Die Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner hat 108 Handelsunternehmen auf ihre Zukunftsfähigkeit hin untersucht. Der Handel veröffentlicht die Übersicht der fitten sowie der gefährdeten Händler.

Die Handelsbranche befindet sich im Umbruch. Mit bangem Blick schauen viele stationär geprägte Unternehmen auf das rasante Wachstum im Onlinehandel und auf immer neue Branchen und Sortimente, die das Internet für sich erobert.

Kein Fachkongress, kein Branchengespräch kommt an dem Thema vorbei, welches Potenzial der Onlinehandel noch in sich trägt und wie viele stationäre Händler bei dem rasanten Strukturwandel auf der Strecke bleiben werden.

Die Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner hat nun zum zweiten Mal nach 2009 Händler aus unterschiedlichen Branchen auf ihrer Zukunftsfähigkeit hin untersucht und dabei auch das Bedrohungspotenzial durch die Onlinekonkurrenz berücksichtigt.

Für die Studie, die der Wirtschaftswoche und dem Wirtschaftsmagazin Der Handel exklusiv vorliegt, wurden im ersten Schritt 8.000 Konsumenten zu ihren Erfahrungen mit 108 Handelsunternehmen befragt, um einen "Fit Score" aus Kundensicht zu ermitteln. Leistung, Image und Loyalität waren in dieser Erhebung die entscheidenden Erfolgsfaktoren.

Der "Kill Thrill" gibt das Bedrohungspotenzial an

Im zweiten Schritt wurde anhand von Befragungen und Experteneinschätzung die Online-Performance der Unternehmen bewertet. Dieser von W&P als "Kill Thrill" bezeichnete Wert soll Auskunft darüber geben, wie sehr ein Händler vom Online-Tsunami gefährdet ist. Die Online-Relevanz der betreffenden Warengruppe und die Online-Performance des jeweiligen Unternehmens fließen in diese Bewertung ein und sollen den Grad der Bedrohung durch Amazon oder andere Internet-Konkurrenten angeben.

Quelle: W&P
Quelle: W&P
Die Spielwarenverbundgruppe Vedes, die Medimax-Häuser von Electronic Partner und die Verbundgruppe Expert sind demnach vor Toys 'R' Us, Intersport und der Mayersche Buchhandlung die am meisten gefährdeten Händler in Deutschland. Spielwarenhandel, UE-Branche und der Buchhandel sind nach Auffassung von Wieselhuber & Partner die generell am meisten bedrohten Branchen. Die Drogeriebranche, der Lebensmittelhandel und zuletzt die Lebensmitteldiscounter stehen hingegen am Ende der Liste, da sie bislang kaum vom Onlinehandel tangiert sind.

Die fittesten Händler: Amazon, dm und Jack Wolfskin

Bei den "fittesten Händlern" führt Amazon die Tabelle vor dm-Dorgeriemarkt, Jack Wolfskin und Ikea an. Die inzwischen insolvente Weltbildgruppe findet sich in dem Ranking allerdings auf einem guten zwanzigsten Platz.

Nach Branchen differenziert, rangieren Globus, Kaufland und Rewe auf den Spitzenplätzen im Lebensmittelhandel, Hirmer, P&C, Esprit im Modehandel, Zalando, Görtz und Deichmann im Schuhhandel, Notebooksbilliger.de, Conrad Electronic und Redcoon in der UE-Branche sowie Pflanzen Kölle, GartenXXL, und Dehner im Bereich Bau- und Gartenmärkte.

dm-Drogeriemarkt, Douglas und Budnikowsky liegen auf den ersten Plätzen im Drogerie- und Parfümhandel. Ikea, Home24 und Porta sind die Top3 des Möbelhandels, so die W&P-Studie.   

Viele stationäre Händler ohne Ideen gegen die Onlinekonkurrenz

Quelle: W&P
Quelle: W&P
"Die Befragungsergebnisse haben deutlich gezeigt, dass die deutschen Händler sowohl mit der Leistung als auch mit Image und Kundenloyalität bei den Konsumenten punkten können", bilanzieren die Studienautoren, Timo Renz und Johannes Berentzen. "In vielen Branchen tut sich der stationäre Handel jedoch relativ schwer und findet kaum Rezepte gegen die Konkurrenz aus dem Internet."

In der Betrachtung von "Fit Score" und "Kill Thrill" sollen sich strategische Anhaltspunkte finden, ob, und wenn ja, wie ein Unternehmen sein Geschäftsmodell verändern muss, um zukunftsfähig zu sein. "Ein Weitermachen wie bisher wird nicht zum Erfolg führen", warnen die W&P-Handelsexperten.

Als Fazit der Studie benennen die beiden W&P-Fachleute sechs strategische Impulse für Zukunftsfähigkeit von Handelsunternehmen:

(1) Die gefährliche Versuchung der Online-Hörigkeit
(2) Multi-Channel ist nicht Cross-Channel - Verknüpfung der Kanäle
(3) Eine starke Marke ist durch nichts zu ersetzen - Retail Branding
(4) Die Mär des digitalen Preisdiktates - Unterschiedliche Preisstrategien
(5) Point of Emotion statt Point of Sales
(6) Solution Selling statt Product Selling

Update:

Da die Studie in der Handelsbranche - vor allem bei den als "bedroht" bezeichneten Unternehmen - für viel Wirbel sorgt, hat sich inzwischen W&P entschlossen, die vollständige Studie zu veröffentlichen. Sie finden die W&P-Studie "Category Killer"
Grafik: Dr. Wieselhuber & Partner
Grafik: Dr. Wieselhuber & Partner
. Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbundes (ZGV) bezeichnete die Studie in einem offenen Brief an Dr. Wieselhuber als "irreführend und schädlich" für die betroffenen Unternehmen. Im Mittelstandsverbund sind die deutschen Verbundgruppen organisiert - ANWR von Zentrag.