Viele Händler haben während der Corona-Lockdowns aus der Not eine Tugend gemacht und den Verkauf über die Sozialen Medien ausgebaut. Vier Unternehmer berichten, wie sie mit professionellen Social-Media-Konzepten richtig Geld verdienen.
Eine Herausforderung für die Logistik und das Personal des jungen Unternehmens aus München. Für CMO Robert Nadenicsek war das ein Aha-Effekt: "Wir haben von der Krise profitiert und unser Geschäft ausgebaut." Mehr als 50% des Umsatzes kommen mittlerweile über Social Commerce. Mit dem Umsatz wächst das Team: Derzeit kümmern sich zehn Mitarbeiter um die Auftritte und Influencer-Kooperationen auf Instagram, Facebook, Youtube & Co.

Entscheidung zwischen Insolvenz und Direktvertrieb
Viele Händler machten aus der Not eine Tugend und nutzten die Zeit während der Ladenschließungen zum Ausbau ihrer Social-Media-Aktivitäten. Miriam Jacks, die Gründerin von Jacks Beauty Line, wägte zwischen Insolvenz oder Direktvertrieb über Social Media sowie Onlineshop ab und entschied sich richtig: Ab März 2020 setzte sie sich vor die Handykamera, kooperierte mit Influencern und veranstaltete auf Instagram regelmäßig Verkaufsshows.Mit Erfolg. Im ersten Monat der Pandemie machte Jacks Unternehmen mit Social Media 100.000 Euro Umsatz. Und das organisch, ohne Einsatz von Mediabudget. Vor Corona hatte die Gründerin keine Zeit für Social Commerce, erzählt sie. "Der Onlineshop lag brach. Es gab höchstens drei Bestellungen pro Tag. Alles funktionierte B2B über weitere Händler."
Im vergangenen Jahr probierte Jacks Social Advertising aus und steigerte ihren Umsatz erneut - auf 300.000 Euro im Monat.
Follower einbinden und Selfies posten
Die Besitzerin des Hamburger Interiorgeschäfts Minimarkt, Xenia Rosengart, hat Social Commerce schon vor Corona intensiv genutzt und diesen Verkaufskanal im ersten Lockdown weiter ausgebaut. Sie war froh, dass es durch Social Media eine digitale Alternative gab: "Als wir zeitweise schließen mussten, war der Instagram-Shop finanziell viel wert."Rosengart empfiehlt Social-Commerce-Anfängern, klare Ziele zu definieren, einen Redaktionsplan zu schreiben und Follower mit Frage-Stickern regelmäßig einzubinden. Zusätzlich hat sich für sie das Posten von Selfies bewährt, weil es die Reichweite erhöht und Follower eingeblendete Kleidungsstücke oder Produkte nachfragen.

Facebook und Instagram reagieren mit neuen Funktionen
Laut einer Yougov-Studie zum Thema "Social Shopping" haben im vergangenen Jahr 42% der Deutschen über ein Soziales Netzwerk Produkte gekauft, Tendenz steigend. Vor allem jüngere Konsumenten zwischen 20 und 39 Jahren sind aktive "Social Shopper" und lassen sich mit Rabattcodes zu Kaufabschlüssen locken.Am meisten werden Facebook und Instagram für direkte Käufe genutzt. Der sich heute "Meta" nennende Konzern, zu dem neben Facebook und Instagram auch Whatsapp gehört, hat diese Entwicklung durch das Ausrollen neuer Funktionen zu Anfang der Pandemie unterstützt.
Ab Mai 2020 stellte der amerikanische Digitalriese aus Menlo Park vorzeitig einen Facebook-Shop bereit, sodass Kunden über beide Netzwerke einkaufen konnten. Zudem erweiterte Meta die Shopping-Funktionen der Videoplattform Instagram mit einem prominenten Shop-Tag in der Hauptnavigationsleiste. Käufer bekommen seitdem Produkte schneller und übersichtlicher dargestellt.
Inhalte müssen direkt zu den Käufern kommen
Der "Global State of Small Business Report" von Meta zeigt: 40% der deutschen KMUs, die Facebook einsetzen, haben in den vergangenen Monaten mindestens 25% ihrer Umsätze digital generiert.Weitere Erkenntnisse: Käufer stecken keine Zeit mehr in langwierige Suchvorgänge. Relevante Inhalte müssen zu ihnen kommen. Auch wollen sie mobil den direkten Kontakt zu Unternehmen über Direktnachrichten und Kommentare.
Beispiel Oatsome
Oatsome ist mit System zum Erfolg gelangt: Das Frankfurter Start-up nutzt Instagram bereits seit der Gründung 2016 zur Zielgruppenansprache. Mittlerweile hat Oatsome die Social-Media-Aktivitäten professionalisiert und spricht mit Retargeting, Influencer-Kampagnen und Gratisproben gezielt Kunden an.Ein Performance-Marketing-Team hilft dabei. Es hat sich auf Social Ads spezialisiert und macht die einzelnen Touchpoints mit der Kundschaft für noch bessere Ansprachen transparent. So setzt der Müsli-Bowl-Hersteller beispielsweise auf Instagram Umfragen ein, um den Geschmack seiner Kunden besser kennenzulernen.
"Instagram Lives waren bisher kein relevanter Kanal, da wir auf langlebigere Formate setzten, die sich unsere Kunden abspeichern und teilen können", erklärt Philipp Reif, Mitgründer des Start-ups. Doch gehe man bei Oatsome davon aus, dass Instagram Lives irgendwann Teleshopping ablösen können, und behält diese Funktion sowie das Nutzungsverhalten seiner Follower genau im Blick.
Fazit
Miriam Jacks und Robert Nadenicsek berichten auch, dass die Zusammenarbeit mit Influencern die Umsätze steigert. Sie überlassen Erfolg nicht mehr dem Zufall, sondern haben durch hauseigene Social-Media-Teams ihre Kommunikation und den Verkauf in den Netzwerken professionalisiert.Sie stellen die Bedürfnisse ihrer Follower konsequent in den Mittelpunkt ihrer Ansprache und bieten stets Mehrwerte, damit Follower immer wieder vorbeischauen und mit Produkten in Kontakt kommen.
Fazit: Social Media sind mehr Media als Social und müssen professionell bespielt werden. Mit dem richtigen Mindset, Wissen und Ressourcen spielen sie nennenswerte Umsätze ein und sichern das Geschäft auch in Krisenzeiten.
Dieser Artikel erschien zuerst in Der Handel.