Die Einführung der kontaktlosen Kartenzahlung beschäftigt die Handelsbranche. derhandel.de beantwortet die wichtigsten Fragen zu girogo, PayPass und payWave.

Mit der so genannten "Near Field Communication"-Technologie (NFC) können Kartenzahlungen ohne PIN-Eingabe und ohne Unterschrift des Kunden erfolgen. Es genügt, die Bank- oder Kreditkarte für einige Sekunden in die Nähe eines NFC-Lesegerätes an der Kasse zu halten. Kartenzahlungen werden damit für die Kunden schneller und bequemer.
Aus Sicht der Händler gilt an der Kasse der Grundsatz "Zeit ist Geld". Darüber hinaus sind die Lesegeräte weniger anfällig für Störungen, da kaum Abnutzungserscheinungen auftreten. Voraussetzung für das berührungslose Bezahlen sind Karten und Kassenterminals, die für die Nahbereichsfunktechnik geeignet sind.
Wann kommen Karten für das kontaktlose Zahlen in den Markt?
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) startet am 17. April 2012 in der Region Hannover, Braunschweig, Wolfsburg einen Feldtest für das kontaktlose Zahlen mit der Geldkarte. Das Verfahren trägt den Namen "girogo". Die Sparkasse geben dazu in den kommenden Wochen rund 1,2 Millionen NFC-fähige Girocards (früher EC-Karten) an ihre Kunden heraus. Die Volks- und Raiffeisenbanken beteiligen sich mit rund 150.000 Karten an dem Test. Ab August 2012 soll girogo auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt werden. Die Sparkassen wollen bis 2014 all ihre rund 45 Millionen Girocards mit der girogo-Funktion bestücken, Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Privatbanken warten die Ergebnisse des Feldtestes ab. girogo ist neue Funktion auf dem GeldKarten-Chip der herkömmlichen EC-Karte, die Kunden brauchen also keine weitere neue Karte, um kontaktlos Zahlen zu können.
Das kontaktlose Zahlverfahren von Mastercard "PayPass" ist schon ein Stück weiter: Weltweit gibt es rund 96 Millionen PayPass-fähige Kreditkarten und 341.000 Akzeptanzstellen im Handel. In Deutschland sind rund 1,2 Millionen PayPass-Karten im Umlauf (Payback plus, Miles&More, u.a.).
Konkurrent Visa hat für sein Verfahren "payWave" in Europa rund 30 Millionen Karten im Umlauf. In Deutschland gibt die Postbank AG ab diesem Sommer Visa-Kreditkarten mit der pay-Wave-Funktion aus, fünf weitere Banken sollen in den nächsten Monaten folgen und insgesamt eine siebenstellige Anzahl von NFC-fähigen Visa-Karten ausgeben.
Welche Händler akzeptieren das kontaktlose Bezahlen?
An dem Pilotprojekt für girogo im Großraum Hannover nehmen die Douglas Holding (Douglas, Thalia, Christ, Hussel, Appelrath-Cüpper), die Edeka Regionalgesellschaft Minden-Hannover mit 250 Filialen, die Esso-Tankstellen, McDonald's, Famila (Bartels-Langness), dm-drogeriemarkt und - dem Vernehmen nach - auch zwei Baumarktketten teil. Darüber hinaus betont die Sparkassen-Finanzgruppe, dass Gespräche mit den großen Discountern geführt werden. Esso und Douglas haben bereits erklärt, girogo bundesweit zu akzeptieren.
Das Mastercard-Verfahren PayPass wird bereits heute an vielen Douglas-Kassen akzeptiert, der Konzern arbeitet an einen flächendeckenden Roll-Out für PayPass-fähige Terminals in Deutschland. Die deutsche BP (Aral) rollt ebenfalls die Infrastruktur für eine bundesweite PayPass-Akzeptanz aus. Zudem gibt es zahlreiche kleinere Akzeptanzbereiche wie Vapiano-Restaurants, Star-Tankstellen und die Galeries Lafayette in Berlin.
