Personalisierung, Interaktion, Checkout: Der Laden wird langsam aber sicher digital. Wenn auch noch nicht alle Händler so weit sind, die Kunden akzeptieren die Technologien immer öfter.

 Die Vernetzung wurde lange ignoriert, aber sie wird "normal": Kaffeemaschine, Kühlschrank und Waschmaschine werden über das Internet miteinander verbunden und die Konsumenten lernen die Vorteile zu schätzen. Sie erinnern nicht nur selbstständig an das Wartungsintervall oder bestellen neue Milch, wenn sie zur Neige geht. Mit Hilfe von Sprachassistenten wie Alexa & Co kann sich der Konsument für alle möglichen Gelegenheiten passende Rezepte vorschlagen und eine Einkaufsliste erstellen lassen. Selbstredend auch nur von Zutaten, die nicht im Haus sind.

Location Based Marketing

Eigentlich ist die ortsbezogene Werbung, bei der der aktuelle Aufenthaltsort der Nutzer über ihr Smartphone ermittelt wird und ihnen besondere Angebote unterbreitet werden, technisch schon ein alter Hut. Klassischerweise werden dazu das „normale“ Global Positioning System (GPS) der Mobiltelefone genutzt, was beim kurzen Stopp im Bahnhof auf Zugreisen allerdings schon mal nerven kann. Räumlich auf ein paar Meter begrenzte Angebote können auch mit Beacons ausgespielt werden, kleine Datenpakete, die ständig per Funknetz versandt werden.
Kleine Händler testeten mit Gelbe Seiten in Durlach Location Based Marketing
© Andreas Roemer
Kleine Händler testeten mit Gelbe Seiten in Durlach Location Based Marketing
Während Filialisten damit - mit höchst unterschiedlichem Erfolg - schon länger experimentieren, ist der mittelständische Einzelhandel noch zögerlich. Doch auch kleinere stationäre Händler werden die neuen Technologien mehr und mehr zu schätzen wissen: Mit dem Feldversuch „Digitales Durlach“ in Karlsruhe hatte Gelbe Seiten beispielsweise Händlern und Kunden vorgemacht, dass Location based Services auch in einem Stadtteil Kunden in die Läden locken können. Denn selbst wenn der Laden etwas abseits liegt, hat er mit Location Based Marketing eine Chance, gefunden zu werden. Und da sich die Konsumenten schon ganz in der Nähe der Verkaufsstelle befinden, kann der Händler potentielle Kunden am richtigen Ort zur richtigen Zeit erreichen. Tankstellen können so beispielsweise einen Kaffee ausgeben, der Fahrradladen im Frühjahr eine günstige Inspektion anbieten oder ein Modegeschäft zum Sekt einladen, um die neue Kollektion zu begutachten.

Personalisierung

Für so gut wie jeden Lebensbereich gibt es eine App, und die Nutzer stellen sich ihr ganz eigenes Paket an Anwendungen zusammen. Da jede Nutzung Spuren hinterlässt, lassen sich dank der vernetzten Geräte durch gezielte Analyse Profile erstellen, die zur Personalisierung beitragen können.

Beim Eintreten in einen Supermarkt bekommt der Konsument, der sich beispielsweise durch seine Kundenkarte identifiziert hat, einen auf ihn abgestimmten Gutschein auf das Smartphone. Der Kunde kann seine zu Hause erstellte Einkaufsliste auf einem Bildschirm am Einkaufswagen oder seinem Smartphone sehen und das Display weist ihm den effizientesten Weg – wie ein GPS-System im Auto. In einer Boutique kann der Händler auch personalisierte Gutscheine in der Nähe der jeweiligen Ware ausspielen: Weil er weiß, dass der Kunde schwarze Socken der Marke XY  bevorzugt, schenkt er ihm ein Paar beim Kauf von 2 Paaren.

Interaktion

Ein digitales Glücksrad für Gewinnspiele an der Sonderpostierung, Erklärvideos mit weiteren Auswahlmöglichkeiten durch Berührung einzelner Produkte, Augmented Reality Displays, die Packungsinhalte darstellen oder andere digitale Inhalte plastisch und anschaulich machen: Der Laden wird immer interaktiver. Nimmt der Kunde eine Packung Nudeln aus dem Regal, registriert ein Sensor die Packung und schlägt ein passendes Rezept vor. Ein Knopfdruck, und es wird samt Zutatenliste an einem kleinen Drucker ausgedruckt oder auf das Handy geschickt. Das würde auch mit einem interaktiven Einkaufswagen funktionieren. Ist er zum Beispiel mit einem Touch-Display versehen, kann der Händler dem Kunden automatisch während des Scannens von Artikeln vorschlagen, welche Mahlzeiten er damit zubereiten könnte.
Media Markt hat schon länger elektronische Preisschilder eingeführt
© Media Markt
Media Markt hat schon länger elektronische Preisschilder eingeführt

