Gerade wurde der Run for the oceans beendet. Der Lauf für die gute Sache lieferte Adidas 1 Million Teilnehmerdaten – und Kundenbindung. Adidas runners ist beispielhaft für die Strategie, wie der Sportartikelhersteller seinen Digitalumsatz bis 2020 auf 4 Milliarden Euro pushen will.
"Unser Geschäft ist Daten getrieben", betont Joseph Godsey, zuständig für den Digital Commerce bei adidas, anlässlich der K5, der E-Commerce Konferenz in Berlin. Das ist zwar keine Offenbarung, doch wie adidas Konsumentendaten generiert und nutzt, ist konsequent.
Der Weg für Adidas: Personalisierung. Der Hebel für die digitale Verkaufsoffensive ist die mobile App "Adidas Sports & Style", die im Herbst 2017 in USA und Großbritannien startete, seit Frühjahr 2018 unter anderem auch in Deutschland live ist. Adidas hat sich vorgenommen, den E-Commerce Umsatz bis 2020 auf 4 Milliarden Euro zu steigern – bis 2016 lag er nur über die eigene Webseite bei mehr als 1 Milliarde Euro. Die App lebt von Inspiration, personalisierte Produktempfehlungen und ein auf die Verhaltensweisen des Verbrauchers zugeschnittenes Kundenerlebnis – dazu gehören News zu Sportarten, Athleten, Events und Produkte.
Adidas in Kürze
Gegründet: 1949 als„Adi Dassler adidas Sportschuhfabrik“, Vorläufer war die 1924 gegründete "Gebrüder Dassler Schuhfabrik"
Mitarbeiter 2017: 56.888 Mitarbeitern weltweit produzieren mehr als 900 Millionen Produkte pro Jahr.
Umsatz: 21,218 Milliarden Euro (bezogen auf das Jahr 2017).
Adidas Digital Brand Commerce (DBC)Umsatz 2017: 1,5 Milliarden Dollar; Umsatzziel DBC 2020: 4 Milliarden Dollar
Hauptsitze: Herzogenaurach, Amsterdam, Portland, Canton, Shanghai , Zaragoza
Eine Teilzielgruppe von adidas sind Läufer. Für sie gibt es die weltweite Laufgemeinschaft adidas runners.
Runtastic, österreichisches Start-up aus Linz, spielt dabei eine wesentliche Rolle. Die App-Spezialisten tracken ihre App-Nutzer über vier Schwerpunktbereiche: Cardio, Kraft, Ernährung und tägliche Gewohnheiten und liefern ihnen für diese Bereiche personalisiert News und Tipps. Da werden nicht nur Schritte gezählt, Kilometer addiert, Essvorlieben studiert und das Laufverhalten ausgewertet.
Runtastic in Kürze
Gegründet: 2009, seit 2015 Tochterunternehmen von adidas
Gründer: Florian Gschwandtner, Christian Kaar, René Giretzlehner und Alfred Luger.
Profitabel: nach 20 Monaten
Mitarbeiter 2017: 230
Büros in: Linz, Wien und Salzburg
Produkte: gibt es in 15 Sprachen
Sie wissen von der Ernährung, dem Schlafverhalten, dem (Sport-)Kleidungsstil bis zur Teilnahme an Events alles. "Über unsere Apps generieren wir jeden Tag Reichweite, wir verstehen, was unsere Nutzer in unserem System tun", erklärt CEO und Gründungsmitglied Florian Gschwandtner. Der bisherige Erfolg: 240 Millionen Downloads in neun Jahren. Das interessierte Adidas, die vor drei Jahren das damals sechs Jahre alte Unternehmen übernommen hat. Runtastic liefert nun die notwendige App für die Adidas runners.
Die App für die Gemeinschaft
Adidas runners ist nicht einfach eine App, um sich selbst besser zu organisieren und disziplinieren, sondern liefert einen Gemeinschaftsspirit für Läufer unterschiedlicher Level, "die alle das Ziel haben, sich durch die Kraft des Sports, Freundschaft und Engagement, sportlich zu verbessern – als Teil der eigenen persönlichen Entwicklung", wie es Gschwandtner formuliert. Diese Daten fließen in die Produkt- und Evententwicklung – wie in die individuelle Art der Ansprache.
© addidas/runstastic
Laufstatistik per App – nicht nur für den Läufer.
Das aktuelle Beispiel: Der Run for the Oceans, den Adidas als Partner von Parley for the Oceans inszeniert, ist ein moralisch aufgeladenes, emotionales Ereignis. Der Lauf will auf die Verschmutzung der Ozeane durch Plastikmüll aufmerksam machen – gleichzeitig bietet Adidas alles, was ein Läufer braucht – inklusive einer Kollektion mit Parley Ocean Plastic, "aufgearbeiteter Müll, der an Stränden und in Küstengemeinden gesammelt wurde, bevor er das Meer erreichte", verspricht Adidas. 108 Produkte sind im Angebot – wie viel Müll genau in jedem Produkt steckt, bleibt ein Geheimnis.
Limitierte Edition
Zum Auftakt gibt es die limitierte Edition des Ultraboos Parley, „einen leistungsstarken Laufschuh, der konstant Energie zurückgibt. Hergestellt mit Parley Ocean Plastik." Kostenpunkt 200 Dollar. Zudem steckt im Schuh ein NFC-Chip: "Einfach Mobilgerät an den Schuh halten und mehr über die Rettung der Ozeane erfahren", verspricht die Produktbeschreibung.
Vom 8. Juni bis 8. Juli meldeten sich weltweit 924 237 Läufer an – über Runtastic – die in diesen vier Wochen insgesamt 12.402.854 Kilometer gelaufen sind. 13 Städte hatten dazu eigene Laufevents ausgerichtet, darunter London, New York, Los Angeles, Paris, Barcelona, Mailand, Berlin and Shanghai.
So motiviert adidas für den Run for the Oceans
VIPs wie der Brasilianische Fußballer Ricardo Kaká, der deutsche Torhüter Marc-André ter Stegen, Schwimmlegende Ian Thorpe wie der Surfer Gabriel Villarán unterstützten die Aktion. Die Aufmerksamkeit sollte Geld für die gute Sache mobilisieren und tat es auch. Am 11. Juli meldete Adidas: 1 Million Dollar, denn für die erste Million gelaufene Kilometer spendierte adidas je einen Dollar. Das Geld unterstützt nun die Ocean School auf den Malediven – und Runtastic wertet für Adidas rund 1 Million Läuferdaten aus.
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