Der Rucksackhersteller Deuter hat vom Landgericht Frankfurt gerade erst die rote Karte erhalten, weil er die Belieferung eines Händlers davon abhängig machte, dass dieser die Waren nicht über eine bestimmte offene Handelsplattform vertreibt. Adidas hat nach langem Gezerre mit dem Kartellamt seinen Händlern den Verkauf bei Amazon, eBay und Co wieder erlaubt. Die Markenhersteller tun sich vielfach schwer mit den Marktplätzen.

Kein Wunder, verstricken sich doch viele Marken schon beim grundsätzlichen Blick auf den Direktvertrieb im Web in ein Netz aus Ängsten, Vorurteilen und Widersprüchen. Dieses Netz entwirren Alexander Graf und Nils Seebach von eTribes in einem hochaktuellen Whitepaper, das etailment exklusiv vorab als pdf kostenlos zum Download anbietet.

Dort dröseln die Autoren auch auf, ob, wann und wie Markenhersteller ihren Partnern einen Vertrieb über Marktplätze erlauben sollen und wie sie einen Kontrollverlust vermeiden.  Auf rund 80 Seiten zeigt das Autoren-Duo zudem, wie Marken und Hersteller beim Direktvertrieb Image, Kosten und Prozesse unter Kontrolle behalten.


"Knut geht baden" lautet der Titel des whitepapers in Anlehnung an jenen dänischen König, der der Meeresflut befehlen wollte, vor seinem Thron zurückzuweichen.  In einer ähnlichen Situation sehen die Berater auch die Markenhersteller. "Knut geht baden" ist daher Weckruf und Anleitung zugleich, um den Marken den Weg in den Direktvertrieb zu ebnen. Sie zeigen dabei nicht nur strategische Lösungen auf, sondern liefern mit zahlreichen Interviews mit Markenverantwortlichen auch Einblicke in Denken, Strategie und Praxis anderer Hersteller.

 

Brita: "Als Markenhersteller muss man den Direktvertrieb breiter denken und die Wertschöpfung in Bezug auf CRM und Marktforschung mit einrechnen. Dann hat man eine gute Chance, das Direktgeschäft erfolgreich zu machen."


Den Herstellern rät das Duo, sich mit Blick auf Marktplätze von Vorurteilen frei zu machen und auch Vertriebskontrollfragen neu zu bewerten.


Die Gründe liegen auf der Hand:

  • Online-Händler wie Amazon, eBay, und Zalando erreichen eine beträchtliche Reichweite und bieten so echte Aussichten auf Umsatzzuwachs.
  • Für viele Konsumenten übernehmen diese Händler die Rolle einer Produktsuchmaschine.
  • Wenn Sie Ihre Produkte bei solchen Händlern nicht anbieten, wird ein anderer versuchen, das zu tun.
  • Kartellrechtlich dürfen Sie nur unter bestimmten Bedingungen Ihre Abnehmer an Verkaufsbeschränkungen binden.
  • Beschränkungen sind nur mit hohem Aufwand flächendeckend durchzusetzen.
  • Sie dürfen Ihren Händlern Portale verbieten, in denen Sie selbst direkt verkaufen.

 

Stabilo: "Die Frage ist, ob durch die eigenen E-Commerce-Aktivitäten der stationäre Handel so sehr leidet, dass es eine Listung erschwert. Ich persönlich glaube das nicht. Stärkt der eigene Online-Shop doch in erster Linie die Marke. Wenn man viel Geld für Online-Marketing ausgibt, dann erhöht das die Sichtbarkeit der Marke, was kommt auch dem stationären Handel zugutekommt." 


Daneben widmen sich Graf und Seebach aber auch anderen elementaren Fragestellungen rund um den Direktvertrieb.

  • Sollen Marken ihre Produkte überhaupt online verkaufen?
  • Kannibalisieren Marken nicht bestehenden Kanäle, wenn sie online verkaufen?
  • Sollen Hersteller das an einen Dienstleister auslagern?
  • Sollten Marken ihren Partnern erlauben, Produkte über Marktüplätze zu verkaufen?
  • Wie baut man E-Commerce-Kompetenz auf?
  • Was kostet der Einstieg in den E-Commerce?
  • Wie viele Mitarbeiter sollte man für das Projekt einplanen?
  • Wie steht es um SEO, Traffic, Multichannel?

 

Vitra: Marktplätze wie Amazon oder eBay greifen im letzten Schritt des Kaufentscheidungsprozesses an, wenn der Kunde den günstigsten Preis sucht. Weder Amazon noch eBay genügen hier dem Anspruch unserer Händler an eine Premium-Produktpräsentation."

 



Über die Autoren

Alexander Graf
hat von 2007 bis 2011 als Senior Berater für die Otto Gruppe gearbeitet. Zu seinen Schwerpunkten gehörten die Konzeption und Bewertung und M&A neuer Online-Geschäftsmodelle für die verschiedenen Sparten der Gruppe. Bei der eTribes Gruppe berät er heute Konzerne aus den Bereichen Handel, Medien und Pharma bei der Umsetzung von Digitalstrategien. Viele Leser kennen ihn und seine scharfsinnigen Analysen aus seinem Blog kassenzone.de.

Nils Seebach ist E-Commerce Experte, Mitgründer von eTribes und Mitintiator der Developer Conference Hamburg. Er ist  spezialisiert auf die betriebswirtschaftliche Beratung zu digitalen Geschäftsmodellen und bloggt unter Digitalkaufmann.