Visa kann mit payWave bislang nur auf Akzeptanzstellen im Ausland verweisen. So kassieren zum Beispiel rund 1.200 McDonald's-Filialen in Großbritannien mit PayPass und payWave. In den nächsten Wochen will Visa Europe jedoch auch erste Händler in Deutschland benennen, die payWave einführen wollen.

Nein, alle kontaktlosen Verfahren beruhen auf dem internationalen Funkübertragungsstandard NFC. Jedoch ist für jedes Verfahren eine eigene Terminalsoftware und eine eigene vertragliche Grundlage (Acquiring) erforderlich. Die Terminals gibt es als separate Geräte, die per USB-Schnittstelle mit dem Kartenterminal verbunden werden können oder als "on board"-Variante, integriert im Kartenterminal. Die Kosten für die Geräte liegen derzeit bei rund 150 Euro für die separaten Reader und 300 bis 500 Euro für die integrierte Variante.
Was sind die Unterschiede zwischen girogo, PayPass und payWave?
Mit den beiden Verfahren der Kreditkartenorganisationen PayPass und payWave können Kunden bis zu einem Betrag von 25 Euro per "Tap&Go" berührungslos zahlen. Für darüberliegende Beträge ist zusätzlich die PIN-Eingabe oder die Unterschrift des Kunden zur Autorisierung erforderlich. Die NFC-fähigen Karten von Mastercard und Visa sind sofort und weltweit an entsprechenden Akzeptanzstellen einsetzbar.
Das girogo-Verfahren der Deutschen Kreditwirtschaft baut auf dem Prepaid-System der GeldKarte auf. Die Karten müssen mit einem Guthaben aufgeladen werden. Zahlungen mit girogo sind zunächst nur bis zu einem Betrag von 20 Euro kontaktlos möglich, für höhere Beträge muss die Karte - wie bisher auch - eingesteckt und die PIN eingegeben werden. Im Ausland ist mit girogo kein kontaktloses Zahlen möglich. Im Jahr 2013 soll das Zahlungslimit für girogo voraussichtlich auf 35 Euro erhöht werden.
Wie soll das Aufladen der girogo-Karten stattfinden?
Das Aufladen der kontaktlosen GeldKarte kann wie bisher an entsprechend ausgestatteten Geldautomaten erfolgen. Darüber hinaus ist ein so genanntes Abonnement-Laden geplant, bei dem die Karten an der Ladenkasse im Handel automatisch wieder auf einen festgelegten Betrag aufgeladen werden, sobald das Guthaben auf der Karte verbraucht ist. Für dieses Aboladen müssen die Kunden ihrem Kreditinstitut einen Dauerauftrag erteilen, es soll an der Kasse ohne PIN-Eingabe oder anderen zusätzlichen Aufwand in Sekundenschnelle möglich sein. Zudem können die girogo-Karten an der Ladenkasse bei Bedarf auch per PIN-Eingabe mit einem festen Betrag von 35 Euro neu aufgeladen werden. Online-Banking und NFC-fähige Handys sind als weitere Aufladealternativen geplant.
Was kostet die kontaktlose Kartenzahlung den Händler?
Bei girogo sind seitens der Kreditwirtschaft gestaffelte Gebühren geplant: 1 Cent für Zahlungen bis 5 Euro, 2 Cent für Zahlungen bis 10 Euro und 3 Cent für Zahlungen bis 20 Euro. Hinzu kommen die Transaktionsgebühren des jeweiligen Kartenzahlungsdienstleisters (EC-Cash-Netzbetreiber). Das Aufladen der Karte soll für die Handelsunternehmen keinerlei Kosten verursachen, versichert zumindest der zur Sparkassen-Finanzgruppe gehörende Netzbetreiber B+S Card Service.
