Zur Jahresmitte darf man sich schon einmal etwas besinnen und ein Zwischenfazit ziehen. Was sind die Themen, die den Digital Commerce prägen? Tim Hahn, Gründer und Geschäftsführer der Magento Agentur netz98, hat das für uns getan.

Auch dieses Jahr steht wieder im Zeichen einer weiteren Professionalisierung des E-Commerce. Dieses Mal wächst er zudem über seine bisherigen Grenzen hinaus. Im Enterprise Commerce etwa geht es nicht mehr allein um die Digitalisierung von Vertriebsabläufen, sondern vielmehr um die Transformation zahlreicher Prozesse innerhalb eines Unternehmens – hin zu einer systemübergreifenden, serviceorientierten Lösung für die digitale Zukunft. Andere wagen den Schritt weg vom Screen und setzen verstärkt auf Conversational Commerce – schließlich haben Siri und Alexa schon gezeigt, wie attraktiv Audio sein kann. 2017 bringt allerdings auch etwas Besinnung mit sich: Online und Offline finden wieder näher zusammen, der Dialog mit dem Kunden rückt zurück in den Fokus und Daten werden zum wichtigsten Rohstoff.

Daten, Daten und nochmals Daten

Um sich bei der Entwicklung und Optimierung des Angebots nicht auf das Bauchgefühl und veraltete Marktforschungsergebnisse zu verlassen, braucht es eigene, stets aktuelle Daten, die ein präzises Bild aller Vertriebsaspekte und des Kundenverhaltens liefern. Data Warehouses, Business-Intelligence-Lösungen, das entsprechende Personal und eine Menge Tools mit künstlicher Intelligenz machen es möglich.

E-Commerce-Marketing auf der Basis von Datenfeeds

Mit dem Algorithmus „Muzaara“ des gleichnamigen Start-ups können E-Commerce-Betreiber Banner mit ihren Angeboten datenbasiert optimal auf verschiedenen Plattformen ausspielen. Zu den unterstützten Seiten gehören die wichtigen Suchmaschinen Google und Bing sowie Facebook. Der Algorithmus wertet alle zur Verfügung gestellten Daten des Kunden und der unterstützten Seite aus und verspricht, für die Anzeigen der Kunden stets die optimale Zeit, die passende Plattform und einen lohnenden Preis zu finden. Das soll den Return on Investment des Werbetreibenden deutlich verbessern. Quelle: TRENDONE Trendexplorer

AI-Programm optimiert Marketingkampagnen

Aiden will mit künstlicher Intelligenz die Wirksamkeit von digitalen Kampagnen erhöhen.
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Aiden will mit künstlicher Intelligenz die Wirksamkeit von digitalen Kampagnen erhöhen.
Das britische Start-up Aiden hat ein gleichnamiges Programm entwickelt, das mittels künstlicher Intelligenz die Wirksamkeit digitaler Werbekampagnen steigern soll. „Aiden“ kommt daher wie ein Mitarbeiter im Home Office mit dem man sich - dank natural language processing – schnell und unkomplizierten über Slack und Skype, per SMS oder E-Mail austauschen kann. Aiden sammelt Daten aus unterschiedlichsten Quellen sowie den eigenen Marketing-Dashboards und Social Media Accounts und aggregiert dann aktuelle Ratschläge für die Optimierung digitaler Kampagnen. Auch kann Aiden Entwicklungen und Vergleiche visualisieren, etwa den CPC über mehrere Monate und Kampagnen. Quelle: netz98

E-Mail-Bot unterstützt Vertriebsmitarbeiter

Ein Mail-Bot hilft dem Vertrieb und automatisiert teilweise die Kundenkommunikation.
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Ein Mail-Bot hilft dem Vertrieb und automatisiert teilweise die Kundenkommunikation.
Der Berliner Softwareentwickler Saas hat den E-Mail-Bot „LISA“ entwickelt, um den Vertrieb teilweise zu automatisieren. Durch den „Learning Intelligent Sales Agent“ sollen Vertriebsmitarbeiter Zeit gewinnen, indem das Programm oft wiederholte Schritte übernimmt. Sie setzen den Bot bei E-Mails, die auch in Deutsch formuliert sein können, in CC oder BCC, woraufhin „LISA“ den Inhalt analysiert, in Kategorien einteilt, Mitarbeitern mögliche Antworten vorschlägt und E-Mails auf Wunsch selbst beantwortet. Zudem identifiziert „LISA“ anhand einer Datenbank Ansprechpartner, sodass der Kontakt zu potenziellen Kunden zielgerichtet aufgebaut werden kann. Quelle: TRENDONE Trendexplorer

B2B E-Commerce 2017

Der B2B E-Commerce steht immer noch am Anfang. Das heißt, es gibt noch viel Luft für Innovation und Wachstum. Auch in diesem Segment halten intelligente, digitale Services Einzug, die auf der Basis von E-Commerce Lösungen Geschäftskunden durch Automatisierung und höhere Convenience das Leben erleichtern. Dabei geht es zudem nicht mehr nur um den Vertrieb, der ganzheitliche Kundennutzen tritt in den Fokus. Das ist vielleicht nicht disruptiv, dafür aber am Marktbedürfnis orientiert.

