Eher unaufgeregt kämpft sich die Otto-Group-Tochter bonprix nach oben. Das Geschäftsjahr 2013/14 (28. Februar) beendete der Versender mit einer Umsatzsteigerung von 5,4 Prozent auf 1,287 Milliarden Euro. Rund 10 Prozent des Umsatzes werden in Deutschland über Smartphones und Tablets erwirtschaftet. Mobile Commerce werde gerade im Online-Modehandel immer wichtiger, meint Markus Fuchshofen, Leiter E-Commerce bonprix, im Interview mit etailment und verrät, warum er sich für Asos interessiert.
Markus Fuchshofen, bonprix
Markus Fuchshofen, bonprix



Wie werden sich Einkaufsverhalten und Kundenerwartungen in den kommenden Jahren verändern? Welche Trends sehen Sie?

So abgedroschen es klingen mag – die einzige Konstante im E-Commerce wird der Wandel sein. Mit einer veränderten Mediennutzung ändert sich auch das Verhalten beim Online Shopping schon heute massiv. Die Erwartungen der Verbraucher an serviceorientierte und inspirierende Online Shops steigen. Bei der Digitalisierung des Handels wird es auch zukünftig entscheidend sein, permanent Veränderungen zu antizipieren und sich immer wieder neu auf das Nutzerverhalten der Kunden einzustellen. Um hier Erfolg zu haben, muss man als Online-Händler strukturell optimal aufgestellt sein. Denn es geht dabei nicht um turnusmäßige Updates von Online-Shops, sondern um eine dynamische, tagtägliche Optimierung und Weiterentwicklung kundenorientierter Online-Angebote. Das ist kein Selbstgänger. 

Dass Mobile Commerce auch in der breiten Zielgruppe immer wichtiger wird, steht außer Frage. Gerade im Online Modehandel wird es essentiell sein, die vermeintliche Limitierung mobiler Endgeräte aufzuheben. Dafür braucht es intelligente und für die Kunden relevante technologische Lösungen. Wir sehen den mobilen bonprix Webshop als eigenständigen Kanal, der ein müheloses, geräteübergreifendes Einkaufserlebnis ermöglichen muss.
Mobile Shopping darf nicht anstrengend sein, sondern soll Spaß machen.  

 

Markus Fuchshofen: "Dem E-Commerce Kanal kommt im Alltag des Verbrauchers eine immer wichtigere Bedeutung im gesamten Entscheidungs- und Kaufprozess zu. Da ist das reine Preisargument zu schwach. Für uns ist ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis `ein´ Aspekt, den wir im Rahmen eines ganzheitlichen emotionalen Markenerlebnisses transportieren möchten."

 

Als internationales Modeunternehmen beobachten wir außerdem länderspezifische Entwicklungen im Einkaufsverhalten ganz genau. Im internationalen Vergleich wachsen Nutzerzahlen und Umsatzentwicklung im E-Commerce zwar durchgängig, die Reifegrade aber variieren stark. Weit entwickelte Online-Märkte wie die  USA aber auch die Niederlande und Schweden stehen Märkten wie Brasilien und Kasachstan gegenüber, die den E- und M-Commerce erst entdecken. Auch wenn wir grundsätzlich versuchen, unser Geschäftsmodell international zu übertragen, berücksichtigen wir diese Länderspezifika natürlich in der Umsetzung und stellen uns auf das Konsumentenverhalten in den jeweiligen Ländern ein. 

Welche Folgen hat die wachsende Macht der Daten für den Handel? Wo sehen Sie die größten Chancen?

Schon heute beruhen im E-Commerce Funktionalitäten und Prozesse auf sinnvollen Datenanalysen. Mit dem Aufbau von Know-how und der Verankerung entsprechender Infrastrukturen in den Unternehmen wird die Professionalisierung im Umgang mit Big Data voranschreiten. Daten werden intelligenter gefiltert und analysiert, Datensilos sinnvoll zusammengeführt. Darüber werden wir neue Erkenntnisse über den Verbraucher gewinnen, auf deren Basis wir uns noch zielgerichteter und effizienter kanalübergreifend auf die Kundenbedürfnisse ausrichten können.

Emotionalisierung, Personalisierung – sind dies die Waffen, um gegen die Wettbewerber zu punkten und dem Preisdiktat zu entfliehen?

Es sind auf jeden Fall wichtige Erfolgsfaktoren. Sicherlich gibt es auch Branchenunterschiede zu berücksichtigen, aber gerade im Online-Modehandel wie überhaupt im sogenannten Female Commerce ist es essentiell, sich über Funktionalität und gesetzte Standards hinaus als Marke zu differenzieren. Ein perfekt funktionierender Onlineshop ist längst die Pflicht.

Im Gegensatz zu klassischen Massenmedien ist das Internet per sé ein persönliches Medium, in dem sich die Menschen ihren Ausschnitt von der Welt selbst aussuchen. In der Personalisierung liegt die Chance, die Zielgruppe mit einem exakt auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Angebot zu erreichen, über die Interaktion Bindung herzustellen und gleichzeitig mehr über sie zu lernen. Der Faktor Emotionalisierung spielt da wesentlich hinein. Schließlich kommt dem E-Commerce Kanal im Alltag des Verbrauchers eine immer wichtigere Bedeutung im gesamten Entscheidungs- und Kaufprozess zu. Da ist das reine Preisargument zu schwach. Für uns ist ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis ein Aspekt, den wir im Rahmen eines ganzheitlichen emotionalen Markenerlebnisses transportieren möchten. 

Wo liegt die größte Hürde für den Handel im Multichannel-Geschäft und wie kann sie überwunden werden?

Das Multichannel-Geschäft bildet die Wirklichkeit ab. Kunden agieren mehrdimensional und lassen sich durch unterschiedliche Kanäle anregen. Sie blättern im Katalog und kaufen dann über ihr Smartphone im mobilen Shop oder im Store um die Ecke. Unternehmen müssen sich der Aufgabe stellen, die jeweilige Kanalexzellenz voranzutreiben und dabei die Kanäle aufeinander abgestimmt weiterzuentwickeln. Insbesondere der Modehandel ist heute extrem schnell getaktet. Kataloge werden immer noch als Bestellinstrument genutzt, vor allem aber dienen sie als Inspiration. Das erfordert eine effiziente kanalübergreifende Planung und Vernetzung mit dem Online Shop. Wenn das gelingt, profitieren Unternehmen und Kunde vom Multichannel-Ansatz.

Eine Fee schickt Sie als Vertretung für einen Tag an den Schreibtisch eines Handels-CEO ihrer Wahl? Wo würden Sie sich gerne hinzaubern lassen?  

Den Tag verbringe ich am Schreibtisch – und hoffentlich nicht nur dort – von Nick Robertson, CEO von Asos. Dass E-Commerce ganz neu gedacht werden muss, hat Asos früh erkannt und innovativ umgesetzt. Das internationale Geschäftsmodell, ein schnelles und rentables Wachstum – hier gibt es durchaus Parallelen zu bonprix. Deshalb wär das spannend für mich, dort einmal hinter die Kulissen zu schauen.