Nach der Kritik von Politik und sogar der Bundesarbeitsagentur lenkt Schlecker plötzlich ein. Die Drogeriekette ordnet ihre Leiharbeitstrukturen neu. Das hat Konsequenzen für die Firma Meniar.

Die wegen des vermehrten Einsatzes von Leiharbeitskräften ins Kreuzfeuer der Kritik geratene Drogeriekette Schlecker will neue Zeitarbeitsverträge mit der Firma Meniar nicht mehr abschließen. Das kündigte Schlecker am Montag überraschend an.

Schlecker hält die Vorwürfe zwar für nicht nachvollziehbar. Um aber die Diskussion um die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern zu beenden, habe man beschlossen, "mit sofortiger Wirkung keine neuen Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit der Firma Meniar mehr abzuschließen", teilte ein Firmensprecher mit.

Arbeitsagentur nimmt Politik in die Pflicht

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat auf Handlungsbedarf der Politik verwiesen, um gegen die Drogeriekette Schlecker vorzugehen. "Schlecker hat offenbar Stammbelegschaft entlassen, um sie dann in einer eigens gegründeten Zeitarbeitsfirma zu niedrigeren Löhnen wieder einzustellen", sagte an diesem Montag eine Sprecherin der Nürnberger Behörde.

"Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet so etwas nicht. Hier sind politische Entscheidungen nötig."

"Von Niedriglöhnen kann gar keine Rede sein"

Schlecker hatte die Lohndumping-Vorwürfe von Gewerkschaft und Politik zurückgewiesen. Die Arbeitsbedingungen bewegten sich vollkommen im Rahmen des allgemein Üblichen und entsprächen darüber hinaus in jedem Fall den geltenden Bestimmungen, betonte das Unternehmen am Montag in Ehingen.

Die gezahlten Stundenlöhne lägen in vielen Fallen bei bis zu 13 Euro und mehr und seien damit höher als bei Wettbewerbern. "Von Niedriglöhnen oder gar Lohndumping kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein", hieß es.

6,78 Euro pro Stunde

Die Gewerkschaft Verdi wirft Schlecker vor, festangestellte Mitarbeiter in neue Verträge mit deutlich schlechteren Arbeits- und Einkommensbedingungen zu zwingen. Dies erfolge über die Zeitarbeitsfirma Meniar ("Menschen in Arbeit") mit Sitz in Zwickau, die einen Stundenlohn von nur 6,78 Euro zahle, sagte Verdi- Unternehmensbetreuer Achim Neumann.

Im Bundesdurchschnitt liege der Tariflohn einer Verkäuferin hingegen bei 12,70 Euro. "Wir sind davon überzeugt, dass die Zeitarbeitsfirma konzernintern gegründet wurde, um Tarifverträge zu unterlaufen", sagte Neumann. Die Löhne seien sittenwidrig. Zudem wolle sich Schlecker einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Laut Verdi hat Meniar bislang rund 43.000 Leiharbeiter an Schlecker vermittelt.

Schlecker kritisiert die Gewerkschaft

Schlecker konterte, die Gewerkschaft habe bereits in der Vergangenheit "gezielte Desinformations- und Diffamierungskampagnen" betrieben. "Es muss befremdlich erscheinen, dass nun Politiker, deren Parteien seit langem stets die Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse gefordert und gesetzlich gefördert haben, nun hier - offenkundig aus populistischen Motiven - mit einzustimmen scheinen!", hieß es in der Unternehmensmitteilung weiter.

Meniar sei ein konzernunabhängiger Personaldienstleister. Die Tatsache, dass der Meniar-Geschäftsführer in Ehingen ein Verbindungsbüro zu Koordinationszwecken unterhalte, sei eine "reine Selbstverständlichkeit".

Von der Leyen: "Wir gucken sehr genau hin"

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte am Sonntagabend in der ARD-Talksendung "Anne Will" an, den Lohndumping-Vorwürfen nachzugehen. "Bei Schlecker gucken wir sehr genau hin, ob da Missbrauch betrieben wird oder ob Gesetze umgangen werden. Wenn das der Fall ist, werden wir diese Schlupflöcher schließen", sagte die CDU-Politikerin.

Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte am Montag in Berlin, man habe von Schlecker eine Stellungnahme eingefordert, diese liege aber noch nicht vor.

Laumann, Gabriel, Kolb, Schiewerling

Auch Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl Josef Laumann (CDU) wirft Schlecker systematische Lohnflucht vor, die das "soziale Gefüge in Schieflage bringt". Zeitarbeit sei dazu da, betriebliche Auftragsspitzen abzufangen oder im Falle von Urlaub und Krankheit Vertretungen bereitzustellen.

Sie dürfe nicht dazu missbraucht werden, "um mit ihrer Hilfe Stammbelegschaften zu ersetzen", schreibt der CDU-Politiker laut "Süddeutscher Zeitung" in einem Brief an Schlecker-Mitarbeiter.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigte sich laut Bericht in einem Brief an den Firmenchef Anton Schlecker besorgt. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP, Heinrich Kolb, sagte der "Süddeutschen Zeitung": "So, wie das bei Schlecker läuft, darf das nicht sein."

Mit seinem CDU-Kollegen Karl Schiewerling sei er sich bei diesem Thema einig. Schiewerling wolle  noch für Januar ein entsprechendes Gespräch mit Ministerin von der Leyen an, schreibt die Zeitung.