So wie der Coronavirus (COVID-19) fortgesetzt die globale Wirtschaftslandschaft durchschüttelt, müssen Händler weiter mit Unterbrechungen der Lieferkette, sich ändernden Verbrauchergewohnheiten und neuen Hürden rechnen. Worauf müssen Sie sich gegenwärtig einstellen? Ein Überblick.
Amazon:
Der Online-Konzern meldete jetzt den ersten Coronafall unter seinen Mitarbeitern in Seattle. Es handelt sich um einen infizierten Mitarbeiter im Büro. Das Unternehmen teilte zudem am Sonntag mit, dass zwei Mitarbeiter in Mailand mit dem Virus infiziert worden seien und unter Quarantäne stünden. Die Horror-Vorstellung vermutlich für Amazon: Covid19-Fälle in den Fulfillment-Centern.
Amazon hat seine rund 798.000 Mitarbeiter unterdessen angewiesen, In- und Auslandsreise zu vermeiden, die nicht unbedingt notwendig sind.

E-Food
Die Lebensmittel-Lieferdienste kämpfen weiter mit Kapazitätsproblemen angesichts der Nachfrage, die sich je nach Anbieter und Region teilweise verdoppelt hat. Beispiel Rewe: Freie Slots gibt es im Raum Frankfurt erst wieder am 13. März. Die Gründe sind naheliegend. Es fehlt vor allem an Pickern und insbesondere Fahrern und Fahrzeugen, die den Ansturm bewältigen können.
Einzelhandel
Berichte über Hamsterkäufe in aller Welt sind inzwischen Kantinen-Talk. Ganz unbegründet ist die Hysterie nicht, den sie wird auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. In Australien meldet der erste Toiltettenpapier-Hersteller: Lager leer. Woolworths rationiert dort deshalb schon den Einkauf von Toilettenpapier.
Lululemon-Gründer Chip Wilson erwartet, dass der Bekleidungssektor im Einzelhandel, auch wenn die Produktion bereits aus China in andere Länder wechselte, von August bis Oktober 2020 einen Produktmangel erleben wird. Eine Rolle spielt dabei vermutlich auch, dass die Textilfabriken anderorts wiederum auf Rohmaterialen aus China angewiesen sind.
Dazu passen Zahlen der GfK: Angesichts der Schließungen in Südkorea und Gefahrenzonen in Italien sei der globale Vertriebsmarkt in den letzten 4 Wochen um -5% gesunken, sagt die GFK und schließt höhere Preise für die Zukunft nicht aus.

Was auf den stationären Handel noch zukommen könnte, beleuchtet eine Studie von Coresight Research mit 2.000 erwachsenen Amerikanern, die vom 25. bis 26. Februar befragt wurden. Ergebnis: "Die US-Konsumenten werden bereits vorsichtig - und wenn sich die Situation (oder sogar die Wahrnehmung der Situation) verschlechtert, könnten die US-Konsumenten ihre Gewohnheiten dramatisch ändern, um das Infektionsrisiko zu verringern, und dies könnte die Einzelhändler hart treffen", heißt es in der Studie. Gegenwärtig geben etwa 28% der Befragten an, dass sie sich bereits von öffentlichen Orten wie Einkaufszentren fernhalten. Zudem sagten 58%, dass sie öffentliche Bereiche meiden wolllen. Einkaufszentren zählen dabei zu den ersten Orten, die man links liegen lässt. Besonders dann, wenn sich die Lage verschlimmert.
Packaging
Immer mehr Branchengrößen sagen ihre Teilnahme an der LogiMAT ab. Die internationale Fachmesse für Intralogistik-Lösungen und Prozessmanagement soll vom 10. bis 12. März in Stuttgart stattfinden. Unter anderem Lagertechnik-Riese SSI Schäfer kommt nicht.Nachtrag: Am Abend wurde die Messe abgesagt.
Die Weltleitmesse der Verpackungsindustrie Interpack (vom 7. bis 13. Mai in Düsseldorf) registriert derzeit Absagen aus dem asiatischen Raum. Den globalen Verpackungslieferanten gehen zudem allmählich die Komponenten aus.
Logistik
Der Transportsektor und die Lieferketten sind besonders vom Coronavirus betroffen. Kühne+Nagel spürt beispielsweise laut Finanznachrichtenagentur „AWP“ im laufenden ersten Quartal „signifikante Volumeneinbußen“. Ein dramatisches Bild zeigt in den USA der Container-Hafen in Los Angeles. Gähnende Leere.Empty container terminal in the Port of Los Angeles. pic.twitter.com/zDTyhVA61u
— Derek Salcido (@SP_Longie) February 26, 2020
Messen
Weit über 400 Messeveranstaltungen weltweit, davon 131 in Europa, werden wegen des Coronaviris Covid-19 verschoben. Welche Messen finden noch wie geplant statt, welche werden wegen des grassierenden Coronavirus abgesagt oder verschoben? Angefangen bei China sind inzwischen zahlreiche Länder betroffen, nicht nur in Fernost, sondern auch in Europa. Die m+a Messemedien haben sich einen internationalen Überblick verschafft und eine Liste online gestellt. Eine vergleichbare Aufstellung gibt es bisher nicht.
Marketing
Jonathan Barnard, Konjunkturexperte bei Zenith, geht davon aus, dass die globalen Werbeausgaben angesichts des Coronavirus de zurückgehen. Dafür muss man aber kein Hellseher sein.
Fashion
Konsumunlust jenseits von Hamsterkäufen könnte gerade den Modehandel besonders stark treffen. „Wir haben im Modehandel noch immer die Erfahrung gemacht, dass ein verlorener Konsum nicht nachgeholt wird. Wenn jetzt der Modekonsum zwei, drei Wochen ausfallen oder geschwächt würde, dann hätten wir Schwierigkeiten die Übergangsware wie geplant abzuverkaufen“, mahnt BTE-Präsident Steffen Jost.Auch Konsumpsychologe Dr. Hans-Georg Häusel rechnet für den Modehandel mit einer Abwärtspirale:
„Die Lust auf Mode wird spürbar zurückgehen. Besonders der Modekauf ist angewiesen auf eine möglichst gelöste Stimmung, zum Beispiel in der Vorfreude auf eine Party, für die man sich etwas Schönes zum Anziehen kauft. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft insgesamt unter dem Coronavirus leidet, was wiederum auch die Kauflaune verschlechtert. Ich rechne mit einer kleinen Abwärtsspirale.“
E-Commerce
Langfristig wird in jedem Fall der E-Commerce profitieren. Aktuelle Umfragen bestätigen den Trend hin zum Onlinehandel angesichts der Virus-Lage. Erinnern wir uns: SARS löste beispielsweise in China eine erhebliche Konsumveränderung aus. JD war davor nur eine Ladenkette und ist heute einer der größten Händler im E-Commerce. Die Erfahrungen dieser Tage dürften auch die Entwicklung autonomer Liefermodelle beschleunigen.
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