Der HDE hält an seiner positiven Umsatzprognose für 2014 fest. Doch der Verband mahnt Unternehmen und Städte, auf den Strukturwandel in der Handelsbranche zu reagieren. Sonst sieht es für die Branche düster aus.
Um 17 Prozent auf 38,7 Milliarden Euro Umsatz wird der Onlinehandel im Jahr 2014 wachsen, prognostiziert der HDE, einen derart großen Sprung hat es in den zurückliegenden neun Jahren nicht gegeben. Damit treiben die Geschäfte im Internet auch das Gesamtwachstum des Handels. Denn der HDE geht weiter davon aus, dass die Umsätze der Branche in diesem Jahr nominal um 1,5 Prozent auf 456,8 Milliarden Euro steigen werden. Preisbereinigt (real) erwartet der HDE immerhin noch einen Anstieg der Erlöse um 0,5 Prozent.
Wachstum kurz vor dem Stillstand
Genth betont zwar, dass der Handel damit fünf Jahre in Folge einen Umsatzanstieg zu verzeichnen habe - doch ein halbes Prozent Plus ist faktisch Stillstand. Viel bemerkenswerter sind seine Prognosen hinsichtlich der Veränderung der Handelslandschaft. Denn bis zum Jahr 2020, also in gerade einmal sechs Jahren, soll der Anteil des Onlinehandels am gesamten Handel von heute rund 9 Prozent (Non-Food 18 Prozent) auf 30 Prozent wachsen.Die mögliche Folge des Strukturwandels: 50.000 stationäre Unternehmen, das sind etwa 10 Prozent des Gesamtmarktes, könnten bis dahin aufgegeben haben. Betroffen sind alle internetaffinen Branchen, wie etwa Bekleidung. "Insbesondere kleine und mittelständische Händler, die nicht in Genossenschaften oder Verbundgruppen eingebunden sind, werden sich nur schwer behaupten können", betonte Genth.
Es kommt auf die Attraktivität der Innenstädte an
Die veränderte Lage betrifft mittlerweile sogar Innenstadthändler, wie der HDE in seiner Konjunkturumfrage ermittelt hat. So beklagten 34 Prozent dieser Unternehmen, dass sich ihre wirtschaftliche Situation im ersten Halbjahr 2014 verschlechtert hat. Für 25 Prozent der Betriebe lief es besser, 41 Prozent hatten Stillstand.Insgesamt beklagten alle stationären Händler Rückgänge der Kundenfrequenzen, bei 43 Prozent waren diese noch geringfügig, aber schon 31 Prozent beklagten ein starkes Ausbleiben von Konsumenten.
Dass die vor Monaten besungene Renaissance der Innenstädte damit schon wieder beendet ist, will Genth nicht sagen. Wie auch: In den Metropolen sind die Handelsflächen knapp, trotzdem drängen die Filialisten weiter dorthin. Problematisch ist es für den Hauptgeschäftsführer aber dort, wo eine Stadt an Attraktivität einbüßt. Der HDE-Mann ermahnt die Kommunen, ihre Standortqualität sowie Rahmenbedingungen für Händler zu verbessern. Das betrifft Themen wie Gewerbesteuer, Planungsrecht, Sonntagsöffnungs- und Ladenschlusszeiten.
Städte in der Pflicht, Händler aber auch
Die Händler sehen ebenso die Städte in der Pflicht. Denn rund 58 Prozent wünschen sich laut HDE-Umfrage, dass die Innenstädte von den Menschen besser erreicht werden können, vor allem mit dem Individualverkehr. Und 49 Prozent erwarten von mehr Investitionen in öffentlichen Raum eine Verbesserung der Attraktivität der Handelsstandorte.Doch die Städte allein können einen sich rasant verändernden Markt nicht beeinflussen. Denn immer noch tun sich viele Händler schwer mit dem Internet. Für Genth sind die Gewinner des Strukturwandels die Unternehmen, die Multichannel beherrschen, also die Verknüpfung von stationärem Geschäft mit dem Onlinehandel. Die Konjunkturumfrage gibt ihm recht: 44 Prozent der entsprechenden Unternehmen erwarten 2014 Umsätze, die über dem Vorjahr liegen. Und gar 30 Prozent sagen, dass ihre Erlöse "deutlich" besser sein werden als 2013.
Das Problem: Erst 30 Prozent aller Händler nutzen das Internet als Vertriebsweg. Freilich weiß auch Genth, dass nicht jedes Unternehmen einen Webshop betreiben muss. Trotzdem hat die Branche immer noch Nachholbedarf bei Präsenzen im Netz. Oder gar mit Verknüpfungen ihres stationären Geschäfts, in welcher Form auch immer. Verständlich, dass Genth den Strukturwandel der Handels in historische Dimensionen hob. Denn die Einführung der Selbstbedienung war ein Klacks im Vergleich zu dem, was noch vor der Branche liegt.
Steffen Gerth, Düsseldorf