Intelligente Regale

Elektronische Preisschilder sind in Supermärkten schon weiter verbreitet, einfach, weil sie praktisch sind und auch nicht mehr die Welt kosten (und oft geleast werden können). Damit wird das Regal ein bisschen klüger: Preise können zentral gesteuert werden, statt dass ein Mitarbeiter sie aufwendig auf Papier ausdruckt und am Regal anbringt. Beispielsweise bei den rund 15.000 Artikelpreisen eines durchschnittlichen Rewe-Markts lohnt sich das, denn davon müssen jeden Tag einige hundert von Hand umgesteckt werden. Von dem Zeitaufwand abgesehen merzen Händler auch eine Fehlerquelle aus, denn wegen falscher Preisauszeichnungen kommt es immer wieder zu Kundenreklamationen. Zudem kann man wie etwa Media Markt die elektronischen Preisetiketten nutzen, um den Kunden weitere Informationen zu den Elektroartikeln zu geben.
T-Systems hat nun ein intelligentes Regal vorgestellt, bei dem ein Barcode- / QR-Code-Scanner zur Identifikation via Kundenkarte als Login für Transaktionen angebracht ist. Entnimmt der Kunde Artikel, in dem Beispielfall drei Flaschen Draftbier, zeigt eine Waage dem Händler, dass dort nun drei Flaschen fehlen. Bevor es also zu einer teuren Regallücke kommt, wissen Warenwirtschaftssystem, Lager und Mitarbeiter schon Bescheid und schaffen Abhilfe.
T-Systems hat ein kluges Regal mit vielen Funktionen entwickelt.
© T-Systems
T-Systems hat ein kluges Regal mit vielen Funktionen entwickelt.
Ein Bildschirm am Regal zeigt dem Kunden Informationen zu dem Bier, bietet ihm noch einen Rabatt oder die Lieferung nach Hause an. Wenn der Kunde sich nicht identifiziert, reagiert ein Nahbewegungsmelder auf Bewegungen in Regalnähe und der Händler kann versuchen, ihn mit Angeboten zum Verweilen und natürlich zum Kauf anzuregen.

Checkout

Seit Jahren reden viele drüber. Aber kaum einer macht’s: Selbst abkassieren. Doch das ändert sich nun, ist das EHI Retail Institute überzeugt. Und zwar, weil die Selbstbedienungskassen einfach immer öfter im Laden stehen: Binnen zwei Jahren hat sich die Anzahl der Geschäfte, in denen stationäre SB-Kassen zum Einsatz kommen, um 65 Prozent gesteigert, zeigt die aktualisierte EHI-Markterhebung zu Selbstbediener-Kassen in Deutschland: Waren es im Jahr 2015 noch 295, so sind es heute 488 Geschäfte. Insgesamt verfügt der deutsche Handel demnach inzwischen über rund 3.020 stationäre Self-Checkout-Kassen.
Bei Ikea kassiert der Kunde selbst
© IKEA/André Grohe
Bei Ikea kassiert der Kunde selbst
Vor allem Lebensmittelhändler rüsten offenbar auf: Dort zählt das EHI derzeit rund 350 Märkte, in denen insgesamt 1.450 SB-Kassen stehen. Vor zwei Jahren waren es nur 150 Märkte mit 620 Kassen. Gemessen an den fast 200.000 herkömmlichen Kassen im Lebensmitteleinzelhandel gibt es natürlich noch viel Potential, wenn auch nicht jedes Lebensmittelgeschäft und jeder Standort für eine SB-Lösung geeignet ist. Aber die Kassen sind platzsparend, weil sie kein langes Warentransportband und einen Sitzplatz für die Kassiererin beherbergen müssen. Außerdem kann sich der Händler die Psychologie zu Nutze machen: Der Kunde hat das Gefühl, dass der Kassiervorgang schneller geht, weil er was zu tun hat und nicht nur rumsteht. Stimmt nicht immer, aber die gefühlte Wahrheit macht den Kunden glücklich. Ein Großteil der Geschäfte bietet laut EHI beim Self-Checkout die Möglichkeit der Barzahlung an. Bei den Lebensmittelhändlern sind es sogar 98 Prozent, auf den Gesamtmarkt bezogen können Kunden in 84 Prozent der Geschäfte mit Selbstbediener-Kassen ihre Einkäufe bar bezahlen.

Im LEH sind 91 Prozent der Self-Checkout-Kassen mit Gewichtskontrolle ausgestattet, über die Branchen hinweg sind es noch 43 Prozent. Dabei wird der eingepackte Artikel mit einer Waage unter der Einpackstation gewogen und das ermittelte Gewicht mit dem verglichen, das für den gescannten Artikel in einer Datenbank abgelegt ist.

Kontaktlos zahlen

Edeka, Rewe, Aldi, Lidl oder Esso: Sicher zahlen die meisten Deutsche noch am liebsten bar. Aber das kontaktlose Bezahlen mit NFC-Technologie wird immer öfter angeboten und die Konsumenten verlieren auch zunehmend ihre Scheu. Bei Beträgen bis 25 Euro hält der Kunde Karte oder Smartphone ans Bezahlterminal und fertig ist der Bezahlvorgang, ganz ohne Unterschrift oder PIN.

„Der weiterhin hohe Anteil an Bargeldzahlungen liegt zum Teil am Mangel an Alternativen, die eine breite Akzeptanz bei der Kundschaft finden und flächendeckend im deutschen Einzelhandel eingesetzt werden können“, schreibt das EHI Retail Institute in der Studie „Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2017“. Das führende Kartensystem für kontaktloses Bezahlen, girocard, will diese Lücke bald schließen: Bis Ende dieses Jahres sollen etwa 34 Millionen Girocards der neuen Generation ausgegeben sein. Damit wäre bei einem Gesamtvolumen in Deutschland von rund 100 Millionen Girocards gut jede 3. NFC-fähig. Das ist noch keine flächendeckende Verbreitung, aber schon mal ein respektabler Anfang.

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