Sanicare setzt an verschiedenen Touchpoints auf automatisierte Produktempfehlungen. Der Erfolg gibt dem Einsatz recht. Zuvor galt es aber technische Fragestellungen zu lösen.

Der Apotheker vor Ort ist nicht nur Berater in Gesundheitsfragen, sondern auch Verkäufer. Möchte der Kunde ein Spray gegen verstopfte Nasen, wird er sich auch nach Halsschmerzen oder Husten erkundigen, um das zu tun, was gern mit Anglizismen wie Up-Selling und Cross-Selling beschrieben wird.

Eine Versandapotheke muss beim Kunden auf den Apotheker auf der anderen Seite des Verkaufstresens verzichten. Empfehlungen und Personalisierung müssen also technisch gelöst werden.

Bereits seit 2014 ist die Versandapotheke Sanicare am Markt. Ein Team von 250 Mitarbeitern und 100 pharmazeutischen Fachkräften kümmern sich um inzwischen 1,6 Millionen Kunden. Rund 10.000 Bestellungen verlassen täglich das Logistikzentrum. Ihre Produkte erhalten die Kunden im Online-Shop, nach telefonischer Bestellung oder dem Besuch in einer Sanicare-Apotheke. Sanicare ist sowohl online als auch stationär unter verschiedenen Marken unterwegs. Aliva und Medicaria bieten ihre Dienste online an. Offline gibt es noch die Sanicare Sanitätshäuser und die Sonnenapotheke.

Das Unternehmen bietet die für die Branche typischen Kategorien aus freiverkäuflichen und rezeptpflichtigen Medikamenten, individuelle Rezepturen, Kosmetika, Nahrungsmittelergänzung und Drogerieartikel an. Aber auch Praxis- und Sprechstundenbedarf sowie Impfstoffe können erworben werden. Über 50.000 Artikel sind im Sortiment. Das Zentrallager von Sanicare umfasst stolze 20.000 Quadratmeter. Um eine schnelle Abwicklung und Lieferung zu gewährleisten, nutzt das Unternehmen ein eigenes SAP-System sowie eine vollautomatische Kommissionierung.

Doch auch direkt im Online-Shop setzt der Betreiber auf Hightech. Denn bei der Personalisierung greift Sanicare auf eine Empfehlungsengine von Prudsys zurück.

Breiter Einsatz im Shop

Derzeit setzt Sanicare Produktempfehlungen ausschließlich im Online-Shop ein. Im stationären Vertrieb kommt die Software noch nicht zu Einsatz, obwohl eine solche Lösung zur Personalisierung auch dort, zum Beispiel durch die Individualisierung von Paketbeilegern, Möglichkeiten bietet.

Eingesetzt werden die individuellen Empfehlungen an allen zentralen Stellen des Shops.

  • Bereits auf der Startseite werden in einem eigenen Bereich Produkte empfohlen. Das gilt auch für die

  • Kategorienseite und die

  • Detailansicht zu einem Produkt.

Natürlich dürfen zwei entscheidende Bereiche nicht fehlen. Zum einen der Layer für den Warenkorb. An dieser wichtigen Stelle ist ja auch ein eigentlich noch unbekannter Kunde in Interaktion mit dem System getreten. Damit bietet sich dieser Bereich für ergänzende Empfehlungen geradezu an. Seine volle Stärke kann die Personalisierung natürlich im persönlichen Bereich für registrierte Kunden entfalten. Denn dort kann auf die Bestellhistorie reagiert werden.

Bei den Empfehlungen lässt Sanicare auch die Fehlerseiten des Shops nicht aus. Statt lediglich einer negativen Antwort erhält der Kunde somit einen Kaufimpuls.
© Sanicare
Bei den Empfehlungen lässt Sanicare auch die Fehlerseiten des Shops nicht aus. Statt lediglich einer negativen Antwort erhält der Kunde somit einen Kaufimpuls.
Wie auch Thalia in seinen Systemen berücksichtigt auch Sanicare bei den Empfehlungen zwei weitere wichtige Interaktionspunkte, wenn gleich hier im Zweifel über den Kunden noch sehr wenige Informationen vorliegen. Das ist einerseits die Ergebnisseite nach einer Suche. Zum anderen aber auch die Fehlerseite des Shopsystems.

Interessante A/B-Tests

Was im Buchhandel die verschiedenen Ausgaben des gleichen Titels sind, das sind im Medizinhandel unterschiedliche Packungsgrößen. Da liegt die Idee nahe, bei der Anzeige eines Produkts nicht die weiteren Größen, sondern stattdessen Alternativen und Ergänzungen anzuzeigen. Im Rahmen eines A/B-Tests hat Sanicare damit experimentiert.
Ein zentraler Punkt für Empfehlungen ist natürlich der Warenkorb, den das Unternehmen als Layer umgesetzt hat
© Sanicare
Ein zentraler Punkt für Empfehlungen ist natürlich der Warenkorb, den das Unternehmen als Layer umgesetzt hat
Dazu musste die Kennung der Arzneimittel berücksichtigt, und ein Testfeld aufgebaut werden. Mit einem durchaus interessanten Ergebnis. Denn die Packungsgröße ist für die Kunden bei der Bestellung von Medikamenten wichtig. So waren Umsatz und Conversion besser, wenn auch abweichende Größen empfohlen wurden.

Regelmäßige A/B-Tests gehören für das Unternehmen zum Standard, um neue Ideen zur Optimierung der personalisierten Ansprache auszuprobieren.

Empfehlungen auch im Newsletterversand

Auch bei der Kundenansprache per Newsletter wird die Empfehlungsengine eingesetzt. Dabei mussten allerdings erst technische Fragestellungen gelöst werden. Zum einen gab es nicht für jedes Produkt ein passendes Bild. Unterschiedliche Dateiformate, aber auch verschiedene Anlagen für Packshots beeinflussten die Qualität der Empfehlungen negativ. Abhilfe schuf der Wechsel auf einen Bilddatenbank-Anbieter, der sich auf Material aus dem Medizinbereich spezialisiert hat. So kann auf qualitativ hochwertige Abbildungen in den verschiedenen Formaten zurückgegriffen werden. Technisch anspruchsvoller war die Identifikation der Nutzer. Es musste eine systemübergreifende Nutzer-ID gefunden werden, die eine Zuordnung der gleichen Person über die verschiedenen beteiligten Systeme möglich machte. Im Falle von Sanicare müssen sowohl die Empfehlungsengine, das SAP-System sowie die Marketinglösung auf Basis von Emarsys miteinander Daten austauschen. Und das auch unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes. Doch auch für dieses Problem wurde eine Lösung gefunden. Dazu wird die E-Mail-Adresse des Nutzers gehasht (ein Verfahren aus der Softwareentwicklung, das eine Zuordnung möglich macht, ohne gezielt eine auf die Person beziehbare Informationen weitergeben zu müssen).

Im Bereich E-Mail-Marketing bzw. Newsletter ist Sanicare jetzt in der Lage, Nutzer und Gastbesteller zu ermitteln und dann weitgehende Auswahlkriterien zu verwenden, zum Beispiel Klicks auf bestimmte Banner oder den Besuch von Kategorien im Shop.

Insgesamt dürfte man im Hause Sanicare mit dem Einsatz der Empfehlungsengine mehr als zufrieden sein. So steigt der aus Empfehlungen erzielte Umsatz kontinuierlich an. Die Erfahrungen und das Verkaufsgeschick des Apothekers vor Ort werden online durch den Einsatz von Hightech kompensiert.

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