Presseball in Berlin bis zu Messeauftritten oder Verbandstagungen ist alles dabei.
Letzte Kinderkrankheiten
Noch klappt der Dialog nicht auf Anhieb, Ablenkungen sind bei Veranstaltungen reichlich vorhanden. Doch das Kerlchen bringt einen Charme-Faktor mit, der ihm aktuell noch manches verzeiht. Nicht kantige Technik sondern eine kindergroße, menschlich nachempfundene Figur, mit kleiner Stupsnase und dunklen, großen Mangaaugen, deren Umrandung sich farblich verändern kann, als Ersatz für einen fehlenden Augenaufschlag – das Schema funktioniert und man spürt sich selbst grinsen, wenn man Pepper nur betrachtet.Aber Äußerlichkeiten sind nicht alles: Paul, ein entfernter Verwandter, ist zwar nicht ganz so niedlich, bringt aber bei Saturn die Kunden in Tests schon recht zuverlässig ans gesuchte Regal. Das Fraunhofer Institut IPA in Erlangen hat Paul mitkünstlicher Intelligenz ausgestattet.
Robo Paul bei Saturn
Charmeoffensive in der Schweiz
Auch Pepper hat schon einen festen Job in Aussicht. In Europa soll Pepper in der Schweiz im Walliseller Einkaufszentrum mit 130 Mietern seinen Charme unter Beweis stellen, wie der Landbote berichtet, und den Kunden ab Dezember den Weg zum gewünschten Geschäft weisen.Er weiß, wo's lang geht
Die Aufgabe als „Lotse“ scheint prädestiniert für Roboter. Auch Tim, entwickelt von MetraLab in Thüringen, hat diese Arbeitsplatzbeschreibung parat. „Lotsensysteme ersetzen immer häufiger menschliche Arbeit. Sie ordnen, zählen und transportieren Waren, passen auf", erklärt Dr. Andreas Bley von MetraLabs gegenüber dem Berliner Kurier. Tim arbeitet als Lotse im Deutschen Technikmuseum in Berlin, liefert Orientierung und beneidenswertes Fachwissen.

Über 99 Prozent Genauigkeit
Auch Tory, ein Verwandter von Tim, verfügt nicht über die verhaltenspsychologisch, einschmeichelnden Modelmaße wie Pepper. Dafür kann sich Tory aber um die eher langweiligen Dinge des Roboter-Alltags kümmern. Er hat als RFID-Roboter bei den Adler Modemärkten angeheuert und ist auf Inventur programmiert. Er ist, nach Angabe seiner Erfinder, der Erste seiner Art weltweit. Tory arbeitet gegen ein bisschen Strom 18 Stunden ohne Murren und rollt nach Beendigung der Arbeit zurück an seine Docking-Station. Er erledigt seinen Job laut Angaben der Entwickler zehnmal schneller als menschliche Kollegen und mit einer Genauigkeit jenseits 99 Prozent.Die sogenannten „humanoiden Roboter“ könnten also künftig den Handel aufmischen, und vielleicht sogar dem Kunden eine gute Hilfe sein. Allerdings braucht es dazu etwas mehr als einen niedlichen Augenaufschlag.