Supermärkte und Discounter könnten vom endgültigen Aus für den einstigen Drogerieriesen stärker profitieren als die direkten Schlecker-Konkurrenten dm und Rossmann.
Für die beiden Hauptkonkurrenten gebe es deshalb durch den Zusammenbruch von Schlecker auch nicht viel zu erben, sagt Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. "dm und Rossmann werden keinen riesigen Kundenzulauf haben."
Tiernahrung, Süßigkeiten und Getränke
Vielmehr könnten sich vor allem Supermärkte, Discounter und Tiernahrungshändler auf Zusatzumsätze freuen. Denn Schlecker habe einen hohen Anteil von Artikeln im Sortiment, die keine klassischen Drogerieartikel seien. "Schlecker verkauft relativ viel Tiernahrung, Süßigkeiten und Getränke", schilderte der Handelsexperte.Außerdem befinden sich viele Schlecker-Filialen an Standorten, an denen kein anderer Drogeriemarktanbieter vertreten ist. "Weil Schlecker sehr stark auf dem Land zu finden war, entsteht in vielen Regionen durch die Schließung zumindest kurzfristig ein Drogeriewaren-Angebotsvakuum, das von Discountern, Supermärkten und SB-Warenhäusern gefüllt wird", schildert GfK-Experte Robert Kecskes.
Mit der Schließungswelle bei den Schlecker-Filialen müssten sich zahlreiche Verbraucher neu orientieren. "Es gab durchaus treue Schlecker-Käufer gerade auf dem Land. Das kann auch am Mangel an Alternativen gelegen haben", so der Konsumforscher.
Der Preiskampf geht weiter
Der harte Preiskampf um Drogerieartikel geht indes auch nach dem Schlecker-Aus unverändert weiter, meinen Handelsexperten. "Wenn in einem Autorennen der langsamste Wagen ausfällt, werden die beiden Schnellsten ihr Tempo nicht verringern", verdeutlicht Handelsexperte Thomas Roeb.Das gelte nicht nur für den Preiskampf. Die Marktführer dm und Rossmann würden auch ihre Expansion unverändert fortsetzen. Schlecker bestimme schon lange nicht mehr das Tempo in der Drogeriemarkt- Branche, deren Jahresumsatz knapp 13 Milliarden Euro (2010) betrage.
Der harte Wettbewerb bei Shampoo, Waschmittel und Zahncreme führt dazu, dass sich die Verbraucher über stabile bis sinkende Preise freuen können. 2011 sanken die Preise, die die Kunden in allen Drogeriemärkten bezahlten, um durchschnittlich 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie GfK anhand von Kassenbons ermittelte.
Dieser Trend setzte sich in den ersten vier Monaten 2012 in ähnlichem Umfang fort.
Dabei spielt auch der Ausverkauf in der ersten Schließungswelle bei Schlecker eine Rolle. Zu den Schnäppchenpreisen seien auch Kunden in die betroffenen Filialen gekommen, die hier sonst nicht einkauften.
Schlecker war Anlaufstelle für Noteinkäufe
"Schlecker besitzt keine umfangreiche Stammkundschaft", meint Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Kunden hätten bei Schlecker überwiegend nur "Noteinkäufe" erledigt - also unregelmäßig wenige Produkte gekauft. dm und Rossmann hätten es dagegen verstanden, mit modernen Ladenkonzepten und günstigeren Preisen den Hauptbedarf vieler Verbraucher zu decken.Weil Schlecker schleichend Umsatz verlor, sei der einstige Marktführer in eine Abwärtsspirale gekommen: Schlechtere Konditionen hätten dazu geführt, dass Schlecker im Preiskampf nicht mehr habe mithalten können.
"Schlecker hatte kein Geschäftsmodell mehr", unterstreicht Roeb. Der Ansatz, als Nahversorger Kundenschaft anzuziehen, sei nicht aufgegangen. Preislich habe Schlecker damit sowohl in Konkurrenz zu Drogeriemärkten als auch zu Supermärkten gestanden. "Vor drei Jahren war Schlecker noch breit im ländlichen Raum vertreten. Diese Filialen waren die ersten, die zugemacht werden mussten."
Discounter wollen bei Drogerieartikeln stärker mitmischen
Die Schlecker-Läden, die zuletzt noch gut liefen, seien Innenstadt-Filialen gewesen - in der Nähe anderer Einzelhändler aber ohne direkte Drogerie-Konkurrenz. "Mit dem Schlecker-Aus beschleunigt sich die Konzentration in der Drogeriemarkt-Branche auf die Platzhirsche dm und Rossmann."Im Geschäft um Drogerieartikel wollen aber auch die Discounter künftig stärker mitmischen. "Aldi hat eine Premium-Linie eingeführt", berichtet Discountexperte Matthias Queck vom Handelsinformationsunternehmen Planet Retail. Hinzu komme eine Regalbeleuchtung, die diese Produkte ins rechte Licht rücken solle.
Dies sei nicht der erste Versuch eines Discounters, ein breiteres Sortiment aufzubauen. Lidl habe zum Beispiel schon vor etwa eineinhalb Jahren ein Angebot an höherpreisiger Hautpflege getestet. Dieses Segment sei für einen Lebensmittelhändler aber schwierig. "Der Drogeriemarkt vermittelt Kompetenz. Deshalb bleibt er für viele Kunden die erste Wahl."