PayPass und payWave Transaktionen sind etwas teurer, da es sich um Kreditkartentransaktionen handelt. Die Kosten liegen vermutlich - je nach Einkaufsbetrag und Akzeptanzvertrag - zwischen 8 und 12 Cent. Genaueres lässt sich nicht sagen, da sich die Kreditkartenorganisationen zu den konkreten Kosten ausschweigen - mit Verweis auf die Gebührenhoheit der kartenausgebenden Banken und der sehr individuellen Bepreisungen - je nach Transaktionsvolumen der Akzeptanzstelle.

Der Handel kann die Sicherheitsfrage recht entspannt betrachten, da es sich sowohl bei girogo als auch bei den Kreditkartenverfahren um garantierte Zahlverfahren handelt. Aus Verbrauchersicht bergen die kontaktlosen Zahlkarten kaum größere Sicherheitsrisiken als die herkömmlichen Karten auch.
Bei den Kreditkarten bleibt im Verlustfall die kartenausgebende Bank auf den Schäden sitzen. Sie wacht deshalb auch über etwaige Sicherheitsvorkehrungen. So kann sie zum Beispiel festlegen nach wie vielen kontaktlosen Zahlungen eine PIN-Eingabe erforderlich wird, um weitere Transaktionen zu legitimieren.
Im girogo-Verfahren ist im Verlustfall das Guthaben auf der Karte verloren.
Ein Kartenbetrug durch manipulierte Lesegeräte, etwa bei Menschenansammlungen in Stadien oder im Nahverkehr, ist eher unwahrscheinlich. Die Lesegeräte müssen zum einen bei einem Acquirer registriert sein und Guthaben aus Kartentransaktionen werden zum anderen auf ein Konto überwiesen, so dass sich kaum ein Business Case für Betrüger erkennen lässt. Es ist zudem bis heute kein Fall bekannt geworden, bei dem das Verschlüsselungssystem der 1996 eingeführten GeldKarte erfolgreich geknackt wurde. Auch Mastercard betont, dass es noch keinen Fall von Datenmissbrauch durch die Funktechnik gegeben habe.
Wie steht es mit dem Datenschutz?
Nur wer bar zahlt, hinterlässt keine Datenspuren. Ansonsten unterscheiden sie kontaktlose Zahlungen in punkto Datenschutz nicht von herkömmlichen Transaktionen. Bewegungsprofile sind möglich und sämtliche Transaktionsdaten (Zeit, Ort, Betragshöhe, Kartendaten) werden notwendigerweise gespeichert.
Warum gilt NFC-Technologie als Brückentechnologie für das mobile Zahlen?
Kreditkartenanbieter, Banken, Terminal- und Handyhersteller und viele Händler halten die "Near Field Communication" für die Basistechnologie, um mobile Zahlungsanwendungen im Massenmarkt etablieren zu können. Sie hat im Gegensatz zu anderen Übertragungswegen (Internet, Handynetze etc.) und Übertragungsformen (QR-Code, TAN-Nummern, etc.) wesentliche Vorteile in Bezug auf Verfügbarkeit, Geschwindigkeit, Sicherheit und Kostenstruktur.
Zwar ist die Anzahl der NFC-fähigen Handys noch immer überschaubar, doch neuere Smartphone-Generationen (Blackberry, Samsung, Nokia) kommen mit einem NFC-Chip auf den Markt. Wenn genügend NFC-fähige Smartphones verfügbar sind, wird es eine spannende Frage, welche Anbieter mit welchen Geschäftsmodellen das Rennen um mobile Zahlungslösungen machen werden. Technisch ist es kein Problem, die Kartendaten über einen NFC-Chip, eine SIM-Karte oder eine SD-Speicherkarte in ein Handy zu bringen. Eine sichere Distributionsinfrastruktur hierfür bereit zu stellen, ist dagegen eine Herausforderung.
Hanno Bender
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