In Deutschland ist das Handelsleben wieder angelaufen. Normal ist in den Innenstädten allerdings noch lange nichts. Gerade die Lage in Hamburg, mit täglich wechselnden Gerichtsentscheiden, ist konfus. In Nordrhein-Westfalen wiederum ist der Handel noch unsortiert, nicht nur, was die Öffnungszeiten angeht, wie das EHI Retail Institute ermittelt hat. 

Die Freude unter den Hamburger Händlern währte nur einen Tag. Denn an diesem Donnerstag kam die Spaßbremse Oberverwaltungsgericht hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts außer Kraft gesetzt. Das untergeordnete Gericht hatte noch am Mittwoch der Klage von SportScheck stattgegeben, wonach die Regel, dass wegen der Coronakrise aktuell nur Geschäfte öffnen dürfen, deren Verkaufsfläche 800 Quadratmeter überschreitet, unzulässig sei. SportScheck gehört seit Ende 2019 zu Galeria Karstadt Kaufhof.

Die Stadt Hamburg hatte gegen dieses Urteil sofort Beschwerde eingelegt - und nur 24 Stunden später Recht bekommen. Die Richter vom Oberverwaltungsgericht kassierten das Urteil der Kollegen. Es bleibt demnach auch in der Hansestadt bei der 800-Quadratmeter-Regel. Also weiter mit Öffnungsdurcheinander - wie überall im Land. Und weiter mit Wettbewerbsverzerrung, weswegen die Gerichte überall mit Schadensersatzklagen überschüttet werden dürften. 


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Wie so ein Tag im deutschen Einkaufsflickenteppich aussehen kann, hat das EHI Retail Institute am Mittwoch in Nordrhein-Westfalen untersucht, dort, wo ja sogar seit Mittwoch wiederum die 11 Ikea-Märkte geöffnet sind - weil der Möbelhandel im bevölkerungsreichsten Bundesland eine besondere Stellung habe, wie es hieß. Alles konfus, oder mindestens durcheinander. So ist auch die Lage überall, wie das EHI bei seiner Untersuchung festgestellt hat. Drei Städte, drei Stichproben: Neuss, Bielefeld und Köln. 
Die Lage in NRW: In jeder Straße ein anderes Bidl
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Die Lage in NRW: In jeder Straße ein anderes Bidl
Das Fazit: Von den insgesamt etwa 400 Handelsunternehmen hatten knapp 76 Prozent wiedereröffnet. Die geltende Größenbeschränkung auf 800 Quadratmeter Verkaufsfläche wirke sich dabei deutlich auf die Öffnungsquote je Einkaufsstraße und Branche aus, schreiben die Kölner Handelsforscher.

Viele Schuhhändler sind zu groß

In Neuss waren am Mittwoch aufgrund des eher kleinstrukturierten Handelsbesatzes auf der Krefelder Straße bis hin zum Markt 89 Prozent der Läden offen. Dagegen finden sich auf den Einkaufsmeilen in Köln – deutschlandweit regelmäßig am meisten frequentiert - Hohe Straße und Schildergasse nur 53 Prozent offene Geschäfte. 


Diese Zeiten kann man nur ironisch meistern.
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Speziell die großen von Filialisten betriebenen Flächen über 800 Quadratmeter bleiben geschlossen. Bielefeld bewegt sich dabei im Mittelfeld.

Branchenspezifische Unterschiede

Die Schwankungen zwischen den Branchen sind deutlich geringer. Textil- und Schuhhändler haben laut EHI nur zu rund 70 Prozent offen. Oftmals sind hier großflächige Geschäfte vorzufinden, die in normalen Zeiten durch breite Sortimente und großzügige Präsentationen zum Konsum einladen, aber nun geschlossen sind.

Da diese Branchen 40 bis 50 Prozent der Geschäfte stellen, ziehen sie den Gesamtdurchschnitt deutlich herunter. Lebensmittelgeschäfte haben zu 90 Prozent geöffnet, lediglich Spezialitätengeschäfte wie Chocolatiers oder Käsefachgeschäfte haben nicht geöffnet. Telekommunikationsanbieter oder auch Schmuck- und Uhrenhändler haben eine hohe Öffnungsquote von knapp unter 80 Prozent. Hier wirke die kleinteilige Struktur der Anbieter in diesen Branchen, analysieren die Kölner Handelsforscher.

Abstand lässt sich auch auf der Großfläche halten

Die Beschränkung auf 800 Quadratmeter wirke offensichtlich, ist eine Erkenntnis des EHI. Großflächige Geschäfte und Einkaufslagen, die großflächige Geschäfte beherbergen, bleiben geschlossen. "Es ist aus gesundheitlicher Sicht aber unklar, warum Großflächen hier schlechter gestellt werden", fragt Marco Atzberger aus der EHI-Geschäftsleitung, "denn auch beziehungsweise gerade Großflächen können Abstandregeln umsetzen. Insofern ist die Entscheidung aus NRW zu begrüßen, ab nächsten Montag, auch Geschäften mit größerer Verkaufsfläche die Öffnung zu erlauben, wenn diese auf 800 Quadratmeter eingeschränkt wird. Der Schutz von Kunden und Verkaufspersonal bleibt die zentrale Aufgabe." 


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Grundsätzlich haben die Handelsunternehmen durch Einschränkungen der Öffnungszeiten, dem Einsatz von Personal vor dem Geschäft zur Organisation der möglichen Warteschlangen und klaren Markierungen im Geschäft reagiert, wie die Begehungen vor Ort zeigten. Die kommende Maskenpflicht ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Öffnung der Geschäfte. In Bayern und Hessen etwa gilt diese beispielsweise ab Montag.

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