Die Kreditkartenorganisation Visa verlangt ab Herbst geringere Interchange-Gebühren in drei Handelsbranchen. Damit soll die Akzeptanz der Plastikkärtchen weiter ausgebaut werden - auch eine kostenfreie Bargeldausgabe im Handel ist geplant.

Möbelhandel, Drogeriemärkte und die Unterhaltungselektronikbranche sind aus Sicht der Kreditkartenanbieter bislang "weiße Flecken" auf der Deutschlandkarte. Mit einer "Incentivierung der Interchange-Gebühren" will Visa nun auch diese Gebiete für die Kreditkartenakzeptanz erobern.

Die bislang für Handelsunternehmen aus diesen Branchen gültige Gebühr ("domestic interchange fee") von 1,58 Prozent vom jeweiligen Kartenumsatz soll dazu ab November auf 0,90 Prozent abgesenkt werden, wie derhandel.de aus gewöhnlich gut informierten Kreisen der Kreditwirtschaft erfuhr.

Händler zahlen für jede Kreditkartentransaktion umsatzabhängige Gebühren (Disagio), die sich aus einem Interbankenentgelt (Interchange fee) und einer Gebühr für den jeweiligen Zahlungsdienstleister (Acquirer) zusammensetzt. Das Interbankenentgelt wird von den Kartenorganisationen festgelegt und sorgt regelmäßig für Diskussionsstoff und Auseinandersetzungen mit Kartellbehörden im In- und Ausland.

Mehr Kartenakzeptanz durch geringe Gebühren

Für Lebensmittelhändler wurden die Kreditkartengebühren von Mastercard und Visa vor einigen Jahren auf Interchange-Sätze zwischen 0,73 und 0,95 Prozent abgesenkt, woraufhin sich die Akzeptanz der bis dato als zu teuer geltenden Plastikkarten sukzessiv im gesamten Lebensmittelhandel durchsetzte. Gleiches erhofft sich Visa nun offenbar in den drei genannten Branchen.

"Wir hoffen durch die Herabsenkung neue Kunden für die Kreditkartenakzeptanz gewinnen zu können", kommentiert Manfred Krüger, Geschäftsführer des Zahlungsdienstleisters Concardis, die Pläne der Kreditkartenorganisation. Ob Wettbewerber Mastercard dem Vorstoß von Visa folgt und seine Gebühren für die betreffenden Branchen ebenfalls anpassen wird, ist noch offen, entspricht jedoch der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit.

Krüger kündigte im Gespräch mit derhandel.de zudem an, dass noch in diesem Jahr ein erster Lebensmitteldiscounter einen Vertrag für die bundesweite Akzeptanz von Kreditkarten bei Concardis unterzeichnen werde - einen Namen wollte er jedoch noch nicht nennen.

Erneut ein Rekordjahr für Concardis

Concardis ist mit einem Marktanteil von rund 34 bis 38 Prozent neben der B+S Card Service einer der größten Kreditkartenacquirer in Deutschland. Rund 230.000 Unternehmen mit insgesamt rund 400.000 Akzeptanzstellen in Handel, Gastronomie und Hotelerie werden von dem Frankfurter Zahlungsdienstleister betreut.

Im vergangenen Geschäftsjahr erzielte Concardis einen Transaktionsumsatz mit Kreditkarten von 24,4 Milliarden Euro - ein Zuwachs von 14,7 Prozent zum Vorjahr. Der Transaktionsumsatz mit Maestro Debitkarten stieg im gleichen Zeitraum um 31,6 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro.

Auch bei den Umsatzerlösen (371,6 Millionen; +12,4 Prozent) und der Anzahl der Transaktionen (217,5 Millionen; +13,5 Prozent) konnte das Unternehmen eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr realisieren. Ein Anteil von 29 Prozent des Transaktionsvolumens wird im Ausland (Österreich, Schweiz) erlöst. Noch in diesem Jahr will der Acquirer auch in Italien, Frankreich und Polen aktiv werden. Rund 14 Prozent des Gesamtumsatzes realisiert Concardis inzwischen im Onlinehandel.

Kostenfrei Bargeld an der Supermarktkasse beziehen

An den Kassen des deutschen Einzelhandels spielen Kreditkarten nach wie vor eine eher untergeordnete Rolle. Nach den aktuellen Zahlen des EHI Retail Institutes zur Entwicklung der Kartenzahlungen im Handel werden 5,3 Prozent des gesamten Einzelhandelumsatzes mit den Plastikkarten abgewickelt.

"Unsere Untersuchung zeigt, dass es bei den Disagien von Visa und Mastercard durchaus Verhandlungsspielraum auch für kleinere Händler gibt", sagte Horst Rüter, Geschäftsführer und Kartenexperte im EHI, auf dem diesjährigen Kartenkongress des Kölner Forschungsinstituts Anfang dieser Woche in Bonn.

Im Lebensmittelhandel werden laut EHI bislang weniger als 0,1 des Gesamtumsatzes mit den Plastikkarten erlöst. Auch diese Quote möchte Visa erhöhen und wird daher noch in diesem Jahr einen Piloten zur Bargeldauszahlung mit einem großen deutschen Lebensmittelhändler starten. Das sogenannte "Cash Back"-Verfahren soll für Kunden und Händler kostenfrei sein. Rewe und Famila bieten ihren Kunden diese Möglichkeit bereits für die girocard (früher EC-Karte) an.