Baur-Manager Christian Herold. Die Otto-Tochter profitiert vom Mobile Commerce
Baur-Manager Christian Herold. Die Otto-Tochter profitiert vom Mobile Commerce

Bei der Otto-Tochter Baur muss eine für Deutschland ungewöhnliche Unternehmenskultur herrschen:  Die Bereitschaft zum Scheitern, offen damit umzugehen wie beim Flop in Sachen Facebook-Shop, dann weiterzumachen auf den vielen Feldern des digitalen Commerce, zu lernen und sich offensiv weiterzuentwickeln.

Mut zum Wandel, der belohnt wird.

Beim Mobile Commerce konnte Baur nun binnen kürzestes Zeit deutlich zulegen.  Mit einer dramatisch verbesserten Konversionsrate und mehr Umsatz. 

Auch weil man sich ganz bewusst angesehen hat, was der Kunde eigentlich will. 

Und der Kunden will mobil vor allem schnelle Ladezeiten.  Also hat Baur zunächst einmal die Perfomance im Mobile-Shop auf Vordermann gebracht. Mit gutem Grund: Sieben von zehn Nutzern, die in Deutschland mobil ins Web gehen, erwarten, dass sich die mobile Webseite in fünf Sekunden aufbaut, so das Ergebnis einer  Umfrage des Softwareherstellers Compuware. In deren Test Ende 2011 erreichte Baur bereits Spitzenwerte. Langsamer ist der mobile Auftritt der Otto-Tochter seitdem nicht geworden. Eher im Gegenteil.

Keep it simple
Keep it simple

In Sachen Geschwindigkeit ist eines der neuen Buzzwords Responsive Design, das die Inhalte direkt passend zum Endgerät  ausliefert. Rechenarbeit, die der Schnelligkeit wegen am besten auf dem leistungsstarken Server aufgehoben ist, damit sich das Smartphone nicht lange ein passendes Format  aus dem dicken Angebot herausrechnen muss.      

Im Juni 2012 hatte Baur das mobile Angebot zusammen mit Yoc-Tochter Sevenal relauncht. Kerngedanke: Keep it simple - aber biete viel.  Die Konversionsrate ist seither um 11 Prozent auf 3,5 Prozent gestiegen. Bis zu acht Prozent des Umsatzes generiert Baur mittlerweile über Smartphones und Tablets. Vor sechs Monaten war es noch die Hälfte. Für 200 Euro kaufen Kunden im Schnitt mobil ein. Der Warenkorb liegt damit  höher als im klassischen Webshop. Jede Wette, dass Baur demnächst jeden zehnten Kunden mobile begrüßen kann. 

Das ist  vor allem auch die Folge einer deutlich verbesserten Usabilty auf Basis der Erkenntnisse im eigenen Uselab. 

Dabei machten die intern spaßig "Projekt Wurstfinger" genannten Tests deutlich, dass schon simple Verbesserungen einen erheblichen Einfluss haben. So wurden beispielsweisse die klickbaren Elemente beim Rebrush um 33 Prozent vergrössert. 

Die Suche wurde gleichfalls optimiert, Icon und Platz dafür vergrößert, schließlich kumuliert dort ein Großteil der Nachfrage und die Artikeldarstellung mit Blick auf die Nutzungssituation angepasst.  

Der Servicebereich, den auch der mobile Kunden erwartet, wurde klar abgegrenzt, alle Elemente optisch aufgebessert und ohne Performance-Einbußen auf Retina-tauglich getrimmt. 

Mobile ist Detailarbeit, weil, wie Christian Herold, Head of Mobile Services bei Baur, auf dem Mobile Commerce Summit betonte, jeder Punkt im Sales-Funnel mit auf das mobile Verhalten angepassten Services begleitet werden muss. Mit allen. Der Kunde erwartet auch alle. Und er erwartet alle mobil optimiert.  

Anders gesagt: Bewährte Bezahlverfahren müssen auch mobil ermöglicht werden, mit klarer Struktur und möglichst wenigen Schritten eine Bezahlung erlauben (One-Click-Checkout) und zusätzlich muss der Auftritt Optionen für Location based Service, Social Media und Personalisierungs-Features bieten. Schließlich, so Herold, sei das Smartphone ein "persönlicher Assistent" und das Verbindungsstück zu allen Touchpoints.  Das muss man nutzen. 

Mein Fazit: Sexyness entsteht auf dem Smartphone nicht durch aufwändige Optik und ästhetischen Spielereien sondern  aus der Eleganz der Usability.