Primark-Deutschlandchef Wolfgang Krogmann und Paul Lister von der britischen Konzernmutter Associated British Foods erklären in Der Handel das System Primark.

Wie schaffen Sie es, in solchen Toplagen Mode so billig anzubieten?

Paul Lister: Wir fragen uns, warum andere Händler so teuer sind. Unser Anspruch ist es, die besten Preise in der Highstreet zu haben. Darauf haben wir unser Geschäftsmodell ausgerichtet: Unsere Marge ist nicht so hoch, unsere Prozesse sind schlank und wir machen keine Werbung. Zudem kaufen wir große Mengen ein, weil wir viele Filialen haben, sind ein verlässlicher Partner für unsere Lieferanten und bezahlen die Produzenten schnell.

Wie gehen Sie bei der Produktion günstiger Mode mit ethischen Gesichtspunkten um?

Lister: Wir lassen unsere Artikel in den gleichen Fabriken produzieren wie 98 Prozent der anderen Modelabels, auch jene, die ihre T-Shirts für 60 Euro oder mehr verkaufen. Wir vermarkten unsere Mode nicht unter ethischen Gesichtspunkten, aber arbeiten hart daran, dass die Produkte, die in die Filialen kommen, sauber sind. Die Kunden sollen wissen, dass sie ruhigen Gewissens bei Primark kaufen können, weil wir uns um die ethischen Fragen im Hintergrund kümmern.

Inwiefern?

Lister: Wir wissen, dass die Beschaffung in Schwellen- und Entwicklungsländern Risiken birgt. Wenn man weiß, welche Risiken genau, dann muss man sie prüfen und entsprechend abstellen.

Sie produzieren Ihre Mode auch in Bangladesch. Dort kamen beim Einsturz des Gebäudes Rana Plaza im April 2013 mehr als tausend Arbeiterinnen ums Leben. Hätten Sie dazu beitragen können, das Unglück zu verhindern?

Lister: Wir waren eine von insgesamt 28 Marken, für die dort Kleidung hergestellt wurde. Wir haben auch in Bangladesch ein Team, das die dortigen Arbeitsbedingungen und die Einhaltung unseres Verhaltenskodexes kontrolliert. Dass die Statik des Gebäudes nicht stimmt, konnten wir allerdings nicht wissen, somit nicht prüfen, und so ist dieses schreckliche Unglück geschehen. Inzwischen wurden aber alle Fabriken, die unsere Produkte herstellen, in unser Programm für bautechnische Sicherheit aufgenommen. Dabei prüfen Ingenieure, ob die internationalen Normen für Gebäudesicherheit und Brandschutz eingehalten werden. Zur Unterstützung der Opfer und deren Angehörigen hat Primark Hilfs- und Entschädigungszahlungen in Höhe von 14 Millionen Dollar geleistet und wir haben zudem die Zahlung langfristiger Entschädigung aufgenommen.

Die Konkurrenz sieht Sie mit sehr gemischten Gefühlen: Sie werden wegen der niedrigen Preise gefürchtet. Andererseits werden Sie geliebt, weil Sie für Kundenfrequenz sorgen. Bekommt Primark diese Hassliebe zu spüren?

Krogmann: Nein, unsere Wettbewerber merken schnell, dass sie von uns als Frequenzbringer profitieren. Wir würden uns natürlich wünschen, dass die Kunden nur bei uns einkaufen, aber das tun sie ja nicht. Und für Händler anderer Branchen wie auch Gastronomen sind wir ohnehin willkommen.

Planen Sie weitere Häuser in Deutschland?


Krogmann: Ja, wir mögen Deutschland, auch wenn wir keine konkreten Zahlen über Filialeröffnungen herausgeben. Denn es ist ein langwieriger Prozess, einen perfekten Standort zu finden.

Wie sieht der perfekte Standort denn aus?

Krogmann: Wir wollen große, für den Kunden attraktive Stores in den besten Lagen, die profitabel sein müssen. Wenn wir neu irgendwo hinkommen, ist die Investition entsprechend hoch, weil wir immer die neueste Technik einbauen. Beispielsweise spart das Management des Beleuchtungs- und Temperaturniveaus viel Energie und Geld. Dabei machen wir keine Kompromisse. So kann es lange dauern, bis wir in einer Stadt den idealen Standort finden. In Madrid war das zum Beispiel so. Da haben wir mehrere Jahre gebraucht, bis alles passte. Genauso wie auf der Oxford Street in London.

Wie steht es mit Wuppertal? Dort gab es Proteste gegen eine Ansiedlung von Primark.


Krogmann: Wir haben keinen Kontakt zu Wuppertal.

Wieso verkaufen Sie eigentlich nicht online?


Lister: Zum einen mögen wir unsere Läden, und die Kunden auch. Stationär einzukaufen macht einfach mehr Spaß. Zum anderen sind es ökonomische Gründe. Es ist sehr schwierig, das Modell der besten Preise auf der Highstreet ins Internet zu übertragen. Zumal die Retourenquote bei Mode sehr hoch ist und den Händler das teuer zu stehen kommt. Ich wundere mich, dass dies so viele Highstreet-Händler dennoch tun.

Aber viele Kunden mögen es online.

Krogmann: Das stimmt, unsere Kunden sind auf unserer Website aktiv. Wir haben rund 70 Prozent unserer Kollektionen im Netz und haben sehr gute Klickzahlen. Aber verkaufen wollen wir persönlich, auch wenn wir uns Anregungen für Kundenfreundlichkeit aus dem Netz holen. So räumen wir unseren Kunden beispielsweise ein 28 Tage währendes Rückgaberecht ein.

Was ist denn noch besonders an den deutschen Kunden?


Lister: Eigentlich sind deutsche Kunden beim Modeeinkauf nicht sehr anders als die meisten Europäer. Unser Konzept, bezahlbare Mode auf die Haupteinkaufsstraßen zu bringen, funktioniert überall.

Krogmann: Ich kenne kein Land, in dem Kunden gerne besonders teuer einkaufen.

Halten Sie auch künftig an Ihrer Preisstrategie fest oder müssen die Preise mit Blick auf mehr Nachhaltigkeit absehbar steigen?

Lister: Niedrige Preise und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus. Wir werden weiter in beide Felder investieren.

Interview: Andreas Chwallek, Sybille Wilhelm

Das Interview ist wie der Artikel in der aktuellen Ausgabe von Der Handel erschienen. Zum kostenfreien Probeexemplar geht es hier. Lesen Sie Der Handel auch auf dem iPad.