Immer neue Serviceangebote für die Kunden, die Beschleunigung der Lieferkette und jede Menge Store-Technologie – ohne die Cloud wird im Handel der Zukunft immer weniger zusammenlaufen.
Das Ergebnis einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom aus dem Sommer 2017 überraschte. Gerade einmal 36 Prozent der befragten 530 Händler gaben an, sich mit dem Thema Cloud-Computing aktiv zu beschäftigen. Ein Zögern, das sich nur rächen kann, denn wenn Daten das vielbeschworene neue Öl sind, dann ist die Cloud der Klebstoff, der alles zusammenhält.
Skalierbar muss es sein
Einer der größten Vorteile von Cloud-Lösungen liegt in ihrer Skalierbarkeit. Wer IT-Systeme betreibt, muss stets die Entwicklung von Zugriffszahlen im Blick behalten, um im Zweifel rechtzeitig neu zu investieren. Die zusätzlichen Kosten fallen aber auch dann an, wenn die neuen Kapazitäten eigentlich nur für wenige Tage oder Wochen im Jahr benötigt werden, etwa weil ein Großereignis wie der Black Friday abgearbeitet werden muss.Echte Cloud-Lösungen passen sich in einem deutlich engeren Zeitfenster an die Bedürfnisse der Kunden an. Neue Serverkapazitäten können binnen kürzester Zeit geschaffen, aber genauso schnell wieder abgebaut werden. Und bei Softwarelösungen aus der Cloud lassen sich ebenso rasch weitere Nutzer einrichten, ohne Sorge vor Lizenzüberschreitungen. Administratoren in größeren Unternehmen können ein Lied davon singen, wie aufwändig das Lizenzmanagement sein kann.
Bei der klassischen Public-Cloud teilen sich die Kunden die physikalischen Ressourcen eines Anbieters. Zu den Marktführern im Markt von Public-Cloud-Lösungen gehören Amazon Webservices (AWS), Microsoft Azure, Google und IBM.
Retail Analytics und KI sind ohne Cloud kaum vorstellbar
Die Cloud gewinnt im Handel nicht zuletzt wegen neuester Technologien an Fahrt. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, spielt die Verarbeitung von Daten in Echtzeit eine immer größere Rolle. Aus den Informationen zum Warenbestand können Systeme, die auf maschinelles Lernen setzen, bei Routineaufgaben wie der Warenbestellung unterstützen und sogar Entscheidungen abnehmen. Die über die Cloud zur Verfügung gestellte Rechenkapazität in Kombination mit künstlicher Intelligenz heben die Digitalisierung im Handel auf eine neue Stufe.Dynamic Pricing basierend auf Nutzeranalysen, Store-Analysen und Vorhersagen erfordern Rechenleistungen, die aus eigener Kraft nur sehr kostenintensiv umgesetzt werden könnten. Wenn denn der Serviceanbieter überhaupt eine Lösung für das eigene Rechenzentrum anbietet.
So will Ernstings Family seine Abschriften mittels einer Lösung von Blue Yonder senken. Dazu führt das Unternehmen das von KI angetriebene Dynamic Pricing ein. App-Baukästen wie von Aisle411 aus den USA, mit deren Hilfe Händler Karten der eigenen Filialen einrichten können, um diese dann für die Indoor-Navigation einzusetzen, inklusive Geofencing-Offerten an die Kunden, wären ohne Cloud gleichsam nicht denkbar.
GK-Software stellt dieser Tage seine neue Omnichannel-Software OmniPOS vor. Das cloudbasierte System lässt Online-Shop und POS zusammenwachsen. Kernprozesse können ohne Redundanzen in Filiale, im Webshop oder auf dem Smartphone genutzt werden. Damit werden auch neue Beratungskonzepte leichter umsetzbar. So kann der Kundenberater im Store direkt auf den Webshop zugreifen, um gemeinsam mit dem Kunden die gewünschten Produkte zusammenzustellen. Der Warenkorb wird dann nahtlos an die Kasse übergeben.

On-Premise wird zum Auslaufmodell
Die große Frage im Hintergrund beim Abwägen zwischen Public-, Private- und Hybrid-Cloud lautet, ob der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums zu den Kernkompetenzen eines Handelsunternehmens gehört. Denn da Infrastruktur und Betrieb komplett vom Cloud-Anbieter verwaltet werden, wird der Einsatz von Lösungen deutlich vereinfacht. Außerdem versetzen Cloud-Lösungen gerade mittelständische Unternehmen in die Lage, schneller auf Nachfragen zu reagieren oder regulatorische Anforderungen rascher umzusetzen, ohne sich durch den Kauf- oder die Miete von Hard- und Software langfristig zu binden. Bereits die Integration von Electronic Shelf Labels (ELS) über mehrere Standorte hinweg, schafft reichlich Komplexität. Da kommen Lösungen wie von Microsoft wie gerufen, die die Azure-Plattform als Content-Engine für das Ausspielen der Inhalte nutzen. Etwas vergleichbares in Eigenregie auf einem eigenen Maschinenpark (On Premise) umsetzen zu wollen, verbraucht unnötig Ressourcen.Bei der Entscheidung für einen Anbieter darf aber die eigene Flexibilität nicht außer Acht gelassen werden. Ob aus Kostengründen, Änderungen der Firmenpolitik oder aufgrund neuer Strategien muss es möglich sein, von Public- auf Private-Cloud umzusteigen oder den Anbieter zu wechseln. Sonst ist der CIO genauso weit, wie bei der Einrichtung eines eigenen Rechenzentrums.

Datenschutz ist kein Hinderungsgrund mehr
Das gewichtigste Argument von Cloud-Skeptikern in der Vergangenheit bestand immer in Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. Und tatsächlich setzen das BDSG und die bis zum Mai 2018 umzusetzende Datenschutz-Grundverordnung der EU enge Grenzen, was die Weitergabe und Speicherung von Kundendaten in externen Rechenzentren betrifft. Vieles von dem, was in den USA entwickelt wurde, konnte nicht so ohne Weiteres von deutschen Unternehmen adaptiert und genutzt werden. Das ist aber indes in der Breite kein Thema mehr. Die IT-Riesen bieten längst auf Wunsch des Kunden ihre Lösungen aus Rechenzentren in Deutschland an. Microsoft bietet mit “Azure Confidential Computing” etwa die Verarbeitung von verschlüsselten Daten in Public-Cloud-Diensten. Sensible Kundendaten können so beispielsweise für Analysen genutzt werden, ohne diese vorher ver- und anschließend wieder entschlüsseln zu müssen.Bedenken hinsichtlich der Compliance sollten inzwischen kein Hindernis mehr sein, um die Cloud zu nutzen. Und wer es noch nicht getan hat, tut gut daran auf den fahrenden Zug der Cloud aufzuspringen. Denn sonst verliert er den Anschluss.
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