„Shared Service Center“ für den Mittelstand

Kärcher nutzt Shared Services für die Buchhaltung.
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Kärcher nutzt Shared Services für die Buchhaltung.
Der Wirtschaftsprüfer PwC hat im Auftrag von Kärcher, einem deutschen Hersteller von Reinigungsgeräten, dessen Buchhaltung europaweit in einem „Shared Service Center“ zusammengefasst. Diese zentralisierte Sachbearbeitung soll den gesamten Vorgang effizienter gestalten und standardisieren. Die in Deutschland ansässige Einheit aus internationalen Mitarbeitern übernimmt nun die Abwicklung von offenen Forderungen und eingehenden Rechnungen sowie die Bilanzierung. So können sich wiederholende Aufgaben gebündelt werden, was auf Dauer zu großen Einsparungen führt. Quelle: TRENDONE Trendexplorer

Digitaler Assistent für Bürobedarf

Staples, ein US-amerikanischer Einzelhandelskonzern für Bürobedarf, hat die Technologie „Easy System“ entwickelt, die Unternehmen das Bestellen von Büromaterial per Sprachbefehl ermöglicht. Die Technologie kombiniert IBMs Cognitive-Computing-Plattform Watson mit einer einfach zu bedienenden Sprachbenutzeroberfläche. Zudem stellt Staples den „Easy Button“ zur Verfügung, der bei Bestellungen betätigt werden kann. Das System lernt hierbei mit Hilfe von Watsons Algorithmen die Präferenzen der einzelnen Mitarbeiter kennen, um etwa bei der nächsten Bestellung von blauen Stiften ein bestimmtes Produkt von Staples in den Einkaufswagen zu legen. Quelle: TRENDONE Trendexplorer
Mit dem System von Staples bestellen Unternehmen Nachschub per Sprachbefehl.
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Mit dem System von Staples bestellen Unternehmen Nachschub per Sprachbefehl.

Digitalisierung der Beschaffungsprozesse

Der E-Bike Hersteller Riese & Müller hat eine komfortable Preorder-Lösung eingeführt, um den komplexen, analogen Bestellprozess im Rahmen der digitalen Transformation des Unternehmens auf eine neue Ebene zu heben. So können die Vorbestellungen der Riese & Müller Bikes wesentlich schneller und einfacher realisiert werden. Der digitale Bestellprozess soll sowohl Händlern als auch dem Hersteller höchste Transparenz bieten und so für eine deutliche Reduzierung von Fehlern und administrativen Aufwänden sorgen.Quelle: netz98

Neue Designtrends und bessere Nutzererlebnisse

Ein überzeugendes Nutzererlebnis hängt von einem ganzheitlichen User Experience Konzept, einem durchdachten User Interface Design und vielen, vielen Kleinigkeiten ab. Hier gibt es zahlreiche neue Tools und Designideen, die dem Nutzer das Onlineerlebnis versüßen.

Pinterest hat es erfolgreich gemacht. Das Card Design.
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Pinterest hat es erfolgreich gemacht. Das Card Design.
Card Design und Konsistenz im Design

Mit Hilfe des Card Design, das durch Pinterest bekannt geworden ist, bietet Kartell dem Nutzer verschiedenste Informationen übersichtlich an. Produkte, Beiträge und auch News werden auf einer Ebene präsentiert und können schnell inhaltlich gescannt werden. Die „versteckte“ Navigation, die immer beliebter wird, ist für den Nutzer jederzeit zugänglich und gibt dem eigentlichen Inhalt mehr Raum. Auf die gleiche Art wird der Warenkorb dargestellt, um das Design konsistent zu halten. Quelle: netz98

What’s my size? – Ein anwenderfreundliches Größentool

Online-Shopping wird immer mehr zu einem Erlebnis. Das Ziel der Shop-Betreiber ist es, dem Kunden das Einkaufen so realistisch wie in einem Geschäft zu gestalten. Canadagoose bietet dem Nutzer ein anwenderfreundliches Größentool. Mit Hilfe von Fragen zur Person, zum Stil und zur Figurform wird am Ende der Befragung eine Kleidergröße zum Kauf empfohlen. Trotz der Distanz lässt sich eine persönliche Beratung einigermaßen nachempfinden. Quelle: netz98
Die richtige Größe beim Shopping zu ermitteln. An dieser Stelle gilt es, dem Kunden ein positives Erlebnis zu verschaffen.
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Die richtige Größe beim Shopping zu ermitteln. An dieser Stelle gilt es, dem Kunden ein positives Erlebnis zu verschaffen.

Onlineshops per Spracheingabe durchsuchen

Das Unternehmen Dimble bietet seinen Kunden den gleichnamigen Service an, der sie das Angebot von mehr als 200 Händlern mit einer intelligenten semantischen Sprachsuche finden lässt. Der Nutzer nennt das von ihm gesuchte Produkt – beispielsweise einen grünen Pullover in Größe M mit V-Ausschnitt für maximal 50 Euro – und bekommt daraufhin von „Dimble“ passende Angebote bei teilnehmenden Händlern angezeigt. Das Tool benötigt dafür nur wenige Sekunden und stellt daher eine deutlich schnellere Alternative zum manuellen Vergleichen von Sortimenten in Onlineshops dar. Quelle TRENDONE Trendexplorer

Weitere Innovationen, Trendthemen und Best Practices aus dem Onlinehandel und darüber hinaus gibt es in den „Zukunftsthemen im E-Commerce 2017“ von netz98.

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